10 König des Waldes.

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┊  ┊  ┊            ★ ISABELL

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Auf der Treppe im Flur brach ich mir fast den Hals. Das war doch wirklich erniedrigend! Wieso flippte ich so aus? Es war ein Ausflug ins Wildgehege. Wir hatten Glück, wenn wir nicht im Regen landeten.

Schwungvoll öffnete ich die Haustür und sah Harry an seinem Auto stehen, er wandte sich gerade erst um und auf den ersten Blick sah ich, dass er sich ziemlich viel Mühe mit dunklen Farben gegeben hatte. Dicke Stiefel, Strickmütze und eine Jacke, die ihn ein bisschen, wie ein Teddy aussehen ließ.

Aber eines war unverändert. Nämlich dieses offene und nette Lächeln.

„Miss Weston", sprach er ruhig. „Sie sind pünktlich auf die Minute und ohne Schirm, wie ich sehe." Harry hielt mir die Autotür auf und ich konnte nicht anders, ich musste das Lächeln erwidern: „Es regnet nicht."

„Also muss ich noch länger auf ein Bild warten?", fragte er. Knapp nickte ich: „Es sei denn, es ist ein Sonnenschirm."

Ich setzte mich ins Auto, die Tür ging zu und dann bemerkte ich aus den Augenwinkel eine Bewegung und wandte mich um. Hinter mir saß der wohl süßeste kleine Junge, den ich seit langer Zeit gesehen hatte.

Er hatte ein gelbes Mützchen auf, einen niedlichen Anorak an und große blaue Augen funkelten mich böse an. Blonde Haarspitzen lugten unter der Mütze hervor und ziemlich beleidigt hatte er die Arme vor der Brust verschränkt.

Da war aber einer schlecht gelaunt.

Ich lächelte ihn breit an und sprach: „Hallo, ich bin Isabell und du-?"

Eine Antwort bekam ich nicht, denn das Früchtchen schnaubte übertrieben dramatisch und sah zu Harry, der sich auf dem Fahrersitz fallen ließ: „Du Lügner, Onkel Harry!"

Irritiert blickte ich diesen an und er schüttelte den Kopf: „Nein, ich habe nur gesagt, dass wir den Ausflug nicht alleine machen."

„Warum nich'?", wollte der Kurze wissen und Harrys Antwort brachte mich zum schmunzeln: „Weil wir beide alleine nur Blödsinn machen. Erinnerst du dich als wir das letzte Mal Eis essen waren?"

„Dat war toll!", behauptete der Kleine mit glänzenden Augen, doch Harry korrigierte: „Nein, ich habe dich viel zu viel essen lassen und danach hattest du Bauchschmerzen."

„Mummy war böse", warf der Junge betrübt ein. Harrys Blick nach zu urteilen war die Frau Mutter wohl eher auf den großen Jungen, statt auf den Kleinen wütend gewesen. Nun wandte sich Harry mir zu und erklärte: „Isabell, das ist Arlo, Arlo sei nett zu Isabell."

Das Kindergesicht verriet mir vieles, aber mit Nettigkeit brauchte ich wohl nicht zu rechnen. Mit einem Überfall einer Wasserpistole wahrscheinlich eher. Harry fuhr los und bedankte sich noch einmal bei mir für den Vorschlag.

So entspannt die erste Fahrt mit Harry auch gewesen war, so anstrengend war nun die Zweite. Immer, wenn Arlo etwas sagte, musste ich mich umdrehen und war nicht schnell genug. Der Gurt hielt mich fest im Griff.

Das Einzige, was ich hatte, waren Harrys Antworten und das er antwortete lag daran, weil es klang, als würde Arlo ihm ein Loch in den Bauch fragen. „Der Ort heißt 'Three Little Deers' und er wird dir gefallen, versprochen."

Dann ging es um Eulen, Affen, Löwen und ob man die alle füttern konnte. Wahrscheinlich hatte Harry ihn noch nicht darüber aufgeklärt, dass ein Wildgehege keine solche Tiere hatte. Ich sah irgendwann nur noch aus dem Fenster, zuhören auf diese Art wurde zu anstrengend und ein bisschen begann ich mich fehl am Platz zu fühlen. Aber das war ich gewohnt.

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