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Hektisch folgten wir Fr. Kumar im Laufschritt. Gemeinsam sprinteten wir wieder ins Erdgeschoss, wo schon eine kleine Menge vor einem Fernseher stand.

,,Können wir endlich das Video starten?," rief uns einer der Polizisten zu. Ich konnte erkennen, dass er die Fernbedienung in seiner Hand hielt. Mit einem ungeduldigem Blick starrte er mir in die Augen.

,,Ja, nun starte endlich das Video!," entgegnete Tom gereizt. Tief einatmend strich er sich durch die schwarzen Haare und blickte mit glasigen Augen auf den Bildschirm.

Widerwillig wandte auch ich meinen Blick auf den Fernseher. Noch war der Bildschirm schwarz.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, hörte ich endlich den Mann mit der Fernbedienung "Showtime" flüstern. Sofort änderte sich der Bildschirm und die Frau aus dem Obduktionszimmer erfüllte nun den ganzen Bildschirm.

Auch wenn ich gewusst hatte, dass ich sie sehen würde, blieb mir der Atem kurz stehen. Zu wissen, dass sie diese Botschaft aufgenommen hatte, kurz bevor... sie starb, betroff mich zutiefst.

Obwohl es schon jetzt schwer für mich wurde, meinen Blick nicht abzuwenden, zwang ich mich aufmerksam zu sein. Konzentriert achtete ich auf jedes kleinste Detail. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass etwas nicht stimmen konnte.

Wieso sollten all diese Opfer, diese irren Videobotschaften vor ihren Tod aufgenommen hatten, wenn die Wunden dafür sprachen, dass sich jedes einzelne Opfer gewehrt hatte?

Durch das schrille Lachen der Frau wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Endlich begann sie zu sprechen.

,,Guten Tag, meine verehrten Zuschauer," lächerlich übertrieben verbeugte sie sich.

,,Wieder war eure ach so tolle Polizei daran gescheitert, diesen weiteren Mord zu verhindern," sie begann zu lachen. Es war kein angenehmes lachen, das Lachen bereitete mir Gänsehaut.

Drogen, kam es mir in den Sinn. Evtl. wurden die Opfer vor ihrem Mord unter Drogen gesetzt, sodass sie eine verzerrte Wahrnehmung bekommen hatten. Nachher würde ich mir die Videos noch einmal genauer ansehen müssen, nun waren die Worte des Opfers wichtig.

Doch im selben Moment, kamen mir gegenargumente für diese Theorie in den Sinn. Wenn der Täter seine Opfer tatsächlich unter Drogen gestellt haben sollte, wie konnte er sie dann dazu bringen, seine Worte zu sagen? Menschen unter Drogen, verhielten sich nicht wie Schauspieler, selbst wenn man ihnen einen Text geben würden, sie würden ihn höchstwahrscheinlich nicht aufsagen.

Aber was wäre, wenn es eine mir unbekannte Droge wäre? Im Moment konnte ich mir aber nicht vorstellen, dass es tatsächlich eine Droge mit solchen Auswirkungen geben könnte.

,,Aaaaaaaaber, ich habe gehört, dass sich unser toller Polizeichef, die Mühe gemacht hat uns mit einem Ehrengast zu beehren," Bildausschnitte von mir wie ich gemeinsam mit Tom im Cafè saß waren zu sehen.

Sofort spürte ich, wie sich alle zu mir und Tom wendeten. Ich selbst spürte Angst. Diese Person hatte uns verfolgt, ohne, dass ich es gemerkt hatte. War ich so nachlässig geworden? Mir durften keine Fehler passieren, ich war die Hoffnung für diese verzweifelten Personen. Ohne mich würde dies in Chaos enden.

,,Sieht aus, als würde man versuchen, sich mehr Mühe zu geben, mich zu schnappen," wieder kam das Lachen.

,,Doch eines lass euch gesagt sein: Wie wollt ihr mich fassen, wenn ich kein Gesicht besitze? Naaa, kann mir jemand diese Frage beantworten?," belustigt kicherte sie, ihre blonden Haare fielen ihr hierbei in mehren Strähnen ins Gesicht.

