Rachel
Ein nerviges Picksen am Oberarm riss mich aus meinen Gedanken und ich fand mich in der lauten und vollen Schulkantine wieder, vor mir lag eine jämmerlich kleine Portion Spaghetti.
"Rachel, träumst du schon wieder? Mach mal lieber Platz für mich", beschwerte sich Grace jammernd.
"So viel Platz wie du brauchst, steht gar nicht zur Verfügung."
"Hahaha", entgegnete meine beste Freundin ohne über meinen Flachwitz zu schmunzeln, während ich ein wenig zur Seite rücke.
"Hast du gerade Mathe gehabt oder warum bist du so genervt?"
Mit Belustigung in den Augen schaute ich sie fragend an. Inzwischen hatte ich schon den größten Teil der klebrigen Nudeln gegessen und wünschte mir insgeheim mehr.
Eine weitere meiner Macken. Ich kann essen soviel ich will, satt werde ich nicht, und dick irgendwie auch nicht.
Als Graces Antwort zu mir durchdrang, merkte ich wieder, dass ich mit meinen Gedanken irgendwo anders hängen geblieben war.
"Stimmt, aber umso besser war mein Tag gestern mir Mark."
Sie wackelte mit den Augen, ohne eine weitere Aufforderung begann sie zu erzählen:
"Also wir haben uns um zwei an der Eisdiele Luigi getroffen, dort sind wir dann eine Stunde geblieben. Danach musste er leider gehen, weil er noch was mit seinen Freunden gemacht hat. Aber jedenfalls haben wir viele Gemeinsamkeiten. Wusstest du, er ist Stier und laut Horoskop passen wir zusammen."
Ich verdrehte die Augen, Grace schenkte solchen Horoskopen Schnick-Schnack oft mehr glauben als manch andere Tatsachen oder Fakten.
Lernst du jemand kennen? Frag ihn nach den Sternzeichen und schau ob ihr zusammenpasst. Hast du Kopfschmerzen? Die Mondstellung ist schuld. Oder hattest du einen schlechten Tag? Ließ dir die Horoskopenvorhersage durch.
Ohne auf mein Augenrollen zu achten erzählte sie weiter:
"Wusstest du, dass er vorletztes Jahr deutscher Vize Schwimmmeister war?"
"Grace, ich kenn ihn doch nicht mal, wie soll ich dann so was wissen?"
Jetzt war es sie, die die Augen verdrehte. Doch gleich wurde es von einen begeisterten Lächeln getauscht.
"Wie wär's wenn wir uns mal treffen? Ich meine ich, Mark, du und Larson? So als Freunde"
Ich ließ mir die Idee einige Sekunden durch den Kopf gehen, besonders begeistert war ich jetzt nicht, doch so schlecht war sie ja auch wieder nicht.
"Könnte sich einrichten lassen", antwortete ich deshalb.
"Heute ist Donnerstag, oder? Morgen würde es doch gehen."
"Nee, Larson ist krank, aber nächste Woche müsste er wieder auf den Beinen sein."
Ich dachte an seine Schwimmaktion und musste mir unwillkürlich ein Lächeln verkneifen.
"Mh...können wir ja auch später ausmachen."
Wir verfielen ins Schweigen und die Geräusche der plappernden Schüler und das Klirren der Teller bahnte sich wieder einen Weg in meinen Ohr.Als ich nach Hause kam, war Dad bereits da und empfing mich mit zwei Eisbechern und einen Lächeln. Wir setzten uns auf den Balkon und tauschten uns über die neusten Ereignisse aus.
"Na, wie lief die Mathe Arbeit?"
Ich seufzte.
"Geht schon, aber eine Eins wird es sicher nicht. Dafür hab' ich in Deutsch eine Zwei."
"Gratulation."
"Und bei dir? Alles gut bei der Arbeit?"
Ich schaute über den Eisbecher hinweg zu ihm.
Er wendete den Blick kurz ab, er schien unentschlossen.
"Alles gut, "sagte er und sah dabei dem Treiben der Straße zu.
Ich wusste zwar, dass ihn irgendwas bedrückte, trotzdem beließ ich es dabei.
"Kannst du das Stück, was du beim Konzert vorspielen wirst schon?"
"Ja, ist eigentlich relativ einfach. Kommst du?"
Ich versuchte nicht zu bittend zu ihn zu schauen.
Ich wusste, dass er mehr denn je an seinen Hausskizzen arbeiten musste, jetzt da seinen alten Chef eine aufgetakelte Frau gewichen war, welche die Firma zwar die ganze Zeit stresste, jedoch immer weniger Kunden bekam.
Er seufzte.
Ich würde es ihm nicht verübeln, dass er nicht da wäre, ich wusste dass, wenn es ihm möglich wäre, kömmen würde.
"Es ist alles relativ stressig, weißt du? Frau Weber hat mir einen Auftrag gegeben, den ich bis Dienstag fertig bekommen soll."
Ich nickte.
"Nicht schlimm," log ich.
"Vermisst du eigentlich Mum?"
Dad blickte überrascht vom Themawechsel zu mir.
"Wie kommst du denn darauf?"
"Vermisst du sie?",wiederholte ich meine Frage.
"Ja",flüsterte er.
"Ich glaube sie vermisst dich auch",sagte ich und dachte an den Tag, als ich sie auf ihren Bett saßen sah, und sie sanft über das alte Familienfoto gestrichen ist.
Er seufzte.
"Über was habt ihr euch eigentlich gestritten?",hakte ich nach.
"Ach Rachel, es ist kompliziert."
"Ist es wegen mir?", augenblicklich bekomme ich ein schlechtes Gewissen.
"Nein, das darfst du nicht denken." Während er das sagte sah er mich nicht an.
Irgendwas verschwieg er, da war ich mir sicher.
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Der Straßenjunge, der behauptete mein Bruder zu sein
Подростковая литература„Wer bist du?", fragte ich verwundert den Jungen mir gegenüber. Sein schmales, dreckiges Gesicht war übersät von kleinen Schrammen und ein paar Narben. Wäre seine ordentliche Kleidung nicht, hätte ich ihn für einen Straßenjungen gehalten. „Das wirs...