Unter einer Bedingung ...

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Nayra starrte geschockt auf das Szenario, das sich ihr bot. Calvin stand da, nur in eine Boxershorts gekleidet, der zugegebenermaßen ansehnliche Oberkörper komplett frei, und sie hatte freien Blick auf seine Beine, die von schwarzen Härchen bedeckt waren. Sie musste allerdings zugeben, dass seine Beine im Gegensatz zu seinem eher trainierten Oberkörper unwahrscheinlich dünn aussehen, wie die eines Hühnchens. Nur dass die Krallen fehlten. 

Sie musste sich zwingen, nicht loszulachen, bei dem Gedanken an Calvin, der wie ein Huhn gackernd umherlief und Körner aufpickte. 

Sie wurde allerdings schnell wieder ernst, als Calvin auf sie zuging und sie küsste. Nicht leidenschaftlich, sondern hart und drängend. Sofort wurde sie wieder ernst. So hatte sie es sich sicher nicht vorgestellt. Und dafür war sie sicherlich auch noch nicht bereit. 

Sie löste sich von ihm, indem sie ihn leicht zurückstieß. "Calvin...", flüsterte sie ein wenig außer Atem. "Ich kann das jetzt nicht tun. Ich bin noch nicht bereit dafür . Ich ..." Calvin starrte sie fast eine geschlagene Minute nur an und schien nicht zu begreifen, was sie ihm sagen wollte. Bis die Erkenntnis wie eine Wasserleitung in sein Gehirn sickerte. "Oh, du meinst ... " "Ja, ich hoffe, du meinst dasselbe wie ich ...", murmelte Nayra. "Ich verstehe." Calvin fuhr sich durch das blonde Haar. Dann grinste er und nahm sie in den Arm. Er sah ihr tief in die Augen. "Wir haben alle Zeit der Welt. Du musst nur Bescheid sagen", meinte er. Er lächelte sie an, und sie lächelte zurück. Alles war gut. "Könntest du dich jetzt bitte wieder anziehen? Das macht mich nervös.", gab sie zu. Er lachte. "Schon gut. Ich will dich ja nicht zu sehr in Wallung bringen." Er hatte wirklich ein tolles Lachen. 

Später am Tag vertraute Nayra sich Abby an. Diese dachte einen Augenblick nach, bevor sie antwortete: " Nayra, ich will dir ja wirklich nicht reinreden, aber bist du dir sicher, dass du mit Calvin zusammen sein willst? Ich meine, schließlich wollte er ziemlich schnell Sex mit dir, obwohl er sich hätte denken können, dass du noch nicht so weit bist. Das finde ich übrigens echt toll von dir. Dass du einfach sagst, wenn dir etwas nicht passt oder wenn es dir zu schnell geht oder du noch nicht bereit dafür bist. Ich finde, es sollte viel mehr Leute wie dich geben. Die tatsächlich dazu stehen, wer sie sind und die wissen, was sie wollen und was nicht. Die tatsächlich Stopp sagen, wenn es ihnen zu schnell geht. Und die sich nicht verstellen. In der Welt da draußen, auch in der Zaubererwelt, verstecken sich viel zu viele Menschen hinter einer falschen Identität, einem Menschen, der sie eigentlich nicht sein möchte, weil sie denken, dass sie keine Wahl haben. Dass sie anders nicht in die Gesellschaft aufgenommen werden. Die Dinge tun, die sie eigentlich gar nicht möchten oder Dinge, die gegen ihre Werte verstoßen. Ich bewundere dich dafür, Halbschwester" Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie beschloss zu lachen und zu sagen: "Wow, Abby, ich wusste gar nicht, dass du so viel auf mich hältst" Ihre  Halbschwester lächelte zurück. 

" Du musst es wissen, Nayra. Denn nur du kannst es letzten Endes entscheiden." Sie beschloss, das Thema zu wechseln. " Sag mal, Abby, hast du eigentlich schon mal ... du weißt schon?" "Ehrlich gesagt ... Ja." Das überraschte Nayra. "Mit wem denn? Etwa mit Ben?" Wenn sie daran dachte, dass Abby erst fünfzehn war, also ein Jahr jünger als sie ... Musste sie sich etwa Sorgen machen, dass sie nicht normal war?" "Aber ich war zu jung.", fuhr Abby fort. "Ich war 14, das erste Mal. Es war aber nicht mit Ben. Es war ein Zauberer, den ich in irgendeinem Pub kennengelernt habe, und er hat mir immer wieder ein neues Getränk spendiert, sodass ich irgendwann nicht mehr wusste, wo ich war, bis ich mich in seinem Bett wiedergefunden habe und er begonnen hat, meinen Hals zu küssen. Ich ließ es einfach geschehen. Ich hatte ja auch zu viel getrunken. Es war nichts Besonderes, ziemlich schnell, ich hab ihn nie wieder gesehen. Aber so ist das im Leben nun mal." Nun war sie doch geschockt. "Aber es war alles in Ordnung?" "Ja, Gott sei Dank. Wie gesagt, so ist das Leben." "Und, hast du mit es mit Ben schon einmal getan?" "Hab ich. Kurz nach Beginn des Schuljahres. Es war viel schöner. Sehr sanft. Bei ihm. Die Jungs waren ja Gott sei Dank alle in Hogsmeade, ein Butterbier trinken. Er wusste, dass ich keine Jungfrau mehr bin. Aber er fand es anscheinend nicht schlimm." "Wow. Also, bin ich nicht normal?" Abby sah erschrocken drein. "Aber nein! Ich bin nicht normal, wenn überhaupt! Ich war schließlich viel zu jung! Du hast alle Zeit der Welt, Schwesterherz! Lass dir bitte die Zeit, die ich mir nicht genommen habe! Es wird alles gut!" Sie nahm sie in den Arm. "Tja...", dachte Nayra, "... vielleicht wird es das ja tatsächlich", und zog sie noch näher an sich heran.

Nayra ( Harmione 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt