9 - Cas?

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4 Tage später

Dean ließ den Verschluss der Flasche auf den Tisch fallen und goss sich ein weiteres großes Glas der bernsteinfarbenen Flüssigkeit ein. Mit zwei Schlucken war es geleert. Der Whiskey brannte sich seine Speiseröhre hinab ihren Weg. Dean genoss das Gefühl, schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken.
Seit Cas weg war, hatte der Jäger kaum geschlafen, die Bilder hielten ihn ständig wach und wenn er dann mal einschlafen konnte, starb Cas erneut und das auf jede erdenkliche Art und Weise. Als das Brennen nachließ, öffnete er seine Lider und wollte erneut nach der Flasche greifen, doch stattdessen landete eine Tüte vor ihm auf dem Tisch unter den wachsamen Augen seines kleinen Bruders.
"Dean, du solltest etwas essen."
Mit den Worten nahm er ihm den Whiskey aus der Hand.
"Brauch ich nicht, her damit Sammy.", keine Reaktion, "Sam, mach keine Faxen, her damit!"
"Nein, du hast mich so oft gerettet, lass mich dir wenigstens ein mal helfen, ja?"
Genervt rollte der Ältere mit den Augen und ließ einen höhnischen Seufzer erklingen.
"Keinen Hunger."
Sams Gesichtsausdruck war sichtlich hilflos. Was sollte er auch mehr tun? Er ließ sich gegenüber seines Bruders auf einen Stuhl sinken.
"Nein."
Kurrte Dean mürrisch.
Der Jüngere zog die linke Augenbraue nach oben.
"Was nein? Ich hab doch noch nichts gesagt?"
"Ich weiß was du sagen möchtest, die Antwort ist nein."
Sam fuhr sich durch die Haare und schütelte den Kopf.
"Okay Dean, ich versteh dich ja, aber irgendwann müssen wir-"
"Nein, nicht jetzt.", unterbrach er ihn, "Ende der Diskussion."
"Wir müssen ihn aber irgendwann... beerdigen."
Sam fiel es ebenfalls schwer das Thema anzusprechen, trotzdem war es notwendig.
Wenige Minuten saßen sie schweigend da, bis Sam etwas aus seiner Hosentasche kramte.
Er schob ein kleines Tastenhandy über den Tisch und grinste.
"Was grinst du so bescheuert?"
"Klapp es auf."
Forderte Sam.
Deans Finger gruben sich unter den oberen Teil das Mobiltelefons und ließen es aufschnellen.
Nun musste Dean einwenig schmunzeln. Zu sehen war ein Bild: Ein genervter Dean und ein ratloser Castiel, der anscheinend ausversehen, im ungünstigsten Zeitpunkt die Kamera ausgelöst hatte.
Lächelnd starrte er auf den kleinen Bilschirm.
"Sammy, ich vermisse ihn so."
"Ich auch..."
Dean schob das kleine Ding zur Seite und sah zu seinem Bruder.
"Ich bin mit ihm zu Moms Ort gefahren.",
der Jäger spielte unruhig mit seinen Fingern,
"Ich hab einfach zu spät realisiert was ich hatte."
"Nein, du wusstest es die ganze Zeit...",
Sams Stimme klang so beruhigend, "... und er wusste es auch, du hast es nur nicht zugelassen."
Deans Kopf hob sich langsam und Sam fuhr fort: "Ich weiß du machst dir Vorwürfe und denkst du hättest anders handeln sollen, denkst nach, was du alles hättest tun können, aber das ist falsch. Cas hat dich geliebt, genauso wie du bist, mit all deinen Fehlern und das sag ich nicht nur so.",
Dean strich sich über den Bart, "Er hat dich geliebt, ohne anfangs wirklich zu wissen, was es heißt jemanden zu lieben. Ich denke, das ist der beste Beweis dafür, dass es alles richtig, war, was du getan hast."
Er hatte recht, er hatte mit allem so recht und trotzdem war es so schwer für Dean das alles zu akzeptieren. Er nickte nur. Er schob den Whiskey beiseite und lehnte sich zurück.
"Weißt du noch, als er uns den Scheiß mit dem Pizzaman jeden Tag erzählt hatte.",
Sammy lachte laut auf,
"Oder, als er bei dem Fall im Altersheim die Katze befragen wollte?"

Die nächste halbe Stunde lachten sie, ja tatsächlich, die beiden lachten. Es war das erste mal seit langer Zeit, dass sie wirklich ehrlich, lachten. Castiel wird in ihren Herzen immer weiter leben, vorallem in Deans.

Ein Knacken unterbrach die Beiden, ein lautes Rumpeln folgte.
Ein leises Murmeln.
Schritte waren zu hören.
Die beiden Brüder sahen sich an, wie auf Kommando zogen sie ohne zu zögern ihre Pistolen hervor.
"Ich hab mir das nicht eingebildet, oder?"
Sam schüttelte mit dem Kopf.
Langsam und vorallem lautlos steuerten sie die Tür zu ihrer Linken an. Mit einem flüchtigen Blick sicherte Dean den Flur und nickte, als nichts weiter zu sehen war.
Die Geräusche wurden lauter. Türen wurden geöffnet und geschlossen.
Die Schritte näherten sich.
Vor den Winchestern lag nun eine Ecke. Dean lief vorran, die Pistole auf Augenhöhe, schussbereit, den Finger auf dem Abzug.
Die Schritte kamen näher. Langsam und mit dem Rücken an die Wand gedrückt lauschte Dean, er war nur Millimeter von der Kante entfernt.

Mit einem Satz stand der Jäger in dem Paralellgang, berreitwillig, ohne zu Zögen, gnadenlos auf den Eindringling zu schießen.

Doch in diesem Moment war er es, der sich wie angeschossen fühlte.
Schweigend ließ er die Waffe vorm Gesicht sinken.
Zum Vorschein kam kein mutmaßlicher Eindringling, kein Dämon oder Geist, es waren strahlend blaue Augen, die dem Jäger fast den Atem entzogen.
Mit schief gelegtem Kopf wurden die Brüder angesehen.

Sam fand sich als erstes ungläubig und doch noch immer in Schockstarre wieder:

"Cas?"

Destiel - Second ChanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt