Seine Stirn hatte er auf der kühlen Oberfläche des Tisches abgelegt. Es war September. Die Lehrerin redete vorne an der Tafel irgendetwas von mathematischen Formeln, doch ihm war einfach nicht danach ihr gedanklich zu folgen. Die letzte Nacht war für ihn einfach viel zu kurz gewesen. Seine Nächte waren eigentlich immer zu kurz, da er meistens wach blieb und Counter Strike oder andere Spiele spielte, doch die letzte Nacht hatte er einzig und alleine mit seinem Handy verbracht.
Der schwarzhaarige seufzte und legte seinen Kopf auf seiner rechten Gesichtshälfte ab. Ein Mädchen, dass aufgrund von etwas Chemie aus der Drogerie nun die Eigenschaft der schwarzen Haare mit ihm teilte, saß etwas weiter hinter ihm im Klassenraum und lächelte ihm freudig entgegen. Sie war der Grund dafür, dass er letzte Nacht so wenig Schlaf hatte ergattern können. Die Konversation, die er mit ihr geführt hatte, war wirklich interessant gewesen. Und das, obwohl sie ihm ihre Gefühle gestanden hatte. Er versuchte einfach nicht darüber nachzudenken. Schließlich hatte er nunmal eine Freundin und abgesehen davon war sie einfach nicht sein Typ. Irgendwann würde sie einsehen, dass sie keine Chance bei ihm hatte und sich einen Anderen suchen, dachte er sich. Dessen war er fest überzeugt. Er rutschte in seinem Stuhl etwas nach hinten, um unbemerkt einen Blick auf sein Handy werfen zu können. Die Beiden schrieben immernoch, dabei ging es eigentlich nur darum wie müde sie von der vergangenen Nacht waren.
Sie war wirklich nett und wirkte sehr verständnisvoll auf ihn. Er drehte seinen Kopf nach hinten und grinste. Sie hatte gerade in der Nachricht ihre Mathelehrerin kommentiert. Als es klingelte kramte er seine Sachen zusammen und verschwand nach Draußen. Währenddessen schrieb sie ihm immer wieder. Natürlich antwortete er, doch hatte er gerade nicht wirklich Interesse daran. Er wollte ihr wirklich keine falschen Hoffnungen machen. So ein Mensch wollte er einfach nicht sein. Aber ignorieren wollte er sie eben auch nicht einfach.
Als er nach der Pause zurück in die Klasse kam hatte Dustin seinen Sitzplatz belegt. Mike seufzte und stellte sich vor ihn. Die Beiden kannten sich erst seit ein paar Wochen, da der 18-Jährige die Klasse hatte wiederholen müssen, doch Dustin war ihm jetzt schon sympathisch. Zumindest meistens.
»Dustin.«,sprach der Ältere den 16-Jährigen an, um dessen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen,»Du sitzt schon wieder auf meinem Platz.« Er rollte mit den Augen und rutschte einen Platz weiter nach Rechts. Seufzend ließ sich der Schwarzhaarige auf seinem Platz nieder, rutschte etwas weiter nach unten und fuhr sich über seine etwas länger gewordenen, fast schwarzen Haare, die er ,wie sonst auch immer, in einem Zopf zusammengebunden hatte.
Er hasste Schule. Ihm war bereits jetzt schon die Lust darauf vergangen, wenn diese überhaupt jemals da gewesen war. Aus dieser Klasse kannte er nur Naomi vorab. Ein blondes Mädchen, welches auch schon vorher zu seinem Freundeskreis gehört hatte. Mit zwei anderen Mädchen aus der Klasse hatte er außerdem schon nächtliche Telefonate geführt, jedoch würde er nicht sagen, dass er mit ihnen befreundet war. Die restlichen Schüler dieser Klasse hatte er praktisch noch nie zuvor gesehen.
Auch in den darauffolgenden Unterrichtsstunden schrieb ihm das Mädchen mit den schwarzgefärbten Haaren belanglose Dinge und er antwortete ihr. Der Unterricht interessierte ihn, wie einen Großteil der Klasse, überhaupt nicht. Im Physikunterricht beschäftigten Dustin und Mike sich mit Schiffe versenken. Während Letzterer noch an seiner Strategie feilte spürte er immer wieder die Vibration seines Handys in seiner Hosentasche, doch hatte er keine Lust mehr nachzusehen wer ihm schrieb. Die Nachrichten der vermutlich ebenfalls Jüngeren, die ihm immernoch alle zwanzig Minuten schrieb, kamen ihm mittlerweile so gestellt und erzwungen vor. So als hatte sie das Bedürfnis ihm unbedingt schreiben zu müssen, egal um welches Thema es dann ging. Alleine aus diesem Grund hatte er schon keine Motivation mehr ihr zu antworten. Natürlich könnte ihm auch jemand anderes geschrieben haben, das wusste er auch, aber er wollte nicht das Risiko eingehen dann doch eine Nachricht von ihr erhalten zu haben. Denn dann müsste er ihr antworten und das wollte er ja tunlichst vermeiden. Er sah aus dem Seitenwinkel ihre unauffälligen Blicke in seine Richtung und dachte darüber nach, ob es ihr auffallen würde, würde er auf sein Handy gucken und ihr nicht antworten.
Nach Schulschluss schnappte Mike sich sein Longboard und machte sich auf den Weg nach Hause. Er setzte sich seine Kopfhörer auf und summte leise mit der Musik mit. Er freute sich schon auf seinen PC und seinen Stuhl, indem er praktisch die meiste Zeit des Tages verbrachte. Auch jetzt vibrierte sein Handy im seiner Hosentasche und unterbrach somit seine Gedanken - und seine Musik. Beiläufig holte er sein Smartphone aus seiner linken Hosentasche und drückte den Home-Button um die Nachricht lesen zu können. Rosie,das schwarzhaarige Mädchen, hatte ihm schonwieder geschrieben. Diesmal ging es um die Hausaufgaben. Es fing langsam aber sicher wirklich an ihn zu nerven und das, obwohl er sich in der vorherigen Nacht vorgenommen hatte nichts an seinem Verhalten ihr gegenüber zu ändern. Es lag ja aber nicht an ihm, wie er fand. Ihre verhaltensweise hatte sich einfach verändert. Ihre Art zu schreiben. Vorher waren ihm ihre Nachrichten so ehrlich und ungefiltert vorgekommen. So als hätte sie einfach geschrieben, was gerade in ihrem Kopf vorging, egal wie gewagt die Antwort dann auch, was manche persönlichen Geschichten betraf, war. Doch nun kam es ihm so vor, als ob sie alles gezielt so formulieren würde, dass es seiner Meinung entsprach.
Augenrollend verstaute er sein Handy wieder in seiner linken Hosentasche und lauschte weiter den basslastigen Klängen seiner Musik. Er müsste ihr ja nicht immer antworten, dachte er sich. Schließlich tat er das bei anderen Personen auch nicht und nur wegen der Tatsache, dass er sich vorgenommen hatte ihre Gefühle nicht zu verletzen, wollte er sich auch nicht dazu zwingen ihr zu antworten. Das würde ihnen beiden nichts bringen, dachte er sich.
Mittlerweile war es draußen schon dunkel geworden und nur der Computer des gebürtigen Italieners gab wegen der Belüftung ein tiefes, durchgehendes brummen von sich. Dieser hatte seine Zeit mit CS:GO verbracht und keinen weiteren Gedanken daran verschwendet Rosie noch zu antworten. Stattdessen ließ er sie auf gelesen und hoffte einfach, dass sie wieder anfangen würde auf ihre normale Weise mit ihm zu schreiben.
[ 1034 Wörter ]
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Beachte mich.
Mystery / ThrillerWenn er sie nicht freiwillig beachtet, dann muss sie ihn eben dazu zwingen. ☔ Man könnte jetzt meinen das hier ist so eine typische Stalker Geschichte. Ist es irgendwie auch.