Kapitel 27

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Nur langsam schreiten wir im Anbruch der Dunkelheit voran und dennoch erreichen wir schnell den Waldrand. Vor uns erstrecken sich dichte Tannen bis hoch in den Himmel. "Wir müssen dort entlang." sage ich in Mitten des Waldes zeigend. Interessiert, aber auch etwas verwundert stellt Thorsten mir dann die Frage: "Woher weißt du das?" "Magie!" entgegne ich hämisch und werfe ihm einen gespielt ernsten Blick zu. "Ich glaube nicht an sowas wie Magie!" Das ist nicht die Art Antwort, die ich erwartet hatte. Ich hätte eher auf sowas gehofft wie "Echt?" oder "Zeig!". Stattdessen kann ich erkennen, wie Thorsten mit einem leeren Blick ins Nichts starrt, so als ob er über irgendetwas nachdenken würde. "Alles ok bei dir?" frage ich vorsichtig. "Jaja alles gut. Woher weist du denn jetzt, wo es lang geht?" murrt er abwesend. Trocken erkläre ich ihm, dass ich Michael um eine detaillierte Weg Beschreibung zum Fundort des Spähtrupps gebeten habe. "Ok dann los!" ruft er wieder mit gewohnter Motivation. Irgendetwas sagt mir, dass ich mir echt Sorgen um ihn machen sollte. Ich meine ist Magie denn so unwahrscheinlich? Vor hunderten von Jahren waren Magier doch noch der Kern ihrer Kultur und heute finden sie schon irgendwelche dummen Kartentricks besonders. Kopfschüttelnd folge ich Thorsten weiter in den Wald hinein.

"Bartholomew?" fragt Thorsten plötzlich etwas angespannt. Das ist sein erstes Wort, nachdem wir den Wald betreten haben. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass er gar nichts mehr sagt. "Ja, was ist?" antworte ich ruhig. "Kannst du mir etwas über dich erzählen. Ich weis praktisch gar nichts von dir." "Den Wunsch kann ich dir erfüllen. Was willst du denn über mich wissen?" Er hält an und starrt mich in der Dunkelheit überlegend an. "Ich hab was: Erzähl mir von deiner Kindheit!"  "Ok, lass mich kurz überlegen. Das ist schon eine Weile her." Auch in der Dunkelheit kann ich erkennen, wie Thorstens Blick misstrauischer geworden ist. "Du bist doch erst 26... und das höchstens!" "Ich bin einfach schon so viel herum gekommen, da vergisst man sowas mal." lüge ich so gut es geht. Ich vergesse nie... Leider! Aber er scheint es zu kaufen und fragt mich nur, ob mir denn jetzt was eingefallen sei. "Naja, wo fange ich an. Meinen Vater habe ich nie gekannt. Ich wurde in einem kleinem Dorf groß geworden. Dann wurde meine Mutter ermordet und ich musste flüchten. Also ich würde sagen, eine typische Kindheit in der heutigen Zeit." Entsetzt starrt mich Thorsten an. Kurz darauf fängt er an leise zu stottern: "Es.. Es tut mir leid... Das.. das wusste ich nicht." "Ist schon ok. Es gibt viele Leute, die mein Schicksal teilen." "Ja, aber dennoch muss es nicht so sein. Jeder hat das recht auf eine glückliche Kindheit." "Ja da hast du recht", lächle ich. Er hat ein noch so reines Herz. Es ist noch nicht verrottet, so wie meins. Ich muss auf ihn aufpassen und sicherstellen, dass sein Herz am rechten Pfleg bleibt. 

Ungefähr eine Viertelstunde später erreichen wir eine kleine Lichtung. Ich kann noch immer den Tod riechen. Ich hoffe, dass all dieses Leid keine wirklichen Monster anzieht. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich Munis gegen eine Totenfresser Invasion wehren. Oder noch schlimmer! Dieser Geruch könnte die Dämonen zurück aus ihren Löchern locken. Wie sehr ich Dämonen hasse. Bei dem Gedanken an meine letzte Begegnung mit einem Dämon läuft es mir Eiskalt über den Rücken. Vielleicht sollte ich bald mal meine Anti-Dämon Zauber erneuern. Der Geruch von Rauch befreit mich aus meinen Gedanken.

Thorsten hat bereits eine uns Licht spendende Fackel entzündet um sich die Umgebung genauer anzusehen. Im Gras sind noch immer die Spuren des verletzten Trupps zu erkennen. Das Gras ist an großen Stellen blutrot gefärbt und in mitten der Lichtung liegt noch ein Arm. Bei genauerem Hinsehen kann man erkennen, dass sich bereits Maden und andere Insekten im Inneren des Armes eingenistet haben. Thorsten umkreist den Mittelpunkt der Lichtung mit einem großem Sicherheitsabstand immer wieder und versucht irgendwelche Hinweise zu entdecken. Wenn ich es mir recht überlege ist das mit der Fackel aber eigentlich keine so gute Idee. Wir müssen aussehen, wie eine hell leuchtende Zielscheibe. Das ist für mich zwar nicht gerade das größte Problem. Ich meine es ist einfacher, wenn sie zu mir kommen und ich nicht zu ihnen kommen muss. Aber das bringt Thorsten nur noch mehr in Gefahr. Seit wann bin ich nochmal so fürsorglich? "Ähm Thorsten, du solltest die Fackel ausmachen. Das ist viel zu auffällig." "Und wieso sind wir dann nicht am Tag hergekommen? Dann, wenn wir auch etwas sehen können?" meckert Thorsten. Also genau genommen kann ich alles perfekt erkennen, aber ich denke das sollte er lieber nicht erfahren. "Naja, das gilt auch für die. In der Nacht sind wir auch nur Schatten in der Dunkelheit." "Aber, wie sollen wir dann herausfinden, wo sich diese Mistkerle verstecken?" "Wir folgen dem Tod!" antworte ich kurz, aber enthusiastisch. Ich kann mir selbst gar nicht erklären, warum ich so enthusiastisch an die Sache herangehe. Ich denke es könnte daran liegen, dass ich seit langem mal wieder etwas gutes mache. Daraufhin mache ich mich auch schon schnurstracks auf den Weg in die Richtung, aus der ich den stechenden und süßen Gestank des Todes wahrnehmen kann. "Und wie sollen wir das anstellen?" höre ich Thorsten nur hinter mir fragen. "Du musst mir einfach folgen. Ich weiß schon was ich mache!" rufe ich nach hinten. Ups. Ich Idiot. Ich hoffe das hat niemand gehört. Ein paar Sekunden später hat Thorsten auch schon den Weg zu mir aufgeholt. Die Fackel hat er zum Glück erlöschen lassen. Zusammen dringen wir dann weiter in den Wald vor. Um so weiter wir vorankommen um so vorsichtiger und ruhiger müssen wir werden. Es muss schließlich einen Grund dafür gegeben haben, dass sie eine gut ausgebildete Einheit so einfach auslöschen konnten. Plötzlich wird die Stille von einem lautem Geheule unterbrochen. Es muss mehrere Kilometer weit zu hören sein, wenn nicht sogar noch weiter. "Ein Wolf?" flüstert Thorsten nahe an meinem Ohr. "Ein Wolf. Ja, nur ein Wolf," entgegne ich leise. Ich hoffe das war wirklich nur irgendein Wolf, denn für mich klang das wie eine Warnung. Die Frage ist, an wen sie gerichtet ist.. 

A Monster's TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt