Elf

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Es schneite nun immer mehr. Tom und ich liefen mit schweren Schritten durch den Schnee. „Ich hoffe Luca hält sein Versprechen.", meinte ich leise. Tom nahm meine Hand in seine. „Das wird er. In den ganzen Jahren konnten wir uns aufeinander verlassen. Ich vertraue ihm." Er drückte meine Hand und ich tat es ihm gleich. „Ja, ich doch auch." Ich lächelte. Luca war zu einem richtig guten Freund geworden.

Wir kamen dem baufälligen Haus in dem wir wohnten immer näher. Plötzlich blieb Tom stehen. „Hör zu." Er legte seine Hände auf meine Schultern. „Kontakt zu Familienmitgliedern ist verboten." Er guckte mich mit seinen braunen Augen an. „Wir haben Bill nie gesehen. Ich will ihn nicht in Gefahr bringen." Ich nickte. „Keine Sorge." Jetzt nickte Tom. Er ließ mich los und wir liefen gemeinsam auf das Haus zu. Bevor Tom die Tür öffnete straffte ich noch einmal die Schultern, dann öffnete Tom die Tür und wir betraten das Haus.

Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn! Warum tu ich das überhaupt? Ich möchte nicht mit meiner Mutter reden geschweige denn sie um etwas bitten. Ich will keine Schwäche zeigen. Ich darf keine Schwäche zeigen! Und doch laufe ich jetzt hier durch den Schnee. Alles nur wegen Kira und Tom. Aber sie sind nun mal meine Freunde und Kira hat Recht. Wenn wir keine Decken bekommen, dann erfrieren wir wirklich noch. Ich beschleunigte meinen Schritt. Je schneller ich da war, desto schneller hatte ich es hinter mir. Ja genau, das war die richtige Einstellung! Ich versuchte mir immer wieder etwas einzureden. Das wird schon Luca, sie ist einfach nur eine Frau, die dich all die Jahre vergessen hat. Scheiße, so funktioniert das nicht. Wütend trat ich einen Schneehaufen weg.

Wäre doch nur einer mitgekommen. Ich will nicht alleine mit ihr reden! Sie wird mich ausfragen und sich versuchen zu rechtfertigen. Ich ballte die Hand zu Fäusten. Ich werde mich nicht von ihr beeinflussen lassen. Das war mein letzter Gedanke und dann sah ich das große Krankenhaus. Ich lief auf das große Gebäude zu, doch mit jedem Schritt verließ mich der Mut. Ich bleib vor der großen Tür stehen. Bevor ich die Tür öffnete straffte ich noch einmal die Schultern, dann öffnete ich dir Tür und betrat das Gebäude.

„Ihr seit ziemlich spät." Nick musterte uns emotionslos. „Es ist schwer bei diesem Wetter durch den Schnee zu laufen, da kommt man nicht so schnell voran.", rechtfertigte sich Tom. Nick zog eine Augenbraue hoch. „Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich dir deine Lüge sofort abkaufen." WAS? Ich schaute zu Tom. Er war gelassen und ich versuchte es ihm gleich zu tun. „Ich hab keine Ahnung wovon du sprichst.", meinte er nur. Nick kam einen Schritt bedrohlich auf uns zu. Er musterte Tom mit einem wütenden Blick. „Ich habe es dir erst vor ein paar Tagen gesagt." Ich musterte die beiden kritisch. „KONTAKT ZU FAMILIENMITGLIEDERN IST VERBOTEN!", schrie Nick Tom an und schlug ihn mit der geballten Faust ins Gesicht. Tom hielt sich die blutende Nase. Verdammt! Aber woher wusste Nick das? Tom ballte die Fäuste, blieb aber regungslos stehen. Er guckte zu mir. Ich biss mir auf die Lippe. Nick wusste Bescheid. Ich guckte Tom mit einem traurigen Blick an.

Tom drehte sich wieder zu Nick um. „Du hast uns gesehen." Nick lächelte uns jedoch nur böse an. Ja, er hatte uns gesehen.

