Kapitel 5. ANKUNFT

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Ich schlief friedlich wie ein kleines Kind, bis Yoongi mich weckte. "Aufwachen, kleiner. Wir müssen weitergehen, sonst schaffen wir es heute wieder nicht bis zum Schloss." Murrend drehte ich meinen Kopf in die andere Richtung und kuschelte mich fester an ihn. Als ich merkte, dass er lachte, rückte ich ein Stück von ihm weg und steckte mich. Er sollte ja nicht auf doofe Gedanken kommen. "Gut, dann lass uns weitergehen." Vorsichtig beugte ich mich zur Seite und spähte vom Baum. Der Boden lag gute sechs Meter unter uns. Ich schluckte schwer und überlegte mir, wie ich da wohl am besten runter käme. "Ich trag dich wieder." Langsam aber sicher wurde mir das mit Yoongis Gedankenlesen unheimlich. "Hast du irgendwie besondere Fähigkeiten, oder so?" Verdutzt schaute er mich an, nur um kurz darauf in schallendes Gelächter auszubrechen. Beleidigt schob ich meine Unterlippe vor. "Bis vor wenigen Tagen dachte ich auch nicht an Gestalten Wandler, Mischwesen oder ähnliches. Warum solltet ihr also nicht auch besondere Fähigkeiten besitzen?" "Ich kann schon besser riechen und schneller laufen als ein Mensch, aber Gedankenlesen..." "Haa, da haben wir es doch", unterbrach ich ihn.  "Und woher hättest du dann wissen sollen, dass ich an Gedankenlesen gedacht habe?" Amüsiert lächelte Yoongi mich an. "Das hat einfach was mit logischem Denken und Situationsanalyse zu tun. Wenn du vom Baum runter guckst und die Stirn so süß in Falten legst, dann liegt es auf der Hand, dass du an den Abstieg denkst. Als ich dir dann sagte, dass ich dich wieder trage, hast du mich ganz verblüfft angeguckt. Da ich dich auch nach oben getragen habe, wird es wohl nicht daran gelegen haben, dass du mir das nicht zutraust." Er zwinkerte mir zu. "Also blieb nur noch die Möglichkeit, dass du dich gewundert hast, warum ich wusste was du dachtest. Von da auf Gedankenlesen zu schließen, war dann nicht mehr so schwer. "Hätte ja trotzdem sein können", antwortete ich patzig, die Logik hinter Yoongis Worten ignorierend. "Ihr Menschen habt uns zwar als Fantasie abgestempelt, aber nicht jede eurer Fantasien ist auch die Wirklichkeit. Ihr könnt ganz schön einfallsreich sein."  Bei den letzten Worten bedeutete er mir auf seinen Rücken zu steigen und so kletterten wir vom Baum herunter. Sobald meine Füße den Boden berührten, stampfte ich los, Richtung Schloss. Yoongi folgte mir und ich konnte mir nur zu gut sein Grinsen auf seinem Gesicht vorstellen. 

Die Sonne stand schon tief am Himmel, als das Schloss groß und imposant vor uns aufragte. Wie man es aus Märchen und alten Filmen eigentlich mehr von Burgen kannte, schlängelte sich ein Burggraben rings um das Gemäuer herum, sodass man nur über eine Zugbrücke in das Innere gelangte. Die Mauern waren zu hoch um an ihnen hoch zu klettern und zudem sehr glatt. Die Fenster, die ich sehen konnte, waren klein und weit oben angebracht. Das Schloss war mit drei Türmen verziert, die alle unterschiedlich groß waren. Dunkle Ziegel bedeckten die Dächer und hoben sich stark von den weiß-grauen Wänden ab. Das ganze Gemäuer hauchte mir Respekt ein und wirkte trotz des Schlosscharakters etwas unheimlich. Als wir aus dem Wald traten und auf die hochgezogene Zugbrücke zuliefen, senkte sich diese wie von Geisterhand.  Mir war klar, dass jemand von der anderen Seite die Brücke bedienen musste, trotzdem lief mir ein kalter Schauer den Rücken herunter. Ich wollte nicht in dieses Schloss. Aus irgendeinem Grund wusste ich, dass da drinnen etwas war, dem ich nicht begegnen wollte. Als Yoongi bemerkte, dass ich stehen geblieben war, drehte er sich fragend zu mir herum. "Was ist los, Jimin?" "Ich weiß nicht. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich da nicht reingehen sollte." Missmutig schaute ich zu, wie die Brücke mit einem dumpfen Knall auf dem Boden aufkam. Yoongi war zu mir zurück gelaufen und probierte mich sanft vorwärts zu schieben. "Du musst keine Angst haben, ich bin doch bei dir." Doch ich bewegte mich keinen Millimeter. Plötzlich erschien im Toreingang eine Gestalt. Durch den Nebel, der von dem Wasser im Burggraben aufstieg, war die Person zunächst nicht zu erkennen. Die Tatsache, dass ich den Nebel zuvor nicht wahrgenommen hatte, irritierte mich noch mehr. Langsam ging ich eher rückwärts als vorwäts. "Wie kannst du es wagen ihn mir wegzunehmen, Yoongi, du Scheißkerl. Er gehört mir." Beim klang seiner Stimme entspannte ich mich etwas, auch wenn seine Worte mich schon wieder etwas wütend machten. Ich gehöre niemandem. Angestrengt blinzelte ich in den Nebel. Mein Herz tat einen kleinen Sprung, als seine Gestalt hervortrat. Diesmal trug Jungkook eine Hose, die an den Knien zerrissen war. Zwar war dies sein einziges Kleidungsstück, aber es war besser als nichts, wie zuvor in meiner Welt. Jetzt denke ich auch schon in 'ihrer' und 'meiner' Welt, dachte ich überrascht. Zudem freute ich mich viel zu sehr Jungkook wieder zu sehen. Eigentlich hätte ich froh sein müssen, ihm entkommen zu sein, auch wenn mich das nur zu Yoongi geführt hatte. Der hat nach dem Zwischenfall mit dem Boot immerhin nicht ständig probiert mich zu begrapschen. Dennoch konnte ich meinen Blick nicht von Jungkooks gebräunter Brust abwenden und somit verhindern, dass mein Unterleib sich wieder meldete. "Nein, das tut sie nicht. Tut mir leid 'Kumpel', aber er riecht nicht nach dir." Das Gerede der beiden verwirrte mich. Gerade als ich fragen wollte, was sie damit meinten, erschien ein gewinnendes Grinsen auf Jungkooks Gesicht. "Aber er reagiert auf mich eindeutig mehr als auf dich 'Kumpel'." das letzte Wort klang abfällig. Ein gereiztes Knurren entwich Yoongis Kehle. Mein Gesicht begann zu glühen und ich ballte die Hände zu Fäusten. Ich wollte nicht so auf Jungkook reagieren und ich konnte es noch weniger leiden, dass er es ständig merkte. "Wenn ich das richtig mitbekomme, gefällt ihr das aber nicht gerade." "Und du glaubst ernsthaft sie kann mir nicht lange widerstehen?" "Jetzt reicht's aber!" Wütend unterbrach ich die beiden in ihrem Dialog. "Hört gefälligst auf so zu reden, als wäre ich nicht dabei. Und du...", anklagend zeigte ich auf Jungkook, "...hast keinerlei Vorstellungen davon was oder wen ich will. Ihr seid einfach nur überheblich, bestimmerisch und absolut selbstverliebt." Schnurrstarks lief ich an Jungkook vorbei, über die Zugbrücke. Ich hatte zwar immer noch das Gefühl, dass ich da nicht wirklich reingehen sollte, aber im Moment erschien mir alles besser, als hier draußen mit den beiden rumzustehen. 

Das Schloss war von innen noch beeindruckender als von draußen. Wir waren zunächst in eine große Eingangshalle getreten, an deren Wänden ringsum Säulen standen, die aus rotem Marmor waren. Der Boden war mit dunklem Holz bedeckt, welches auf Hochglanz poliert war. An den Wänden hingen Bilder, die Wälder, alle nur erdenklichen Fabelwesen und sogar Sonnenuntergänge zeigten. Fasziniert betrachtete ich die Gemälde, von denen ich mir einige sogar in meine eigene Wohnung gehängt hätte, wären sie nicht so riesig gewesen. Die größten Maßen waren bestimmt drei mal sechs Meter. Ehrfürchtig trat ich näher an sie heran. "Sie sehen denen in deinem Wohnzimmer recht ähnlich, was?" Jungkook war neben mich getreten und betrachtete nun ebenfalls die Gemälde. Ich zuckte nur mit den Schultern. "Da hat anscheinend noch jemand anderes einen guten Geschmack." Yoongi und Jungkook führten mich weiter durch endlos lange Korridore. Die kleinen, hohen Fenster, warfen gegen meine Erwartung, genügend Licht, um die Flure hell zu erleuchten. Automatisch musste ich daran denken, wie leicht sich hier jemand anschleichen könnte. Verstohlen blickte ich den erst unseres Weges durch die Korridore über die Schulter, da ich das Gefühl nicht los wurde beobachtet zu werden. Doch hinter uns blieben die Gänge stehts leer. Nach einer Ewigkeit erreichten wir einen Flur, an dessen Ende sich nur eine einzige Tür befand. Zielstrebig gingen meine beiden Begleiter darauf zu. Das Gefühl nicht hier sein zu sollen, wurde mit jedem Schritt, den ich mich der Tür näherte, stärker. Da ich in diesem Wirrwarr aus Korridoren jedoch niemals alleine den Weg zurück gefunden hätte, blieb mir nichts anderes übrig, als Yoongi und Jungkook zu folgen. Yoongi hielt mir die Tür auf, sodass ich nach Jungkook in den großen Raum dahinter treten konnte. Der Raum war fast größer als die riesige Empfangshalle und mit noch mehr Säulen versehen, welche hier jedoch nicht nur aus rotem, sondern auch aus weißem und schwarzem Marmor bestanden. Der Boden war ein Mosaik, das eine Waldlandschaft darstellte und bestand ebenfalls aus Marmor. Dieser Raum hatte im Vergleich zu den Fluren große, hohe Fenster, welche mit schweren, dunklen Vorhängen versehen waren. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen, den man wohl besser als Saal bezeichnen konnte. Am anderen Ende erblickte ich ein Podest, in dessen Mitte ein gewaltiger Thron stand. Dieser schien aus Purem Gold zu sein und war mit lauter kleinen Steinchen besetzt. Beim genaueren hinsehen konnte ich erkennen, dass der Thron die Form eines sitzenden Löwen besaß. Die Sitzfläche befand sich auf Bauchhöhe. Erst jetzt bemerkte ich den Mann, der auf dem Thron platz genommen hatte. Entgeistert schaute ich diesen an und wäre am liebsten so schnell ich konnte aus dem Saal geflohen. Doch ich konnte mich keinen Zentimeter bewegen. Meine beine zitterten wie Wackelpudding, den man zu lang geschüttelt hatte. Mit all meiner Willensstärke konnte ich gerade so verhindern, dass sie unter mir nachgaben. Ich konnte nur fassungslos dastehend den Mann anstarren, der mir so vertraut war und doch so fremd. 

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Wer wird es wohl sein...?! °-° 

@jojox20 ;)


Shadow Shapes || BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt