11 - Blaues Aua

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Durchatmend fokussiere ich meinen Blick auf die neun Kegel etwa dreißig Meter vor mir. Ich bin ehrlich; ich habe echt keine Lust gegen alte Leute zu verlieren.
Respekt hin oder her. Ich werde sicherlich niemanden gewinnen lassen.

Während ich noch einmal tief durchatme, hole ich nach hinten aus, nehme Anlauf und schmeiße die Kugel auf die Bahn - jedoch total schief. Der Schrei, der auf einmal neben mir ausgestoßen wird, hat mich so erschreckt, dass sich mein perfekter Wurf zu einer reinsten Plage verwandelt hat. Die Kugel rollt an den Kegeln vorbei, ohne einen mit sich zu reißen.

Entrüstet drehe ich mich zu dem Typen hin.

"Was soll die Scheiße?! Ich hatte den perfekten Wurf und dann machst du so einen Mist?!", fahre ich ihn wütend an. "Das ist Sabotage! Zu deinen Zeiten hat man Verräter in Lager geschleppt, wo sie verrotten konnten! Weißt du das etwa nicht mehr?!"

Er jedoch zuckt nur unschuldig mit seinen Achseln und blickt mich lächelnd an. "Hitler ist schon lange tot, Baby."

"Ew", erwidere ich auf seinen Satz. Also, auf das Baby.

Ich kenne niemanden, der von einem fünfundsiebzigjährigen Baby genannt werden will. Ekelhaft.

"Was auch immer", seufzt er unter dem zustimmenden Lachen seiner Kameraden. "Ich bin jetzt wohl dran."

"Hoffentlich rammst du dir die Kugel beim Werfen ins Gesicht", murmele ich und stelle mich mit verkreuzten Armen vor der Brust auf die Seite neben Jonah.

"Das war echt gemein", flüstert er mir zu. Ich nicke zustimmend.

"Nur weil sie denken sie haben den Atomgau überlebt, gibt das denen nicht das Recht grundlos zu schummeln."

"Atomgau?", fragt er mich verwirrt.

Der Rentner unterhält sich mit einer Frau, während er sich eine Kugel nimmt.

"Na das war doch um die Zeit, in der sie geboren wurden oder? Die Sache mit Hiroshima?"

"Keine Ahnung", meint er nur und legt seinen Kopf etwas schief. Im Moment reden die beiden immer noch, anstatt etwas zu machen.

"So wie ich dich einschätze, willst du gewinnen?", fragt Jonah mich. Ich nicke zustimmend.

"Ich verliere sicherlich nicht gegen die!"

"Ich denke nicht, dass du gewinnst", sagt er dann ernüchternd. Überrascht blicke ich ihn an. Ein kleines Lächeln bildet sich auf seinem Gesicht. "Die sind gut. Sieh mal."

Ich blicke sie an, sehe aber nicht, was er meint.

"Ich bin auch gut. Ich hätte getroffen, wenn dieses Arschloch nicht geschrien hätte."

"Denkst du?"

"Natürlich!", meine ich sicher und blicke ihn an.

Er verzieht seinen Mund zu einer Schnute. "Ich weiß nicht. Du hast 'ne ziemlich große Klappe."

Ich grinse ihn an. "Natürlich habe ich 'ne große Klappe. Alles andere wäre doch langweilig."

Er lacht auf.

"Wird das noch was heute, alter Mann?", richte ich meine Frage ungeduldig an den Rentner weiter, der immer noch in einer Plauderei mit seiner Freu steckt.

Er beachtet mich nicht einmal. Wahrscheinlich hat sein Hörgerät den Geist aufgegeben.

"Was, wenn ich gewinne? Was bekomme ich dann von dir?", frage ich Jonah.

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