,,Clarise? Kannst du mich hören? Hallo? Fuck! Sollten wir einen Krankenwagen rufen?," nur wage konnte ich Tom's Stimme erkennen. ,,Also wenn sie nicht...ah da öffnet sie ja schon ihre Augen," Frau Kumar strahlte mich mit dem größten Lächeln an, was ich je gesehen habe.
Etwas verwirrt blinzelte ich gegen das Licht an was die Dunkelheit von gerade eben durchbrochen hatte.
Links von Frau Kumar sah ich Tom stehen, welcher mir jedoch den Rücken zugewandt hatte und sich zerstreut durch die Haare fuhr. Einen Moment lang, fragte ich mich was ich überhaupt auf den Boden zu suchen hatte, doch als ich mich erinnerte, wünschte ich, ich hätte mich nicht erinnert.
Frau Kumar musste wohl meinen bestürzten Gesichtsausdruck gesehen haben, denn sie beugte sich noch tiefer zu mir hinunter und fragte mich ob ich etwas bräuchte.
,,N..nein danke, mir gehts soweit gut...denke ich," sagte ich noch etwas benommen, nahm aber ihre helfende Hand an, als ich aufstehen wollte.
,,Ich glaube ich bringe Ihnen doch lieber noch ein Glas Wasser, Sie sehen immernoch Leichenblass aus," sagte sie jedoch, als sie mich auf einen Stuhl abgesetzt hatte.
,,Nein, das ist echt nicht nötig..," wollte ich schon anfangen, doch schon hatte sie zielstrebigen Schrittes den Raum verlassen, entschlossen mir dieses eine Glas Wasser zu bringen. Ich seufzte.
Adam hatte sich mir immernoch nicht zugewandt und mir wurde flau im Magen. Ich war Schuld an Jeremys Tod. Hätte ich nicht darauf bestanden diesen Faden analysieren zu müssen, dann würde er noch Leben.
Ich realisierte erst das ich stumm weinte, als ich die salzige Träne in meinem Mundwinkel spürte. So leise wie möglich schniefte ich und wischte die Träne weg.
Die Stille wurde mir immer unangenehmer. Tom bewegte sich nicht einen Zentimeter. Wurde es Zeit, dass ich etwas sagte?
,,Tom es...,"
,,Es ist nicht deine Schuld Clarice.," stoppte er mich jedoch sofort. Er hatte sich immernoch nicht zu mir gewandt, jedoch klang seine Stimme rauer und tiefer, ungefähr so wie man klang, nachdem man geweint hatte.
,,Versuch es nicht zu bestreiten. Hätte ich nicht darauf bestanden diesen dummen Faden analysieren zu müssen...," ich verstummte und wartete auf seine Reaktion.
Langsam drehte er sich um und schaute in meine Augen. Tatsächlich, seine waren innen gerötet und auch leicht angeschwollen. Mein Herz krampfte sich schmerzvoll zusammen und ich begann wieder stumm zu weinen.
,,Hey...," sagte er vorsichtig. Er überbrückte schnell die paar Meter die zwischen uns lagen und kniete sich vor mich hin. Zögerlich nahm er meine Hand in seine und streichelte mit seinem Daumen darüber.
Meine Hand ist ja echt klein im Gegensatz zu seiner. Musste ich unwillkürlich denken.
,,Du solltest mich nicht trösten Tom," sagte ich und entzog meiner Hand seiner und sofort vermisste ich seine Wärme, traute mich jedoch nicht meine Hand zurückzulegen.
,,Doch, denn wenn du weiterhin trübsal bläst können wir diesen Bastard nicht fangen," meinte er und seine Miene verfinsterte sich. Er blickte an mir vorbei während sich sein Kiefer anspannte und eine kleine Vene an seinem Hals sichtbar wurde.
Schnell senkte er seinen Kopf und atmete tief durch.
,,Jeremy war einer meiner besten Freunde, weisst du? Ich habe ja schon erwähnt, dass wir uns seit langem kennen... . Ich bin es eigentlich gewohnt Kollegen zu verlieren aber..," er lachte bitter auf, was mein Herz vor Schmerz explodieren ließ, ,,Ich habe noch noch nie einen so nahe stehenden Freund verloren."
Ich nickte wissend und schaute zur Tür. Wie lange Frau Kurma wohl noch brauchte bis sie mit dem Wasser reinkam?
,,Hör zu, ich habe auch einen engen Freund verloren. Beziehungsweise nur fast. Er wurde neben mir angeschossen. Mehrmals. Ich dachte er würde es nicht überleben und ich habe mich so gefühlt, wie du dich im Moment fühlen musst.