Ängstlich blickte ich um mich. Es stimmte, wir besaßen nicht einmal ein Phantombild des Mörders, er könnte jeder sein und nun hatte er auch mich im Visier.

,,Im Endeffekt, werdet ihr keinen Schritt weiterkommen, als ihr sowieso schon seit. Diese Stadt ist ein nichts, ihr alle seit unfähig! Genau, sogar die ach so tolle Clarise, euer Hoffnungsstern ist unfähig! Weshalb? Denkt mal nach: Wann hat sie einen Fall selbstständig gelöst? Sie ist nicht deshalb berühmt geworden, weil sie die schwierigen Fälle gelöst hatte, sondern weil sie VIELE Fälle gelöst hatte, das ist ein Unterschied meine lieben Leute.

Wisst ihr eigentlich woraus ihr Job besteht? Genau, Theorien zu machen und anderen Personen Anweisungen zu geben, diese anderen Personen finden dann eigentlich den Täter, sie ist nur eine einfache Bürofrau, welche zufällig zur Representäntin geworden ist, also vergesst es, nicht einmal sie wird euch helfen können.

Vorallem nicht, da sie hier nicht ihren tollen High-Tech Kram und Angestellte besitzt, nicht wahr Clarise?," provokativ blickte sie durch die Kamera und ich hatte das Gefühl, als würde sie mir direkt in die Augen blicken.

Mir wurde schlecht. Hatte sie recht? War ich wirklich so...dumm wie sie es behauptete? Oder wollte sie nur für Unsicherheit unter den Bewohnern sorgen? Nervös begann ich, auf meine Unterlippe zu beissen und schmeckte kurzerhand den metallischen Geschmack von Blut, doch das war im Moment unwichtig.

,,Nun gut, ich glaube ich habe dieses mal wieder das wichtigste gesagt was es zu sagen gab...ich würde sagen, dass wir uns dann nächstes mal wieder sehen werden," frech grinsend zwinkerte sie in die Kamera und der Bildschirm wurde schwarz.

Nun wurde mir bewusst, dass mich jeder im Raum verunsichert anblickte. Sie waren verwirrt, wussten nicht an was sie glauben sollten. An die Fakten oder an ihre Hoffnung. Ich wünschte ich hätte in diesem Moment gewusst, was ich sagen hätte sollen, doch ich brachte es nicht hinter mich, irgendetwas zu sagen.

Ich schluckte nur schwer und drehte mich schweigend um, um wieder zu Toms Büro zu laufen.

Gleichzeitig konnte ich hören, wie sich ein Geflüster breitmachte und augenblicklich wusste ich, dass ich zum Gesprächsthema Nummer eins geworden war. Normalerweise machte es mir nicht sehr viel aus wenn über mich gesprochen wurde, klar ich mochte es nicht, doch ich konnte es ertragen.

Doch dieses mal, wusste ich das es keine positiven Sachen waren, die über mich gesprochen wurden. Die meisten würden jetzte wahrscheinlich überprüfen, ob es stimmte, dass ich keine wirklich schweren Fälle in meiner Karriere bearbeitet hatte.

Ich wünschte ich hätte ihnen zulächeln können, wissend, dass ich sehr wohl etwas konnte, dass ich schwierige Fälle ohne Probleme lösen konnte und in der Vergangenheit schon gelöst hatte, aber ich konnte es nicht.

Jedes Wort was sie gesagt hatte, war wahr gewesen. Ich bin nicht berühmt geworden, wegen der kompliziertheit der Fälle, sondern wegen der Schnelligkeit mit der ich die einfachen Fälle hatte lösen können.

Und plötzlich fühlte ich mich, als hätte mir jemand eine Backpfeife gegeben und mich somit auf den harten Boden der Realität katapultiert. Ich hatte diesen Fall nicht aufgenommen weil es für mich einfach war oder weil ich den Adrenalinschub wollte, ich hatte mir etwas vorgemacht.

In Wirklichkeit wollte ich einfach nur beweisen, dass ich mehr konnte.

MasksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt