14 Der Erklärbär.

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┊  ┊  ┊            ★ ISABELL

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Wir saßen uns gegenüber und Harry musterte mich, als würde er mich gleich im Zeugenstand verhören, dabei war es nur fair, dass auch er Fragen hatte. Meine Mundwinkel zuckten nervös: „Fang jetzt nicht an mir Angst zu machen."

Harry blinzelte, dann grinste er: „Du solltest mal dabei sein, wenn ich für eine Rolle übe."

„Nein danke", wehrte ich sofort ab. „Wenn du anfängst irgendeinen Alter Ego zu entwickeln, dann bin ich weg."

„Du meinst, zusätzlich zu den Beiden, die ich schon habe?", ärgerte er mich, doch dann wurde er ernst und beugte sich vor: „Ohne, dass ich jetzt assi klinge, aber wie gut hörst du eigentlich?"

Das war nicht assi, das war einfach nur direkt heraus und mir am liebsten.

„Was denkst du?", stellte ich die Gegenfrage und Harry verzog nachdenklich das Gesicht: „Hm, keine Ahnung. Ich vergesse das irgendwie immer wieder und denke, du bist vielleicht einfach nur etwas verpleilt."

Nun musste ich laut lachen: „Oder etwas langsam im Denken."

„Nein!", wehrte Harry sich sofort. „Das meinte ich damit nicht, eigentlich, also, was ich sagen wollte, ich weiß nicht wie ich es erklären soll-!"

„Ist schon okay, Harry", unterbrach ich ihn bevor er sich um den Kragen stotterte. „Hm... meinst du, wie gut ich mit CI höre oder ohne?"

Er wollte beides wissen und irgendwie war es immer ein bisschen Überwindung vor einem Hörenden zu zugeben: „Ohne CI's höre ich gar nichts."

„Und die CI's sind die Dinger, die du trägst?"

Ich nickte und dann rang sich Harry dazu durch mich zu fragen, ob er sie mal sehen dürfte. Ich nahm das Linke vom Ohr, es war rötlich, genauso wie meine Haare. Man durfte sich zu Beginn aussuchen, welche Farbe es haben sollte, von weiß, zu schwarz, grau, rot, pink, grün, die Auswahl war sehr groß. Und wenn einem langweilig wurde konnte man sich spezielle Aufkleber kaufen, die man drauf machen durfte.

Eine ganze Weile hatten im Internat sämtliche Jungs die Liebe zum Fußballverein auf diese Weise gezeigt.

„Eigentlich heißt es Soundprozessor, aber wir sagen immer CI", erklärte ich, während Harry das Ding vorsichtig hielt: „CI ist die Abkürzung von Cochlea Implantat, richtig?"

Erneut nickte ich und zeigte ihm, dass das Gerät mit Batterien funktionierte, die genau zwei Tage hielten. Andere Firmen brachten die CI's mit Akkus raus, die man alle zwei Tage aufladen musste. Beides hatte Vor- und Nachteile.

Es war schwer das CI zu erklären, ohne dabei wie ein Fachidiot zu klingen und so fing ich damit an, dass der Prozessor, der sich hinter dem Ohr beim CI befand, die Sprache aufnahm und an Spule am Kopf weiterleitete. „Die Spule bleibt am Kopf, weil sie durch Magnetismus unter der Haut im Schädelknochen haften bleibt."

Wenn man also ein CI bekam, musste man sich operieren lassen, ohne funktionierte es nicht. In den Schädelknochen über dem Ohr setzte ein Chirurg eine flache Empfangsspule. „Von dort geht dann ein kleiner, sehr schmaler Schlauch, mit Elektroden, durch die Hörschnecke", sprach ich. „Der Schlauch leitet den Schall weiter."

Harry blinzelte: „Die legen einen Schlauch durch die Schnecke? Und dabei geht nichts kaputt?"

„Doch, natürlich", gab ich zu. „Die normalen Härchen in der Schnecke leiten bei einem gesunden Menschen den Schall weiter, aber fast immer ist es so, dass jemand mit einem CI oder Hörgerät eine beschädigte Schnecke hat, also ist es egal."

Flüsternde Hände ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt