12 - Vertrauen

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Der Schlag der Tür hallte durch den schmalen Gang.
Fragend sah Sam seinen Bruder an, als würde er sagen: Du oder ich?
"Ich seh nach ihm u-"
"Nein.",
Dean hielt seinen jüngeren Bruder an der Schulter zurück,
"Nein Sammy, du... hast recht, lass mich zu ihm."
"Okay, dann lass uns gehen."
Sam wandte sich erneut der Tür, hinter der Cas verschwunden war zu.
"Nein Sammy, alleine..."
In Deans Stimme war wieder Ruhe eingekehrt, seit langer langer Zeit, war er ruhig.
Sam nickte nur, legte ihm mit einem annerkennenden Lächeln die Hand auf die Schulter und lief an ihm vorbei mit den leisen Worten: "Wenn was ist... ich bin drüben."
Dean atmete tief ein und trat mit dem linken Fuß an die Türschwelle, ließ die flache Hand über die Holzplatte gleiten.
Dann klopfte er leise.
"Cas...? Ich bins... Dean..."
Der Jäger fragte sich ob er überhaupt die Geste des Türklopfens noch kannte?
Stille, Cas gab keinen Laut von sich.
Dean lehnte die Stirn an die Holzmaserung und hauchte leise:
"Cas... ich weiß du kannst dich nicht erinnern, aber du vertraust mir."
Er legte seine Rechte auf die eiserne Türklinke.
"Ich komm jetzt rein okay?"
Langsam schob sich die sperrliche Tür aus dem Rahmen, erst nur einen Spalt doch dann, tauchte sie den Raum gänzlich in Licht.
Castiel saß auf dem Boden, den Rücken zur Wand, die Knie angewinkelt und die Arme leicht aufgestützt. Sein Blick war leer, er durchbohrte die gegenüberliegende Wand.
Dean ließ den Riegel ins schloss fallen und eine bräunliche, kleine Lampe das Zimmer in ein warmes Licht setzen.
"Hey... also-",
begann er zögerlich.
"Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen."
Der Jäger war deutlich überrascht, als der Engel ihn unterbrach,
"Es ist nur... ich weiß nichtmal wie ich das gemacht habe... ich... ich weiß nicht einmal wer ich bin."
Bei den letzten drei Worten sah er ängstlich auf. Ja, ängstlich, aber weniger vor Dean, mehr vor sich selbst. Dieser Blick war in etwa der wie der, den Dean sah als Cas fiel, als alle Engel fielen: Unbeholfen, orientierungslos.
Seine Augen waren wunderschön, egal welches Gefühl in ihnen weilten, dachte er.
"Mach dir keine Sorgen...", Dean ließ sich auf die Knie sinken, setzte sich vor Cas, sodass die beiden auf gleicher Höhe waren,
"Weißt du, ich habe dir mal versprochen, dass ich dich daran erinnere, wer du bist, wenn du dich selbst nicht mehr erkennst."
Dean lächelte zärtlich. Ihm war zu dem Zeitpunkt nicht bewusst, dass er sein Versprechen einmal so wörtlich nehmen musste.
Ein Schmunzeln strich dem Engel über die Lippen.
"Ich weiß es zwar nicht mehr, aber ich kann nachvollziehen, dass du mir so wichtig warst." Gab er flüsternd zu.
Deans Herzschlag verschnellerte sich.
Für eine Minute schwiegen sie, aber es war gut so, bei Cas löste sich die Verspannung und er gewann mehr Vertrauen zu dem Jäger, der einfach nur in der Stille bei ihm war, doch dann gab Castiel nach:
"Dean?"
"Mmh?"
"Bin ich wirklich ein gefallener Engel?"
Langsam schob er seinen Rücken weiter an der Wand nach oben.
Dean nickte sanft.
"Warte..."
Sacht ließ er einen Arm aus seinem grauen Tshirt gleiten und legte die linke Hälfte seines Oberkörpers frei. Seine Schulter zierte immernoch eine Blutkruste, die einwenig entzündet schien, er verzog das Gesicht als er sie versehentlich streifte. Seine Muskulatur wurde durch die schimmrige Beleuchtung und durch das Zusammenspiel von Licht und Schatten ervorgehoben.
Cas schluckte nur.
Seine schmale Hand war verkrampft zu einer Faust gepresst.
"Darf ich?"
Liebevoll umfasste er seine Finger, ließ seine Augen jedoch nicht unbeobachtet.
Cas beobachtete ebenfalls alles genau was Dean tat.
Behutsam nahm er die Faust und es war als würden seine Finger unter Deans warmer Berührung auftauen. Vorsichtig faltete er die Finger aus und umschloss seine flache Hand.
"Jetzt konzentrieren okay?"
Deans Blick war so fürsorglich.
Ohne zu zögern, presste er Cas' Hand auf seine Wunde, verzog dabei kurz sein Gesicht vor Schmerz, doch dieser sollte bald von einem seichten Prickeln übertüncht werden.
Er sah dem Engel in die Augen. Seine Gnade flammte kurz eisblau auf.
Deans nackte Haut schien nicht nur zu heilen sondern auch förmlich unter seiner Berührung zu schmelzen.
Wie lange sehnte er sich nach seinen Händen auf seinem Körper.
Vorsichtig löste der Jäger Cas' Hand von ihm.
Zurückgeblieben war keine Spur, kein Narbengewebe bloss perfekte reine Haut.
Dean hielt noch immer seine Hand.
Ungläubig blinzelte er ihn an.
"War... war ich das?"
Dean ließ ihn nicht los.
"Ich hab früher auch nicht an Engel geglaubt..."
raunte er.
"Bis?"
Cas legte den Kopf schief.
"Bis...",
begann Dean lächelnd,
"Bis, ein Engel an mich glaubte."

Destiel - Second ChanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt