Chapter 10

124 9 0
                                    

P. o. V. Cole

Unruhig laufe ich vor ihrer Zimmertür hin und her. Sollte ich einfach hineingehen? Irgendwie will ich ja mit ihr reden, aber irgendwie will ich sie auch schützen.

Ich weiß es nicht.

Die letzte Nacht habe ich viel nachgedacht und bin endlich zu dem Entschluss gekommen, dass es so auch nicht weitergehen kann. Ich will mich endlich Camila öffnen und ihr erklären, was los ist. Immerhin ist sie eine meiner besten Freunde und bei solchen Sachen auch viel verständnisvoller als KJ oder sogar Lili.

Also stehe ich jetzt hier, vor ihrer Zimmertür, und traue mich nicht, hineinzugehen. Ich weiß, dass sie da ist, immerhin höre ich das Geräusch der Dusche bis auf den Flur.

Aber sollte ich wirklich? Wenn ich ihr jetzt alles erzähle, kann sie zwar versuchen, mich und mein Handeln zu verstehen, aber ich werde so gleichzeitig auch verwundbar.

Doch der Wunsch nach mentaler Unterstützung siegt und ich zücke die Zimmerkarte, die ich mir bei Gelegenheit einmal von einer Putzfrau des Hotels geliehen habe.

Die Tür öffnet sich mit einem leisen Surren und ich betrete das Zimmer. Sofort rieche ich, dass das das Zimmer von Camila ist.

Ich erkenne es einfach.

Aber heute ist auch eine andere Note dabei, eine, die mir irgendwie bekannt ist, aber mir fällt nicht ein, von wo ich diesen Geruch kenne.

Doch das tut jetzt nichts zur Sache. Ich setze mich also auf einen der Sessel im Zimmer und kann hören, wie Camila im Bad gerade beginnt, ihre Haare zu föhnen.

So verharre ich, in meinen Gedanken versunken, und warte darauf, dass sich die Tür zum Badezimmer öffnet und ich einen Schritt näher an der Offenlegung meiner Gefühle bin.

Kurz darauf ist dieser Moment auch schon gekommen. Die Tür öffnet sich, und eine Person kommt, nur mit einem Handtuch bedeckt, aus dem angrenzenden Raum.

Doch es ist nicht Camila.

Es ist Eva.

Verdammt, die beiden teilen sich ja das Zimmer. Aber noch schient sie mich nicht bemerkt zu haben, immerhin geht sie auf geradem Weg direkt zu ihrem Koffer.

Ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Verdammt. Wann sollte ich jetzt mit Cami reden? Und wie komme ich am besten aus dieser Situation heraus?

Ich räuspere mich unwillkürlich, was Eva herumfahren lässt. Als sie sich umdreht, stockt mir kurz der Atem. Mir war noch nie bewusst, wie hübsch sie eigentlich ist.

„Was machst du in meinem Zimmer?“ Ihre Stimme ist kalt. Kalt und verdammt ruhig. Jeder andere würde jetzt schreien, manche sogar kreischen.

Aber sie nicht.

Sie bleibt ruhig.

„Das ist nicht nur dein Zimmer, sondern auch Camilas. Und ich warte hier auf sie.“ Antworte ich ihr, bemüht, genauso kalt zu klingen, wie sie.

Die Stille, die darauf folgt, ist nahezu unerträglich.

Doch sie wird unterbrochen, als auf einmal Camila in den Raum kommt.

„Was zur Hölle?! Cole, was machst du hier? Verschwinde sofort aus diesem Zimmer!“ Das hört sich schon mehr nach Emotionen an. Aber es verletzt mich gleichzeitig auch, dass sie mir gegenüber so abweisend ist.

Anscheinend habe ich es verdient.

„Ich wollte nur mit dir reden.“ Gebe ich wahrheitsgemäß zu und verlasse auf ihren, zugegeben nicht sehr freundlich ausgedrückten, Wunsch hin das Zimmer.

Gerade als ich an ihr vorbeigehe, setzt sie allerdingst noch einen drauf, als sie sagt: „Dann such dir gefälligst einen passenderen Zeitpunkt aus und tauche verdammt nochmal nicht auf einmal auf wie so ein Spanner!“

Und genau diese Worte sind es, die mein Herz wie ein eiserner Pfeil treffen und in tausende Teile zersplittern lassen.

Das war der endgültige Stoß.

Kraftlos lasse ich mich an der geschlossenen Zimmertür hinuntersinken und vergrabe das Gesicht in meinen Händen.

Wieso bin ich nur so ein verdammter Vollidiot? Und ich bin auch noch selbst an allem schuld. Ich hebe meinen Kopf verzweifelt, meine Hände verkrampfen sich und bilden so Fäuste, die auf den Boden hinunterfahren und sofort einen stechenden Schmerz bis in meinen Kopf fahren lassen.

Verdammt.

Ich weiß zwar, dass sie es nicht unbedingt ernst meint, aber diese Worte zu hören fühlt sich so an, als ob man ein Messer genommen hätte und jetzt meine Wunde im Herzen zu vergrößern versuchte.

Wieso habe ich es überhaupt so weit kommen lassen? Meine einst besten Freunde behandeln mich wie einen Fremden, und zur eigentlich Fremden sind sie verdammt nett.

Ich weiß, dass ich selbst daran schuld bin.

Aber ich kann und will es mir nicht eingestehen. Und genau so wird mein Hass auf sie noch größer.

Sie.

Die, die immer perfekt ist.

Ich hasse sie.

souls.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt