Klärende Gespräche

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Als Kyle am nächsten Morgen zur Bushaltestelle trottete, war er mit den Gedanken jedoch nicht mehr bei dem seltsamen Verhalten seines Vaters, sondern beschäftigte sich wieder mit dem, was er Stan gleich sagen musste.
Hätte der Rothaarige eine Wahl gehabt wäre er mit Freude daheim geblieben, um der unvermeidlichen Unterhaltung noch eine Weile länger auszuweichen, aber seine Mutter hätte sofort gemerkt, wenn er sich krank gestellt hätte.

Vor allem begann morgen schon ihre erste Stunde im Kindergarten, weswegen sie gestresst und noch leichter reizbar war als sonst.

Ike hatte ihm bereits angekündigt, dass er nicht mehr hingehen würde, doch Kyle hatte ihm nur Kopf schüttelnd auf die Schulter geklopft.
,, Glaub mir Ike, solche Momente hatte ich auch schon oft genug. Da wirst du durch müssen."
Ike hatte nur gequält in seinem Cornflakes gestochert.
,, Jetzt stell dich nicht so an, wie schlimm kann es werden?" Die Blicke des Jüngeren sprachen Bände.
,, Kyle, Ike, ihr müsst dann los!", erschall die Stimme ihrer Mutter durch das Haus.
,, Ja! Ike, kannst du schnell hoch meine Tasche holen? Ich hole solang unsere Brote."
Ike grummelte vor sich hin und rutschte von seinem Stuhl.
Kyle sah ihm ärgerlich hinterher.,, Hey, gib nicht mir die Schuld dafür, dass unserer Mutter manchmal ein paar Tassen im Schrank fehlen!"
,, Was, was, was, WAS?!"

Zu seinem Leidwesen hatte Kyle leichtfertiger zu Ike gesprochen, als ihm selbst zumute gewesen war.
Nur nicht in Bezug auf seine Mutter, sondern in Bezug auf Stan.
Wenn er ehrlich war, hätte er eine Krankheit noch nicht einmal vortäuschen müssen, so elend, wie er sich momentan fühlte.

Der Weg, den er sich durch den Schnee stampfen musste, kam ihm an diesem Morgen viel schwerer vor als sonst.
Was Stan wohl über ihn dachte? Ob er ihm zuhören würde, wenn er es erklären wollte?
Nur was genau wollte er denn sagen? Cartman hatte im Grunde nicht gelogen.
Kyle HATTE Stan durch eine Art Kuss wieder ins Leben geholt. Und, auch wenn der Fettsack das nicht wissen konnte, es hatte Kyle...gefallen.
Auch, wenn die Umstände erschreckend gewesen waren, so war es doch ein berauschendes Gefühl gewesen, die Lippen auf die des besten Freundes zu drücken.

Im Gegensatz zu Stan hatte Kyle noch nie eine richtige Freundin gehabt und auch noch nie wirkliche Erfahrungen mit Küssen gemacht – insofern war es vielleicht verständlich, dass der Grünäugige so seltsam reagiert hatte.
,Aber verdammt, Stan ist ein Kerl...', sagte Kyle sich immer wieder, als wäre das ein Argument gegen sein klopfendes Herz.
Hey, was dachte er denn da?! Es WAR ein Argument dagegen! Plötzlich musste Kyle an seinen Vater denken, ohne erklären zu können wieso.
Vielleicht sollte er das Pornoheft doch wieder aus dem Mülleimer holen...

Kyle grübelte so sehr darüber nach, was er fühlen SOLLTE und was tatsächlich in ihm vorging, dass er gar nicht registrierte, wie er an seinem Ziel ankam.
,, Hey Kyle."
,, Hey Stan." Wie automatisch hatte Kyle sich neben seinen besten Freund gestellt und starrte in den Schnee.
Erst als ihm einfiel, was eigentlich zwischen ihnen los war, riss er erschrocken die Augen auf.,, Oh...Hallo Stan..." Das war ja so peinlich...
Stan grinste.,, Das hast du schon gesagt." Ein Glück waren sie allein.
Kenny war ja aus eindeutigen Gründen verhindert, während Cartman immer erst auf den letzten Drücker erschien. So hatten sie wenigstens ein wenig Zeit sich auszusprechen.

Eine Weile schwiegen sie sich an, ehe Stan, die Hände in den Taschen vergraben, mit seiner Fußspitze etwas in den Schnee malte.
,, Ziemlich uncool von dir gestern einfach abzuhauen. Ich hab mich den ganzen Tag zu Tode gelangweilt."
,, Ja...sorry Alter. Aber ich hätte Cartman wohl sonst gleich neben dir ins Bett geschickt, wenn er noch einen blöden Spruch abgelassen hätte."
Stan grinste.,, Dann lieber langweilen." Stan warf seinem besten Freund einen kurzen Seitenblick zu. Kyle sah wirklich bedrückt aus. Man, das war doch kindisch!
,, Worüber zerbrichst du dir den Kopf Kyle? Es ist alles in Ordnung zwischen uns."

Seltsame Visionen-Style/CreekWo Geschichten leben. Entdecke jetzt