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Gott verdammt. Was habe ich mir dabei nur gedacht? Ich hätte nur allzugut wissen müssen, dass du dich an diese eine liebevolle Geste klammen würdest, wie ein Schiffbrüchiger an eine Holzplanke auf See. Ich hatte in diesem Moment einfach nicht darüber nachgedacht. Du hast mir so leid getan und ich hatte das Gefühl für dich da sein zu müssen, wenn niemand für mich da gewesen war. Ich weiß nicht, ob es anders verlaufen wäre, wenn ich an diesem Tag anders reagiert hätte. Es war das erste und letzte Mal, dass ich dich wirklich weinen sah. Ich denke nach wie vor du siehst so schön aus wenn du weinst. Ich erinnere mich noch so gut daran, wie sich das schummrige Licht der Lichterketten auf deinen feuchten Wangen gespiegelt hat und deine braunen Augen fast schwarz wirkten und wunderschön glänzten. Ich weiß bis heute nicht warum du an diesem Tag geweint hast. Du hast es mir nie erzählt. Ich denke es ist eine Seite an dir, die du einfach niemandem zeigen wolltest, deswegen verschwiegst du sie. Aber es ist okay. Jeder hat so eine Seite an sich. Jeder ist mal traurig, selbst Menschen wie du. Und selbst Menschen wie du müssen damit nicht alleine fertig werden. Ich denke selbst Menschen wie du, so falsche und hinterlistige Menschen, sind gar nicht mehr so falsch wenn sie ihre Gefühle nach außen lassen und weinen. Vielleicht werden solche Leute, ja erst so, gerade weil sie niemanden haben. Ich wäre für dich da gewesen. Bevor all das passierte. Du hättest einfach zu mir kommen können und ich hätte ein offenes Ohr für dich gehabt und vielleicht wäre es dann nie zu alle dem gekommen. 

Manchmal denke ich wegen genau diesem Moment, in dem wir einfach dort standen und uns umarmten, dass das alles gar nicht deine Schuld war. - Dass es vielleicht meine Schuld war, weil ich dir nicht zugehört habe oder weil ich nicht für dich da war. Oder weil einfach niemand für dich da war. Vielleicht auch, weil ich genau in diesem Moment falsch gehandelt habe aber ich bereue nicht dich umarmt zu haben. Ich bereue nicht, dir gezeigt zu haben, dass du damit nicht alleine sein musst. Selbst wenn es alles hätte anders laufen können, wäre ich kälter zu dir gewesen und hätte dich abgewiesen. Aber wer weiß das schon. 

Nach einer Ewigkeit lösten sich die beiden von einander und er ging ohne etwas zu sagen aus der Tür. In seinem Kopf schwirrten unzählige wirre Gedanken herum, über die er gar nicht erst anfangen wollte zu philosophieren. Er war so verwirrt. Wie sollte es jetzt weiter gehen? Würde es weiter gehen? Gedankenversunken begab er sich zurück ins Wohnzimmer und ließ sich auf das blaue Sofa fallen, in das er direkt einsank. Kurz seufzte er. Sie würde sicher gleich kommen und dann würde er weiter sehen. 

Sein Blick glitt aus dem Fenster und er versank erneut in seinen Gedanken. Die Zeit verging und die Braunhaarige war immer noch nicht zu ihm gekommen. Langsam bekam er wirklich Hunger und er sah sich um. Könnte er sich einfach etwas zu essen machen? Hatte sie etwas hier?

Mit einem leisen stöhnen hiefte er sich aus dem tief eingesunkenen Sofa und streckte sich etwas. Langsam tigerte er durch das Wohnzimmer zurück in den Flur und bog dann links in die Küche ein. Sie war wirklich, wirklich klein und es gab nichtmal einen Tisch oder Stühle, an den man sich setzen könnte. Zu seiner rechten und zu seiner linken war nur kahle Wand. Im Grunde war dort kaum Wand. Man betrat die Küche und blickte direkt auf die Küchenzeile und den angrenzenden dreckig wirkenden, weißen Kühlschrank. Es war einer dieser Kühlschränke, die immer in Ferienwohnungen standen und so alt waren, dass man sich jedes mal, wenn man ihn öffnete, verwundert wie die verbaute Elektronik überhaupt noch funktionieren konnte. Abschätzig öffnete Mike die Tür des suspekt wirkenden Kühlgerätes und blinzelte dem kühlen, grellen Licht entgegen, das aufflackerte. Außer ein paar Flaschen Apfelschorle und anderen Getränken, sowie Schokopudding - Mike wollte gar nicht erst hinterfragen wieso gerade dieses Dessert seinen Weg in ihren Kühlschrank gefunden hatte - war dieser aber leer. Seufzend beugte er sich nach unten, nachdem er die Tür mit einem Stoß wieder geschlossen hatte und öffnete die Tür des Gefrierschranks, den er dahinter vermutete. Und anders als erwartet war dieser nicht leer. In ihm lagen ziemlich viele Tiefkühl-Pizzen, Tüten mit irgendwelchem Reisgerichten, soweit Mike das auf den ersten Blick erkennen konnte, und andere in weißen Tüten verpackte Gerichte, dessen Zusammensetzung er nicht direkt sehen konnte. Er zog kurz entschlossen eine der Pizzen aus dem Gefrierschrank, schloss diesen wieder und beäugte die Verpackung genauer. Die Pizza war nur noch in Plastik gehüllt und die Papp-Hülle fehlte komplett. Nimmt wohl weniger Platz weg, dachte sich Mike und zog die Plastikummantelung komplett ab ehe er sie auf das Gitter im Ofen legte, die Temperatur einstellte und diesen anschließend wieder schloss. Etwas Angst, dass der Ofen gleich in die Luft fliegen könnte hatte er schon, denn dieser sah -genauso wie der Rest der Kücheneinrichtung- wirklich instabil und alt aus. Zwar glücklicherweise nicht dreckig, aber man sah ihm sein Alter deutlich an.

Seufzend lehnte sich Mike an den Küchenthresen und legte seinen Kopf in den Nacken. Wie war er hier nur gelandet.. 

Derweil hatte Rosie damit zu kämpfen ihre verheulten, roten Augen wieder zu trocknen. Die Umarmung hatte ihr wirklich geholfen, besonders, weil es Mike war, der sie umarmt hatte. Aber nun war sie noch verzweifelter als zuvor. Etwas in ihr schrie ganz laut, dass jetzt alles gut werden würde und, dass er endlich eingesehen hatte wer sie wirklich war und warum sie das alles getan hatte. Aber ein kleiner Teil in ihr flüsterte ihr leise von hinten in ihr Ohr 'Er hasst dich. Du hast alles kaputt gemacht.'  und genau dieses leise Gemurmel machte ihr unheimliche Angst. Eine Gänsehaut übermannte sie und sie zog sich die Ärmel ihres übergroßen schwarzen Pullis etwas weiter über ihre Hände, um sie wieder loszuwerden. Ihr war bewusst, dass sie sich langsam mal wieder zu Mike gesellen sollte, da alles andere ihre jetzige Situation auch nicht besser machen würde. 

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