Also diese Reaktion hätte sie nicht erwartet. Dieser schockierte und verängstigte Gesichtsausdruck lag immernoch präsent vor ihrem inneren Auge. Aber sicher war das nur die erste Verunsicherung. Oder hatte sie es doch übertrieben? Nein, sie wollte direkt klarstellen um was es sich hier handelte. Nämlich, dass die Liebe seines Lebens unten vor seinem Fenster stand und auf ihn wartete. Als sie allerdings seinen Blick gesehen hatte, hatte sie kurzerhand entschlossen noch etwas mit der Auflösung ihrer Person zu warten. Er würde auch so das Band zwischen ihnen spüren. Da war sie sich sicher.
Sie seufzte enttäuscht als Mike den Platz an seinem Fenster verließ, um zu seinem Computer zu gehen und sich wieder in seinen Stuhl zu setzen. Zwar konnte sie ihn immernoch erkennen, doch war sein wundervolles Gesicht zum Bildschirm gewandt. Enttäuscht tippte sie erneut etwas in ihr Tastenhandy und wartete auf seine Reaktion.
Mike schreckte etwas auf, als er erneut eine Vibration an seinem Bein spürte. Sicher war es sein Kumpel, der ihm schrieb, dass die Nachricht nur ein Scherz gewesen sein. Er hoffte es zumindest inständig. Doch was er las, als er sein Handy entsperrte schockierte ihn nur noch mehr.
› Schade, dass du nicht am Fenster sitzen geblieben bist. Jetzt kann ich dein wunderschönes Gesicht gar nicht mehr beobachten, während du das hier liest. Aber ich weiß auch so, dass du wirklich anziehend bist, dafür muss ich dich nicht sehen können.
Ein Schauer durchfuhr ihn. Auf einmal wurde ihm ganz kalt und das, obwohl in seinem Zimmer mollige 22° waren. Er atmete stoßweise und versuchte dann krampfhaft sich zu beruhigen. 'Alles gut. Wahrscheinlich steht nur irgendeiner deiner Deppenfreunde vor deinem Fenster und macht sich einen Spaß daraus. Er schluckte. Sollte er es wagen und erneut zum Fenster gehen? Oder sollte er der Nummer zurück schreiben und sagen, dass es ein schöner Scherz war und er oder sie es jetzt lassen könnte?
Er entschied sich für ersteres und stand gefasst auf. Verdammt, er war kein Angsthase. Egal, wer da draußen stand und sich einen Spaß erlaubte, Mike würde sich nicht weiter darauf einlassen. Am Fenster fiel sein Blick erneut auf den Busch, an dem er vorhin noch gedacht hatte etwas gesehen zu haben. Nichts. Erleichtert atmete er aus und schloss die Gardinen vor seinem Fenster. Er sollte aufhören sich darüber solche Gedanken zu machen. Es war nur ein Streich. Nichts, weswegen man sich Sorgen machen müsste.
Sie sah das allerdings etwas anders. Für sie wahr es purer ernst und genau aus diesem Grund verwunderte es sie auch so, dass er ihr nicht antwortete. Und dann zog er auch noch die Gardienen vor sein Fenster! Es machte sie wirklich wütend, dass er das ganze einfach nicht ernstnahm. Doch sie besänftigte sich wieder. Vielleicht war er auch einfach nur Müde. Und vielleicht wusste er nicht was er auf ihre Nachrichten hätte antworten sollen. Lächelnd tippte sie ihre letzte Nachricht für diese Nacht in ihr Tastenhandy und drückte erneut auf senden. Sie konnte seine Reaktion ja sowieso nicht sehen und so drehte sie sich um und ging.
Mike hatte es sich währenddessen wieder auf seinem Stuhl bequem gemacht. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen und das, obwohl er immerwieder versuchte sich einzureden, dass dies nur ein dummer Scherz war und nicht ernsthaft etwas zu bedeuten hatte. Als sein Handy erneut vibrierte wollte er es erst gar nicht aus seiner Hosentasche ziehen. Wer auch immer ihm schrieb sollte es endlich sein lassen! Merkte die Person nicht, dass es einfach nicht lustig war?
Er beschloss sein Handy an Ort und Stelle in seiner Hosentasche verweilen zu lassen und eine Runde CS:GO zu spielen, doch seine Gedanken drifteten immer wieder ab und so verließ er vorzeitig die Runde und schlug entnervt auf den Tisch. »Fuck,man!«,verlieh er seinem Frust ausdruck und rieb sich danach die Hand. Das hatte wehgetan, aber wirklich besser ging es ihm jetzt nicht. Ohne groß darüber nachzudenken zog er sein Handy jetzt doch aus seiner Hosentasche und starrte auf den Bildschirm.
› Wenn du müde bist, dann kann ich das verstehen. War bestimmt ein anstrengender Tag. Aber selbst wenn du mir jetzt nicht antwortest, so sei dir sicher, dass ich dich Liebe und du dies bald auch tun wirst. Und solange du diese Einsicht noch nicht hast, werde ich dir eben so folgen. Werde wie ein Schatten hinter dir sein. Also mach dir keine Sorgen, dir kann nichtsmehr zustoßen, denn ich bin ja da.
Fassungslos starrte er seinen Handybildschirm an. Wer auch immer sein Spiel mit ihm trieb sollte endlich aufhören! Aufgebracht schmiss er sein Handy auf sein Bett und verfehlte nur knapp dessen Kante. Er war sauer. Wie konnte jemand nur so nervig und dumm sein?! Seine Angst hatte sich in Zorn verwandelt. Es regte ihn auf, dass gerade ihm so ein Streich gespielt wurde. Hatte diese Person sich nicht jemand anderes aussuchen können? Er schlug erneut voller Wut auf seinen Schreibtisch und gab einen schmerzerfüllten Laut von sich. Irgendwie musste er sich nunmal abreagieren.
Nachdem seine fassungslosigkeit ihren Höhepunkt erreicht hatte und er sich eine Packung gefrorenes Gemüse für seine Hand geholt hatte saß er auf seinem Bett. Stille erfüllte den Raum. Ihm war nicht danach irgendwelche Spiele zu spielen. Ihm war auch nicht danach an seinem Fenster zu sitzen und vielleicht wieder beobachtet zu werden. Und erst recht war ihm nicht danach zu schlafen. Dafür war er gerade viel zu wach. Es war bereits nach Null, doch er war noch immer hellwach. Nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass ihm die Nachrichten von vorhin keine Ruhe ließen.
Sein Blick glitt über seine Bettdecke und entdeckte sein Handy in dieser liegen. Er griff nach diesem und entsperrte es. Fast schon instinktiv drückte er auf das Nachrichtensymbol und überflog die Nachrichten. Wer war im Stande so eine 'kranke Scheiße' ,wie er es betitelte, zu verfassen? Gleichzeitig machte ihm die letzte Nachricht doch etwas Angst. Selbst wenn es nur als Spaß gemeint war, war alleine die Vorstellung wie ihm jemand auf Schritt und Tritt folgen würde angsteinflößend. Da ihm nichts anderes einfiel kramte er eines der Bücher heraus, die er schon seit ein paar Jahren versuchte zu lesen. Für etwas anderes war er gerade eh zu aufgewühlt.
[ 1021 Wörter. Hach ja, das ist Liebe. ]
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Beachte mich.
Mystery / ThrillerWenn er sie nicht freiwillig beachtet, dann muss sie ihn eben dazu zwingen. ☔ Man könnte jetzt meinen das hier ist so eine typische Stalker Geschichte. Ist es irgendwie auch.