Ich ließ die schwere Tür hinter mir zufallen. Sofort kam mir der bekannte Krankenhausgeruch entgegen. Ich roch Desinfektionsmittel, hörte kleine Kinder schreien und weinen, Eltern die verzweifelt versuchten ihre Kinder zu beruhigen, Telefone klingelten, Stimmen die wild durcheinander riefen, Personen, die wild durcheinander liefen. Ich hasse Krankenhäuser, wobei ich denke, dass niemand gerne ins Krankenhaus geht. Warum auch?

Ich ging durch die große Eingangshalle und konnte schon ein paar Blicke auf mir spüren. Natürlich. Ich schluckte einmal schwer, blieb stehen uns straffte noch einmal die Schultern. Ich will nicht! Ich kann noch umdrehen! Nein, Kira und Tom zählen auf mich! Ich ging also weiter.
„Entschuldigung, kann ich Ihnen helfen." Redet die mit mir? Ich drehte mich um. Vor mir stand eine junge Frau, ungefähr in meinem Alter, ganz in Weiß gekleidet. Sie lächelte mich an. „Nein.", meinte ich nur drehte mich um, um meinen Weg fortzusetzen. Ich hörte Schritte hinter mir. „Darf ich Ihren Namen wissen? Dann kann ich sie anmelden!" Genervt drehte ich mich um. „Nein." „Aber ich muss doch..." „Nein." Ich drehte mich um und ging die letzten Meter durch die Eingangshalle und bog in einen der langen Flure ein. Ich hörte Schritte hinter mir. Die junge Frau schien mir zu folgen. Ich versuchte dies so gut es ging zu ignorieren.

Zielstrebig lief ich den Gang lang. „Bitte. Sie können nicht einfach..." „Doch ich kann.", unterbrach ich die Frau hinter mir. Vor der Tür von dem Büro meiner Mutter blieb ich schließlich stehen. Neben mir stand die fremde Frau. „Bitte Sie dürfen da nicht rein, Frau Holle ist in einem wichtigen Gespräch." Ich lächelte sie an. „Keine Sorge. Für mich wird sie sich die Zeit nehmen müssen." Ich klopfte dreimal an der Tür, die kurz darauf stürmisch aufgerissen wurde.

Nick kam auf mich zu. „Mitkommen!" WAS?! Nein! Ich wehrte mich, schlug um mich. „Nein, Tom!" Tom lief auf Nick und mich zu. „Wage es nicht, Tom." „Du kannst mich mal!", schrie Tom ihn an und zog an meinem Arm. „Du lässt sie in Ruhe!" Tom zog stärker an meinem Arm. Plötzlich ließ Nick mich los und ich taumelte nach hinten, landete mit Tom auf dem Boden. Nick lachte nur böse.

Auf einmal hörte ich wie vor dem Haus ein großes Auto hielt. „Warte." Tom stand schnell auf. „Ich kenne dieses Auto. Nick das ist nicht dein Ernst." Ich rappelte mich auch auf. „Was ist los?" „Wir sind am Arsch."

„Ich habe doch gesagt, dass ich nicht gestört werden möchte. Ich..." Meine Mutter sprach mit einer lauten und aggressiven Stimme, doch als sie mich sah brach sie den Satz ab. „Luca." Die fremde Frau stürmte auf meine Mutter zu. „Es tut mir leid Frau Holle ich wollte ihn aufhalten , aber..." „Es ist alles gut, Frau Kramer, Luca ist mein Sohn und..." „Nein, bin ich nicht mehr." Sie guckte mich traurig an, dann drehte sie sich um und sagte zu der Person in ihrem Zimmer. „Es tut mir leid, aber ich muss sie rausschmeißen, mir ist etwas wichtiges dazwischen gekommen." Die Person, die sich als eine alte Frau herausstellte, verließ fluchend den Raum. „Frau Kramer, bitte kümmern sie sich um sie." „Natürlich."

Dann betrat ich das Büro meiner Mutter.

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