Er ist ein Idiot!

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„Was ist los?" fragte ich daher direkt und sah alle nacheinander an.

„Nichts. Was soll denn sein?" fragte Sami und starrte nun Samu an. Dieser senkte seinen Blick.

„Das frage ich ja euch. Ihr seid schon seit ein paar Tagen so komisch. Seid immer wieder spurlos verschwunden. Unterbrecht eure Unterhaltungen, wenn ich den Raum betrete oder in der Nähe bin. Ihr werft euch verstohlene Blicke zu, wenn ihr denkt, dass ich es nicht sehe. Also raus mit der Sprache!" erklärte ich mit Nachdruck. Ich verstehe wirklich viel Spaß, aber hier habe ich das Gefühl, dass etwas anderes dahintersteckt. Etwas viel Größeres.

„Es ist wirklich nichts. Es ist alles gut" erwiderte Riku und lächelte mich an. Doch ich glaubte ihm nicht.

„Na dann. Ich geh ins Bett. Gute Nacht" erklärte ich und stand auf. Ging erst raus auf die Veranda und zündete mir eine Kippe an. Vielleicht bildete ich es mir ja doch nur ein, überlegte ich. Immerhin war heute eh nicht so mein Tag. Daryl sein Verhalten mir gegenüber nagte sehr an mir.

„Große...?" nuschelte Samu neben mir und ich sah ihn fragend an. „Mache dir bitte keine Sorgen. Es ist wirklich alles okay. Ich weiß, manchmal verhalten wir uns komisch, aber dahinter steckt nichts Schlimmes. Das musst du mir bitte glauben" erklärte er mir leise und hielt, mit seinem typischen Lausbubengrinsen, seine Arme auf.

„Wenn doch, versohle ich euch allen den Hintern" erklärte ich nachdrücklich, konnte mir aber ein grinsen nicht verkneifen und kuschelte mich in seine Arme.

„Dafür würde ich sogar still stehen bleiben" lachte er leise und drückte mich an sich. Nun musste auch ich lachen. „Er ignoriert dich immer noch?" erkundigte er sich leise und ich konnte nur nicken.

„Manchmal ist er so ein Idiot. Er könnte keine Bessere als dich finden. Er behandelt dich scheiße, wenn ich das mal so deutlich sagen darf und du verteidigst ihn auch noch die ganze Zeit. Ich rechne es ihm hoch an, dass er immer ein schützendes Auge auf dich hat, aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht, dich so zu behandeln. Das hast du nicht verdient. Weder von ihm, noch von jemand anderem" erklärte er leise, aber ich konnte deutlich heraushören, dass er aufgebracht war.

„Samu... rede nicht so über ihn..." erwiderte ich leise.

„Warum nicht? Ich habe doch Recht. Auf was will er denn warten? Das ein anderer kommt und dein Herz erobert? Dann ist er ein noch viel größerer Idiot. Und wieder verteidigst du ihn. Vielleicht solltest du ihm stattdessen lieber mal in seinen allerwertesten treten und ihm klarmachen, dass es so nicht geht. Eines Tages wird jemand anderes kommen und sich in dich verlieben. Eines Tages kommt der Tag, da ist es zu spät. Dann hat er einfach zu lange gewartet und dann wird ihm schmerzlich bewusst, was er verloren hat" erwiderte er.

„Aber vielleicht liegst du auch falsch und er wartet nicht zu lange..." flüsterte ich leise und löste mich von ihm. Zündete mir eine neue Kippe an und sah hinauf in die sternenklare Nacht. So schnell gebe ich die Hoffnung nicht auf. Das werde ich nicht. Dafür bedeutet er mir zu viel. Dafür liebe ich ihn zu sehr.

„Du bist ein hoffnungsloser Fall" grinste er leicht schief, „Ich wünsche mir so sehr für dich, dass du Recht behältst".

„Danke. Ich werde mich nun wirklich ins Bett verkrümeln. Schlaf gut, kleiner" lächelnd gab ich ihm einen Kuss auf die Wange, drückte die Zigarette aus und ging hoch. Holte mir meine Schlafsachen aus dem Zimmer und ging duschen. Nachdem Zähneputzen löste ich meinen Dutt und kämmte meine langen, braunen Haare. Nachdenklich schaute ich dabei in den Spiegel. Vielleicht wird es mal Zeit für eine Typveränderung. Einfach mal die Haare abschneiden. Ich hatte noch nie ganz kurze Haare. Ob mir sowas stehen würde? Sollte ich es einfach mal wagen? Kurze Haare waren in dieser Zeit sicher auch viel praktischer. Wie heißt es so schön? Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich suchte mir im Badschrank eine Schere raus und stellte mich wieder vor den Spiegel.

Aber ich liebte meine Haare. Vielleicht doch nicht ganz kurz, sondern Schulterlang? Plötzlich war ich mir gar nicht mehr so sicher, dass ich es wirklich wollte. Immerhin würde es viele lange Jahre dauern, bis sie wieder so lang waren. Ich legte die Schere wieder weg. Das rennt ja nicht weg und ich konnte es mir nochmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.

Ich ging rüber in mein Zimmer. Die Verbindungstür zu Carl seinem Zimmer stand offen und ich spähte hinein. Sein Zimmer hatten wir in zwei verschiedenen Blautönen gestrichen. Er hatte ein großes Futonbett drin zu stehen. Ein Schreibtisch und einen schlichten, schwarzen Schreibtischstuhl. Einen Kleiderschrank und ein paar Bilder an den Wänden. Die hatte er sich selber im Möbelladen ausgesucht. Es war er schlicht gehalten, doch wann immer einer von uns beiden draußen war, hielten wir Ausschau nach passender Deko. Immerhin sollte er sich wohl fühlen in seinem Zimmer. Er saß mit dem Rücken zu mir am Schreibtisch und machte dort irgendwas.

„Na großer. Was machst du da?" erkundigte ich mich neugierig. Hektisch legte er seine Arme auf dem Tisch, vermutlich um etwas zu verstecken.

„Nichts, nichts. Habe nur was geschaut... Lege dich schon mal hin. Ich komme gleich" erklärte er, ohne mich dabei anzusehen. Von wegen ich bilde mir das nur ein...

„Na gut..." erwiderte ich seufzend und krabbelte ins Bett. Kuschelte mich in die Decke und ließ mein Blick durchs Zimmer wandern. Carl und ich hatten es zusammen renoviert. Die Wände waren Lila und Mittelgrau. An der weißen Wand, an der das Kopfende vom Bett war, hatten wir einen großen Wandsticker angebracht. Ich hatte ihn im Möbelladen gefunden und mich direkt darin verliebt. Es war ein großer schwarzer Ast und daran waren sehr viele, wunderschöne Kirschblüten in ihrer vollen Pracht. Carl hatte es als kitschig bezeichnet, vermutlich hätten ihm meine Brüder da zugestimmt. Aber mir gefiel es. Meine Möbel waren alle hell gehalten. Auch ich hatte ein großes Futonbett, mit einem Himmel darüber. Typisch Mädchen eben. Einen großen Kleiderschrank, der allerdings halb leer war. Einen Schreibtisch mit einem Schreibtischstuhl. Eine kleine Couch als Zweisitzer und ein großes, recht gut gefülltes Buchregal. Vielleicht sollte ich mal wieder lesen. Das habe ich lange nicht getan. Aber meist hat man viel anderes zu tun und vergisst solche Vorhaben wieder.

Als Carl mit gesenktem Kopf ins Zimmer geschlichen kam, beobachtete ich ihn. Ob ihn etwas bedrückte? Oder hatte er ein schlechtes Gewissen? Deutlich sah man ihm an, dass er letzte Nacht nicht wirklich geschlafen hat.

„Warst du schon Zähne putzen?" fragte ich ihn schief grinsend. Wollte nicht, dass er so einen geknickten macht, vermutlich gab es dafür keinen Grund. Wobei ich mir da gerade nicht so sicher sein konnte.

„Ja man" erwiderte er genervt, grinste aber um deutlich zu machen, dass das genervte nur gespielt war. Er legte sich zu mir ins Bett und ich hielt meine Arme für ihn auf. 

Joseline - Mein Weg 2 (Daryl Dixon, Sunrise Avenue, TWD FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt