VIER

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Jason
Lautlos schlich ich mich im Schatten der Häuser der Wand entlang. Ich bog in einer schmalen Seitengasse ein und wich geschickt ein paar dunklen Pfützen aus.
Verstohlen blickte ich nach hinten, während ich langsam weiterschlich. Hinter dem nächsten Haus, welches die Hinterseite eines Imbissrestaurants war, rückte mir eine grüne Mülltonne ins Blickfeld.
Leise machte ich mich auf den Weg zu dieser und berührte das glatte Plastik der Tonne. Vorsichtig griff ich nach dem Deckel und versuchte diesen so leise wie möglich zu öffnen. Trotzdem ächzte es laut auf, woraufhin ich stille Gebete zum Himmel schickte, dass das Geräusch nicht in das Restaurant gelangt.
Ich seuftzte lautlos auf als ich keine Schritte aus dem Inneren wahrnahm und machte mich konzentriert weiter daran die Klappe der Tonne zu öffnen. Schon na h dem ersten geöffneten Spalt, drang ein intensiver Geruch nach verfallenes Fleisch und Verdorbenes in meiner Nase, trotzdem hegte ich die leise Hoffnung, etwas Essbares darinnen zu finden.
Plötzlich ertönte ein lautes Hundegebell von einer der Seitenstraßen, erschrocken ließ ich den Deckel fallen, was ich sogleich bereute, als das laute Scheppern ertönte.
Lautlos fluchend lauschte ich wieder angestrengt nach Schritten aus dem Haus. Diese ertönten sogleich und ich drehte mich schnell um und lief los, als ich schon das Knarren der Tür vernahm.
Abgelenkt von diesem Geräusch trat ich in eine dreckige Pfütze und rutschte aus. Hart traf ich auf den rauen Teer und spürte wie der Schmerz von meinem Knie und meinem Ellbogen wie Stromschläge durch mein Körper pulsierte.
Ein Schauer aus Angst fuhr meinen Rücken hinunter als ich eine Stimme hinter mir vernahm:" Da haben wir endlich die dreckige Ratte...", murmelte diese zu sich selbst.
Ich merkte wie der Mann mit schweren Schritten auf mich zukam.
Verzweifelt versuchte ich nicht auf zusehen, um zu sehen wie groß der Abstand zwischen uns war, doch die Angst davor, dass er sich mein Gesicht merken könnte stoppte mich in diesem Vorhaben. Schnell sprang ich auf da ich schon zuviel Zeit verloren hatte. Der plötzliche Schmerz brachte mich jedoch außer Fassung und ich verlor mein Gleichgewicht, doch ich fing mich im letzten Moment ab und lief los.
Eine Sekunde zu spät.
Kräftige Finger schlossen sich um meinen Ellbogen, genau dort, wo ich zuvor auf der Straße aufgekommen bin. Ich unterdrückte ein Wimmern, als die Hand des Fremden durch mein durchlöcherten Pully die frische Wunde berührte. Ich war unfähig mich zu wehren, der Schmerz raubte meine verbliebene Kraft. Aufeinmal spürte ich eine weitere Berührung auf meinem Kopf und wurde mit einem Ruck an meinen blondem, vom Schlamm dreckigen Haaren gezogen, sodass ich gezwungen war dem Mann, welcher mich festhielt in das Gesicht zu sehen. Ich war überrascht, dass die muskolösen Arme, die meine Arme umschlungen halten, diesen Mann gehörten. Er war etwas dicker, sein Doppelkinn stach stark aus seinem dicken Hals hervor. Seine Backen waren rot, ob von Natur oder vor Wut weiß ich nicht. Seine Hakennase bewegte sich stark zu jedem Atemzug. Seine kleinen, braunen Schweinsaugen sprühten Funken vor Wut, hedoch konnte man darin.ein Funken Zufridenheit auf den Sieg ausmachen.
Auf seiner Vollglatze fand man ein paar vereinzelte Schweißtropfen. Seine Lippen waren zu einem dünnen Strich verzogen.
Dann zischte er zwischen ihnen hervor:" Das wird Folgen haben Kleiner. Hast du wirklich gedacht ich würde es nicht merken, wenn du Tag für Tag meinen Müll durchwühlst? Sag mir, wo sind deine Eltern!"
Als ich nichts erwiderte zog der Mann nochmals an meinen Haaren, vor Schmerz verzog ich mein Gesicht, sagte jedoch nichts.
Er hatte doch keine Ahnung! Glaubte er wirklich ich würde hier in dem.Müll herrumschnüffeln wenn ich eine Familie hätte und die Chance auf Geld? Wie eine Ratte klaue ich feige Müll von anderen und lebe im Schatten. Als würde ich das freiwillig machen!
"Du kannst schweigen solang du willst aber spätestens bei der Polizei wirst du reden, dann wirst du's bereuen....", Panik erfasste mich.
Die Polizei würde wissen, dass ich von meinem Adoptivvater weggelaufen bin, sie würden mich zu ihm zurückbringen, oder noch schlimmer, wieder ins Heim...dann würde ich wahrscheinlich nie wieder meine Schwester sehen, nie wieder...
Plötzliche Entschlossenheit packte mich. Ich verdrehte meine Arme, welche der Mann immer noch festhielt, sodass ihm nichts anderes übrigblieb als locker zu lassen.
Mit einem Ruck befreite ich mich aus seinem Griff, schubste ihn dabei zurück und rannte los, den Schmerz an meiner Hüfte ignorierend.
Frustriertes Keuchen war hinter mir zu hören, doch ich drehte mich nicht um. Ich schaute nach vorne und spürte immer noch das Adrenalin, welches durch meine Adern gepumpt wurde.
Ich stoppte erst, als ich in der Nähe des Stadtzentrums gelang und um verstohlene Blicke der Passanten vermeiden konnte. Kurz sah ich an mir hinunter:
Meine an den Knien zerissenen Hosen, welche ursprünglich in einen bläulichen Farbton gehalten waren nun jedoch schon verdreckt an mir hinunterhingen, waren von dunklem Flecken an den Knien besprenkelt.
Der metallische Geruch von Blut stich mir in die Nase, was mir meine Vermutung bestätigte, dass die dunklen Flecken Blut waren und nicht etwa Dreck.
Mein in unfälligen Farben gehaltener Pully war etwas ausgelaugt. Als ich meinen Arm bewegte um ihn etwas glatt zu streichen ließ mich ein scharfer Schmerz, ausgehend von meinem rechtem Ellbogen, aufstöhnen.
Vorsichtig verdrehte ich den Arm und sichtbar wurden dunkle Blutflecken, welche wahrscheinlich von einer Schirfwunde stammten.
Kurz gesagt: Ich würde mit meinem jetzigen Aussehen zu viel Aufmerksamkeit auf mich ziehen.
Ich musste in die alte Fabrik, in welche ich eine Art Wohnung hatte um meine Kleidung durch neue zu ersetzen. Später müsste ich auf einen anderen Strifzug gehen, diesmal beim Obstmarkt, wo man bei den ganzen wuselnden Menschen leicht etwas stehlen konnte.
Irgendwann in den nächsten Tagen bräuchte ich noch neue Kleidung und dann war schon Samstag...
Mein Herz machte einen Satz, als ich an meine Schwester dachte.

Der Straßenjunge, der behauptete mein Bruder zu seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt