Kapitel 11 ~ Was die Nacht so bringt

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Um kurz vor sieben hatte ich das Bedürfnis mich für heute Abend richtig hübsch zu machen. Mum war gerade von der Arbeit wieder gekommen und ich fragte sie, ob ich mir etwas von ihrem Make-up borgen dürfte. Sie hatte nichts dagegen sondern freute sich wahrscheinlich, weil sie dachte, dass mit Jonas hätte sich geklärt und ich würde mich für ihn hübsch machen. Ich legte eine Spur zu viel Make-up und definitiv zu viel Mascara auf. Mein Spiegelbild sah mir ganz fremd entgegen. Wenn ich ehrlich war sah ich aus wie eine Crack-Nutte. Aber irgendwie fühlte es sich gut an mal wie jemand ganz anderes auszusehen. Heute Abend würde ich einfach auch mal jemand ganz anderes sein. Passend zu meinem neuen Gesicht schlüpfte ich in den kürzesten Jeansrock, den ich in meinem Schrank finden konnte und zog ein enges T-Shirt mit tiefem Ausschnitt dazu an. Mums Augen wurden groß als ich um kurz vor acht an ihr vorbei zur Tür ging. Aber sie verkniff sich jeglichen Kommentar.

„Ich geh auf einen Geburtstag. Mach's gut", rief ich ihr zu.

„Ist gut. Viel Spaß", murmelte Mum deutlich verwirrt.


Ich wartete an der Straße auf Florian. Er kam zehn Minuten zu spät auf einem ziemlich aufgemotzten Roller daher. Als er mich entdeckte hielt er an und schob sich die Sonnenbrille hoch.

„Nicht schlecht, Kath", pfiff er anerkennend und musterte mich von oben bis unten. „Ich bin beeindruckt." Ich rollte mit den Augen.

„Können wir los?"

„Klar spring auf." Helme gab es scheinbar nicht. Ich schwang ein Bein über den Sitz und setzte mich hinter Florian. Der Rock war irgendwie doch keine gute Idee gewesen. Zumindest nicht, wenn man breitbeinig auf einem Roller saß. Ich versuchte den Rock etwas nach unten zu ziehen. Funktionierte nicht wirklich.

„Setz dich einfach dichter an mich, dann kann dir keiner reingucken", meinte Florian ungerührt und gab Gas. Der hatte bestimmt schon einige Mädchen in kurzen Miniröcken hinten auf seinem Roller sitzen gehabt und kannte das Problem. Wir fuhren in die entgegengesetzte Richtung, als die in der Florian wohnte; ins Industriegebiet. Die Häuser wurden weniger und grauer und hässlicher. Irgendwann bogen wir in einen Feldweg ein, der zu einem kleinen Waldstück führte. An dessen Rand befand sich eine sehr heruntergekommene Grillhütte. Um einen großen Grill draußen sah ich ein paar Jungs stehen, die versuchten die Kohle anzubekommen. Florian hielt an und stieg ab. Ich beeilte mich es ihm gleichzutun und zog schnell meinen Rock runter sobald ich wieder stand.

„Das Geburtstagskind heißt Kai. Ich kenn ihn ausm Fitnessstudio und wir schenken ihm eine Fasche „Jack Daniels" zusammen, falls es dich interessiert", raunte mir Florian zu. Oh man jetzt hatte ich schon zweimal in zwei Wochen die Sache mit dem Geburtstagsgeschenk vermasselt. Ich nickte dankbar.

„Wie alt wird Kai?" Ein paar Eckdaten abzustecken war sicher sinnvoll. Wo ich schon auf einen Geburtstag ging, auf dem ich niemanden kannte.

„20. Los komm mit." Florian zog mich hinter sich her zu dem Grill. 20? Krass. Ich hatte keine Freunde, die vier Jahre älter waren als ich. Florian umarmte einen großen muskulösen Kerl.

„Alles Gute man. Die kleine hier ist Kath", stellte er mich vor. Kai und die umstehenden Jungs musterten mich und warfen Florian anerkennende Blicke zu.

„Cool, dass du mitgekommen bist. Ihr könnt euch in der Hütte schon mal ein Bier holen. Grill dauert noch nen bisschen", meinte Kai an mich gewandt.

„Okay, danke." Die ganzen älteren Jungs schüchterten mich ein bisschen ein und ich war dankbar Florian in die Hütte folgen zu können. Hier waren jetzt doch zwei, drei Mädels allerdings immer noch deutlich mehr Jungs. Ein paar waren mit dem Laptop zu Gange um für Musik zu sorgen. Jonas konnte ich allerdings tatsächlich nirgends entdecken. In einem kleinen abgetrennten Raum standen zwei Kühlschränke und Florian holte zwei Cola-Bier raus und drückte mir eins in die Hand.

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