Im Laufe der nächsten Stunden sind auch die meisten meiner Freunde betrunken, Madelaine ausgenommen. Als ich die nach der Ursache ihres Zustandes frage, antwortet sie nur, dass sich sie, Camila, Lili und Ashleigh immer damit abwechseln, nüchtern zu bleiben. Irgendjemand müsse ja die anderen im Auge behalten.
Und um ganz ehrlich zu sein, ich sehe diese Tatsache als durchaus positiv an, so bin ich wenigstens nicht die einzige, die keinen Alkohol trinkt. Um etwa drei Uhr beginnen wir dann auch, die anderen einzusammeln und in den Autos zu verstauen.
Man beachte die Tatsache, dass sich alle wie kleine, fünfjährige Kinder benehmen. Und die Tatsache, dass ich eigentlich keine Kinder mag.
Ich meine, manche sind noch ganz süß, aber sobald sie zu schreien anfangen, ist es aus mit meinen Nerven.
Über eine halbe Stunde später kommen wir dann endlich wieder am Hotel an. Ja, erst eine halbe Stunde später, weil sich ein ziemlich betrunkener KJ geweigert hat, in das Auto einzusteigen. Letztendlich haben wir ihn mit einer Flasche Wodka, die allerdings leer war, ins Auto gelockt. Dass wir ihn nur verarscht haben, hat er zum Glück erst gemerkt, als die Tür schon zu war. Aber das tut gerade nichts zur Sache, denn ich liege in meinem Bett, genauso wie Camila, die mir gerade die große Frage nach meiner Tanzkarriere gestellt hat.
Obwohl man das jetzt nicht unbedingt Karriere nennen kann, wie ich finde. „Ich erzähle dir alles mit den anderen morgen, okay?" Das einzige, das ich zurückbekomme, ist ein müdes „Mm-hmm", welches ich jetzt mal als ein ja interpretiere. Also drehe auch ich mich auf die Seite und schlafe nach etwa einer Stunde voller Kopfzerbrechen ein.
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Am nächsten Tag werde ich entgegen meiner Erwartungen vor allen anderen wach und beschließe, sie vorerst auch noch nicht zu wecken. Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass es kurz vor Mittag ist.
Okay, jetzt verstehe ich auch, warum wir unter den Drehtagen nirgends hingehen sollten beziehungsweise dürfen. Also ziehe ich mir einfach irgendetwas an und gehe mal hinunter in die Küche des Hotels, wo ich von den Köchen und den Angestellten dort empfangen werde. Ja, mit ihnen habe ich mich auch schon ein bisschen angefreundet.
Normalerweise gehe ich zwar nicht sehr gerne auf andere Menschen zu, aber ich finde, dass es große Vorteile bringt, wenn man sich mit solchen Menschen gut versteht. Außerdem sind hier alle verdammt freundlich.
„Guten Morgen, Eva, hast du gut geschlafen?" fragt mich eine Köchin sofort freundlich. „Ja, habe ich, danke der Nachfrage. Und wie geht es euch so?" Auf die Antworten konzentriere ich mich eigentlich weniger, ich nicke nur ab und zu zur Zustimmung und höre nicht auf, zu lächeln.
Ich setze mich an den kleinen Tisch, der in der Küche steht und an dem die Angestellten immer essen. Nach und nach wird das Gesprächsthema immer mehr zu Gossip und ich lasse die Worte einfach an mir vorbeiziehen. Erst als ein mir nur allzu bekannter Name fällt, werde ich hellhörig.
„Ja, er verhält sich wirklich komisch. Anna hat gesagt, dass sie ihn letztens gesehen hat, wie er einfach nur dagesessen ist und in die Luft geschaut hat. Sie hat gesagt, dass er auf sie einen traurigen Eindruck macht."
„Wirklich? Mir gegenüber ist er verdammt undankbar und er redet nicht wirklich. Weder mit mir, noch mit irgendjemand anderen." Die beiden Kellnerinnen setzen sich zu mir an den Tisch und den meisten wird schon aufgefallen sein, von wem hier die Rede ist. An alle anderen: sie reden über Cole.
„Eva, du drehst doch mit ihm, oder? Wie benimmt er sich eigentlich den anderen gegenüber? Mir kommt es nämlich nicht so vor, als würde sich sein Verhalten dann sehr von dem, das er mir und den anderen gegenüber an den Tag legt, unterscheiden." Ich nicke nachdenklich.
„Ich will jetzt wirklich nicht schlecht über ihn reden oder so, aber er verhält sich seinen Freunden gegenüber schon sehr scheiße. Ich selbst kenne ihn noch nicht lang genug, um so etwas beurteilen zu können."
P. o. V. Cole
Heute habe ich zum ersten Mal, seitdem ich hier bin, mehr als nur fünf oder sechs Stunden geschlafen. So etwas passiert eben, wenn man als erster aufsteht und erst nachdem schon alle schlafen selbst zu Bett geht.
Aber ich will den anderen so gut es eben geht nicht begegnen. Gerade will ich um die Ecke biegen und in die Küche gehen, als ich die Stimmen von ein paar Kellnerinnen hören, die sich anscheinend gerade über einen Gast beschweren. Unwillkürlich bleibe ich stehen und mir bleibt nichts anderes übrig, als ein wenig zu lauschen.
„Ja, er verhält sich wirklich komisch. Anna hat gesagt, dass sie ihn letztens gesehen hat, wie er einfach nur dagesessen ist und in die Luft geschaut hat. Sie hat gesagt, dass er auf sie einen traurigen Eindruck macht."
„Wirklich? Mir gegenüber ist er verdammt undankbar und er redet nicht wirklich. Weder mit mir, noch mit irgendjemand anderen."
Wieso bekomme ich so langsam das Gefühl, dass sie über mich reden?
„Eva, du drehst doch mit ihm, oder? Wie benimmt er sich eigentlich den anderen gegenüber? Mir kommt es nämlich nicht so vor, als würde sich sein Verhalten dann sehr von dem, das er mir und den anderen gegenüber an den Tag legt, unterscheiden."
Na toll, sie ist auch da. Warum genau sie? Ich habe damit gerechnet, dass sie, genauso wie die anderen, heute ihren Kater ausschläft. Aber anscheinend habe ich mich geirrt.
„Ich will jetzt wirklich nicht schlecht über ihn reden oder so, aber er verhält sich seinen Freunden gegenüber schon sehr scheiße. Ich selbst kenne ihn noch nicht lang genug, um so etwas beurteilen zu können." Irgendwie stört mich ihre Antwort, aber ich weiß, dass sie Recht hat.
Und diese Tatsache regt mich auf. Ich will nicht, dass sie schon wieder Recht hat. Insgeheim wundert es mich sogar, wie neutral ihre Antwort ausgefallen ist.
Ich hätte gedacht, dass sie mich hasst.
Vielleicht hätte ich dann so etwas wie Erleichterung, oder sogar Befriedigung verspürt.
Aber so bringt es mich dazu, sie noch mehr zu hassen.
Hat sie überhaupt Gefühle? Langsam bezweifle ich es.