Er hat es zwar überlebt, aber erholt von diesem Ereignis, hat er sich nie wirklich. Ich möchte jetzt nicht so klingen, als würde ich leere Sprüche sagen, aber, du musst das nicht alleine durchstehen, es gibt viele andere Leute die dasselbe durchmachen mussten wie du."
Er nickte nur und stand dann auf.
,,Wir müssen jetzt schneller handeln als sonst, er hat sein Muster durchbrochen, indem er Jeremy jetzt schon getötet hatte," sagte er und setzte eine proffessionelle Maske auf.
Jetzt erinnerte ich mich weshalb ich eigentlich hier war und begann zu zittern.
Ich kann das nicht. Der Mörder hat... Recht. Ich bin aufgeschmissen hier. Ich bin nicht so, wie sie alle das gerne hätten.
Wieder erinnerte ich mich an die Menschenmenge die heute mittag noch vor dem Polizeirevier stand. Ein kleines Mädchen war mir ins Auge gestochen. Ihre Mutter hatte geweint und sie musste sie trösten. Das Mädchen war sicherlich nicht älter als 10 gewesen.
,,Ich kann das nicht," flüsterte ich leise und betrachtete meine Hände, welche in meinem Schoß lagen.
,,Was hast du gesagt?," fragte mich Tom und legte seinen Kopf leicht schief.
,,ICH KANN DAS NICHT," schrie ich ihn ins Gesicht.
,,Hast du es jetzt verstanden?," fragte ich ihn nun in normaler Lautstärke.
,,Was hast du gesagt? Du kannst das nicht? Klar ist es hart, dass ein Kollege gestorben ist, aber deshalb gibt man doch nicht gleich auf!," erwiderte Tom aufgewühlt.
Das Licht welches von dem Fenster hereinschien wurde immer Schwächer. Es dämmerte bereits.
Wie lange kann man brauchen um ein Glas Wasser zu besorgen?!, fragte ich mich.
,,Es ist nicht Jeremy's Tod..." antwortete ich ihm niedergeschlagen.
Laut knallte Tom's Hand auf die Tischplatte.
,,WAS?! WAS IST ES DANN!?," schrie er mich an und kam einen Schritt auf mich zu.
Sein Gesicht wurde rot von der Anstrengung seine Wut unter Kontrolle zu bekommen.
,,Ich kann es einfach nicht. Er hat recht, ich bin unfähig. Und er hat auch recht damit, dass ich bekannt bin viele und nicht schwere Fälle zu lösen. Er hatte mit allem Recht.
Tom hob seine Faust und führte sie zu seinem Mund. Er atmete tief ein und aus, stemmte die andere Hand in seine Hüfte und tigerte vor mir mit hochrotem Kopf im Raum herum.
Dann begann er zu schreien,
,,VERDAMMT NOCH MAL, ICH HABE DICH HIERHER GEBRACHT DAMIT DU DIESEN BESCHISSENEN FALL LÖST UND DIESER PSYCHOPATH HINTER GITTERN LADER UND NICHT DAFÜR, DASS DU HIER DEINE MIDLIFE CRISIS BEKOMMST!"
,,Das ist keine Midl...,"
,,HALT DEINEN MUND! WENN DU DIESEN FALL NICHT LÖSEN KANNST DANN KANNST DU AUCH WIEDER GEHEN, MEIN BESTER FREUND IST TOT, WEIL ICH DIR VERTRAUT HABE!"
Mittlerweile zitterte ich am ganzen Körper und weinte leise vor mich hin. Bevor er mich weiter anschreien konnte, betrat Frau Kumar das Zimmer.
,,Was ist denn hier los?," fragte sie verdattert und wechselte ihren Blick zwischen uns beiden ab.
Ohne etwas zu sagen verließ Tom mit stampfenden Schritten den Raum und dann schließlich auch das Gebäude. Leise hörte ich einen Motor aufheulen und danach, wie Reifen auf den Asphalt quietschten.
Mittlerweile war es so spät geworden, dass Frau Kumar das Licht anschalten musste, damit man mehr als nur Umrisse im Raum erkennen konnte.
Mitleidig musterte sie mich.
,,J..jetzt könnte ich das von I..ihnen angebotene W...wasser gut gebrauchen," schniefte ich.
Sie schlug sich auf den Kopf. ,,Ich wusste ich habe etwas vergessen!," und rannte aus dem Zimmer.
Ich begann, es mir auf dem Stuhl bequem zu machen. Es konnte lange dauern bis Frau Kumar wieder zurückkam.
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Masks
Teen Fiction,,Wie wollt ihr mich erkennen, wenn ich doch kein Gesicht habe?" Carise Rott, lebt in der Hauptstadt Kritzinger und ist eine, wenn nicht die berühmteste Kriminalogistin ihrer Zeit. Obwohl sie erst seit wenigen Jahren arbeitet, hat sie mehr Fälle gel...