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Es hatte zu nieseln begonnen. Arndt und Melinda sahen die feucht glänzende Brauhausstraße hinunter, die zehn Schritte von hier in die Fußgängerzone mündete und bei diesem Wetter wenig einladend wirkte.

„Lass uns den Rundgang morgen fortsetzen. Mir ist heute nicht nach Teigfladen und Reis." Melinda wickelte sich den Schal enger um den Hals. „In der Küche sind noch ein paar Vorräte. Wir könnten Spaghetti kochen."

Arndt guckte wie ein getretener Hund. Pekingente, Nasi Goreng, Pizza Funghi oder Quadro Staggioni. Das hätte ihm schon gefallen. Doch er merkte auch wie schlapp er sich fühlte. Auch er wollte den Tag möglichst bald beschließen und freute sich auf sein kuscheliges Bett.

Auf dem Rückweg rief Melinda immer wieder „Nudeln mit Hack, Hack, Hack!", und sprang dabei herum wie eine Mischung aus Derwisch und Pippi Langstrumpf. Dabei grinste sie Arndt herausfordernd an.

Melinda war ihm noch immer ein Rätsel. Wie oft hatte er ihr schon zu verstehen gegeben, dass er ihre Ernährungsgewohnheiten längst akzeptiert hatte und sie nicht ständig versuchen sollte ihn damit aufzuziehen? Außerdem gab es in der Wohnung ohnehin bloß Zutaten für eine einfache Tomatensoße. Ohne Hack.

Gerade als sie das Haus in der Berliner Straße erreichten, öffnete der Himmel seine Schleusen und es begann wie aus Kübeln zu schütten. Arndt schloss die Tür auf. Wieder musste er mit der Schulter kräftig dagegen drücken um sie aufzubekommen.

Im Flur brannte Licht. Merkwürdig. Hatten sie vorhin vergessen es auszuschalten? Melinda drückte leise die Tür hintern ihnen ins Schloss. Dann schlich sie den Flur hinunter bis zur Treppe und sah sich um. Auch das Bücherzimmer war hell erleuchtet. Die Tür stand weit offen. Der Fernseher lief. Was lief hier ab?

Als Arndt hinter ihr auftauchte zuckte sie kurz zusammen.

„Scheinbar sind wir nicht allein!"

Im Bücherzimmer war jedoch niemand. Arndt schaltete den Fernseher aus, löschte das Licht und zog die Tür zu. Melinda war nicht wohl bei der Sache.

„Christiansen hätte uns doch informiert, wenn hier noch andere Gäste wären!"

Arndt ließ seine breiten Schultern zucken.

„Vielleicht war die Reinigungskraft da und hat vergessen ..."

„Warte mal!"

Melinda ließ ihn stehen und ging zu der schmalen Tür unter der Treppe, die vor wenigen Stunden noch fest verschlossen war. Jetzt stand sie einen Spalt breit offen. Eine Steintreppe führte hinab in die Dunkelheit. Arndt schluckte schwer.

„Wenn du denkst, dass ich da runter ...!"

„Wer sagt denn das?"

„Naja, wenn ich heute Nacht ruhig schlafen soll, dann muss ich schon wissen ..."

Arndt steckte seinen Kopf in den dunklen Treppenschacht. Unmöglich! Nie wieder würde er einen Keller betreten! Er formte die Hand zu einer Flüstertüte und hielt sie sich vor den Mund.

„Hallo! Ist da unten jemand? Hallo!"

Jetzt hörten sie ein Klappern. Es klang als würden die Türen eines Holzschranks zugeschmissen. Dann fiel etwas zu Boden. Sie hörten Glas splittern. Eine tiefe Frauenstimme rief unverständliche Flüche. Dann wurde sie deutlicher.

„Das verdammte Licht ist im Arsch!"

Jemand hämmerte etwas Metallisches gegen die Wand.

Der Strahl einer Taschenlampe huschte durch den Treppenschacht. Dann hörten sie ein Schnaufen und jemand wuchtete sich zu ihnen die Stufen hinauf.

Brandprobe (Krimi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt