Er mobbt mich

477 24 28
                                    

Josie's Perspektive

Erschrocken riss ich meine Augen auf, als jemand sehr laut meinen Namen schrie. Sofort drehte ich mich zu Carl um. Er lag ganz ruhig, mit geschlossenen Augen im Bett, aber der Schweiß ran ihm die Stirn herab. Seine nassgeschwitzten Haare klebten ihm am Kopf fest. Seine Atmung ging schnell und unregelmäßig.

„Carl. Wach auf. Es ist nur ein Traum" vorsichtig rüttelte ich ihn an seiner Schulter. Nur kurz danach öffnete er schweratmend seine Augen und sah sich hektisch um.

„Josie..." hauchte er kaum hörbar und schmiss sich schluchzend mir förmlich in die Arme. Fest drückte ich ihn an mich.

„Ich bin hier. Ich bin bei dir, großer" erwiderte ich und strich ihm beruhigend über den Rücken. Seine Finger krallten sich regelrecht in mein Shirt fest, als würde ich gehen wollen. Doch das hatte ich nicht vor. Es dauerte diesmal ungewöhnlich lange, bis er sich beruhigt hat. „Magst du mir erzählen, was du geträumt hast?". Nickend fing er leise an zu erzählen, wurde immer wieder von seinem Schluchzen unterbrochen. Geduldig hörte ich ihm zu. Unterbrach ihn nicht. Hielt ihn nur fest im Arm.

„Es war nur ein Traum Carl. Nur ein blöder Traum. Ich bin hier und ich bleibe bei dir. Ich werde dich nicht verlassen. Niemand wird dich verlassen. Hörst du? Niemand. Ich am allerwenigsten. Ich brauche dich doch auch" erklärte ich ihm leise, als er seine Erzählung beendet hat. Nickend kuschelte er sich enger an mich. Eine Weile kuschelten wir noch im Bett, bis sich unsere Mägen leise meldeten. Ein Blick zur Uhr verriet uns, dass es schon fast mittags war. Während er noch einmal duschen ging, hing ich die beiden Traumfänger in seinem und meinem Zimmer über dem Bett auf. Hoffentlich helfen sie ihm auch wirklich. Anschließend ging ich runter in die Küche und kümmerte mich um das Mittagessen. Ich hoffte sehr, dass er sich den Traum nicht zu sehr zu Herzen nimmt. Ich würde nie gehen. Ich würde ihn nie zurücklassen. Ich würde ihn nie alleine lassen. Nie.

„Ich habe Carl schreien gehört. Ist alles okay?" erkundigte sich Riku, der in die Küche kam und mir beim Essen half.

„Soweit schon. Er hat schlecht geträumt" erklärte ich ihm. Nickend nahm er das zur Kenntnis. Fragte nicht weiter nach. Würde es ihm nicht erzählen. Das war Carl nicht recht und das konnte ich verstehen. Wenn, dann musste er es selber erzählen und das respektierte ich.

„Ich fahre nachher ins Königreich mit Mikko. Habt ihr Lust mitzukommen? Vielleicht lenkt ihn das etwas ab. Bleiben dann aber auch über Nacht" fragte Riku.

„Klar komme ich mit" kam es plötzlich von Carl, der gerade die Küche betrat und sich auf die Arbeitsfläche setzte.

„Dann ist es beschlossene Sache" grinste ich schief und haute Carl leicht auf die Finger, als er von den Nudeln naschte.

„Ich habe aber Hunger. Außerdem bin ich noch im Wachstum. Ich muss mehr essen" grinste er unschuldig und schon landete die nächste Nudel in seinem Mund.

„Im Wachstum? Du wächst höchstens noch in die Breite" mischte sich nun auch Mikko grinsend ein, der anscheinend das Essen gerochen hat.

„Hey..." empört schaute Carl von Mikko zu mir, „Er mobbt mich" beschwerte sich Carl nun gespielt bei mir und zog eine Schnute. Schmunzelnd tätschelte ich seinen Kopf.

„Gemobbt wird hier nicht. Zur Strafe bist du nun für Tisch decken, abräumen und abwaschen zuständig" erklärte ich Mikko bestimmend und musste mir das grinsen verkneifen, als mich dieser nun ebenfalls empört anschaute.

„Immer auf die kleinen" murmelte er vor sich hin und machte sich daran, den Tisch zu decken, konnte sich aber ein grinsen nicht verkneifen. Immerhin überragte er mich locker um fast 2 Köpfe.

„Wie ich sehe, hat Josie ihre Männer mal wieder voll im Griff" meinte Samu lachend, als er mit Michelle in die Küche kam.

„Muss ich ja. Sonst tanzt ihr mir nachher alle noch auf der Nase herum. Das kann ich unmöglich zulassen" erwiderte ich lachend und ließ mich mit allen am Tisch nieder. Wir ließen uns das Essen schmecken. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Auch Carl stieg voll auf die kleinen Reiberein ein. Von seiner Angst wegen dem Traum war nichts mehr zu spüren. Ich genoss diesen Augenblick sehr.

Nachdem Essen packten wir eine kleine Tasche und nach einer kleinen Verabschiedungsrunde von den Jungs fuhren wir mit Mikko und Riku ins Königreich. Ein paar Stunden dauerte die Fahrt. Die Zeit vertrieben wir uns mit Singen und gegenseitig aufziehen. Jedoch behielten wir die Umgebung stets im Blick. Wie immer parkten wir ein paar Häuser weit entfernt vom Königreich und stiegen aus. Es dauerte auch gar nicht lange, da hörten wir das Getrappel von Pferden. Richard kam mit zwei anderen auf ihren Pferden angeritten. Wir begrüßten uns und liefen mit ihnen ins Königreich.

„Josie! Welch eine wunderbare Überraschung" begrüßte mich Daniel lächelnd, als das Tor hinter uns geschlossen wurde und drückte mich.

„Hey du. Schön, dass du auch hier bist. Wie geht es dir?" erkundigte ich mich und lächelte zurück.

„Alles Bestens. Bist du gekommen, um es auf den großen Dingern zu versuchen?" fragte er mich lachend und ich wurde etwas rot. Die Pferde. Das Reiten. Verdammt. Das hatte ich vollkommen vergessen. Oder verdrängt? Vermutlich eine Mischung aus beidem.

„Ähm... Also... Ich bin noch nicht fertig mit überlegen" erwiderte ich verlegen grinsend.

„Das rennt ja nicht weg und ich wäre die ganze Zeit an deiner Seite" zwinkerte er mir lächelnd zu, „Habt ihr Hunger? Das Essen ist gerade fertig geworden". Nickend gingen wir mit ihm zu einer Art Kantine, nahmen uns etwas von dem Essen und ließen uns am Tisch nieder. Während Daniel und Carl sich unterhielten, kam Henry zu mir und ließ sich von mir alles Neue aus Alexandria erzählen. Auch was wir unterwegs alles gesehen haben. Er war sehr wissbegierig und neugierig. Verständlich. Er verließ das Königreich so gut wie nie. Er war halt noch ein Kind und Ezekiel, der sich um ihn und seinen großen Bruder Benjamin kümmerte, wollte nicht, dass ihm etwas passiert.

Nachdem Essen liefen wir durch das Königreich. Seit Negan und seine Leute nicht mehr herkamen, war auch hier die Stimmung wesentlich gelassener. Es wuchs hier viel Nahrung in den verschiedenen, kleinen Gärten. Alles war hier grün und auch hier hatte jeder seine Aufgaben. Henry hatte einen Ball besorgt und zusammen mit ein paar anderen Kindern spielten wir zusammen Fußball. Ich konnte kein Fußball spielen und dementsprechend stellte ich mich auch an. Es sorgte auf jeden Fall für viele Lacher bei Carl, Daniel und den Kindern. Auch bei den Zuschauern, die sich in der Zwischenzeit angesammelt hatte, wurde dies schmunzelnd wahrgenommen. Doch es störte mich nicht im geringsten. Ich amüsierte mich köstlich. Bis ich mit jemanden schmerzhaft zusammenstieß und hart auf den Betonboden aufprallte. 

Joseline - Mein Weg 2 (Daryl Dixon, Sunrise Avenue, TWD FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt