Teil 10

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*Sicht Manuel*

Patrick war wieder so unhöflich. Was sollte diese Aktion gestern? Ich wusste, dass er überlegt hatte mich zu küssen. Wieso hat er es nicht getan? Oder, wieso hatte ich es nicht getan? Wieso hat er ein Rückzieher gemacht? Palle ging neben mir mit gesenktem Kopf und den Händen in den Hosentaschen. Es tat mir unheimlich weh, das er mich so kalt behandelte. Ich war sogar etwas sauer. Aber hauptsächlich war ich enttäuscht.

Wir kamen in der Schule an und gingen sofort zur Klasse. Mir fiel ein, dass heute ja die Stadttour war. Na toll. Und das mit einem mürrischen Palle. Er ging sofort zu seinen Freunden. Ich setzte mich an meinen Platz von gestern, holte mein Block hinaus und kritzelte wieder auf einem Blatt rum. Hinter mir unterhielten sich die Jungs. Natürlich war Palle zu ihnen ganz normal. Es lag also an mir. Seine schlechte Laune war wegen mir. „Was malst du da wieder?", fragte eine vertraute Stimme. Ich schaute auf und blickte in Claus sein dreckiges grinsen. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich dachte an eine Blume. Eine Rose.", sagte ich und schaute wieder auf das Blatt. Man erkannte schon einen Ansatz. „Justus ist krank. Wir waren gestern Fußball spielen und er ist umgeknickt und hat sich sein Band gerissen. Toll, oder? Denkst du, ich kann bei euch mitgehen?", fragte er mich verlegen. Ich zuckte abermals mit den Schultern. „Ich weiß nicht mal, ob Patrick was vorbereitet hat." Claus schaute kurz zu ihm, dann wieder zu mir. „Echt?" Ich nickte. „Okay. Das ist, okay. Scheiße." Er kratzte seinen Bart und spitzte überlegend die Lippen. „Mal sehen, ja?", fragte ich und schaute nach unten, wo ich wieder begann zu kritzeln. Dann hörte ich, wie Claus weg ging. Justus war krank. Da war ich wieder gut genug. Noch ein schlag in die Fresse. Ich dachte, wir wären beste Freunde.

Der Unterricht begann. Die Schüler setzten sich und Palle natürlich neben mir. Ich fühlte mich unwohl. Der Lehrer begann sofort zu erklären, wie die Stadttour ablief. „Claus.", nahm der Lehrer ihn nun dran. „Justus ist krank. Ich habe keinen Partner und wollte fragen, ob ich bei Manuel und Patrick mitgehen kann." Herr Jetschiny schaute kurz zu mir und Palle und dann wieder zurück zu Claus. „Geh mit ihnen mit." Claus grinste mich frech an und irgendwie erleichterte es mich, dass ich nicht mit Palle alleine rumlaufen musste. Aber irgendwie war es auch scheiße, da ich gerne mit Palle alleine war. Nur halt nicht heute. Nicht nach dem was war.

„Wo müssen wir lang?", fragte Claus fröhlich, als wir den Schulhof verließen. „Hier.", sagte Palle nur genervt. Claus sah mich Irritiert an und Palle ging los, paar Schritte vor uns. „Was ist denn mit dem Los?", flüsterte Claus mir zu. Ich zuckte mit den Schultern. „Vielleicht schlecht geschlafen." Er nickte und wir liefen schweigend hinter Palle her. Wir stiegen in die U-Bahn und fuhren zum Hauptbahnhof. „Schaut euch um oder so.", sagte Palle und stellte sich an den Rand, um am Handy daddeln zu können. Claus und ich wechselten genervte Blicke und gingen dann herum. Mehr als paar Fressgeschäfte, Klamottenläden und Tabak oder Bücherläden gab es auch nicht. Gelangweilt machten wir kehrt und trafen wieder auf Patrick. „Und jetzt?", fragte Claus ihn. Erwartungsvoll sahen wir ihn an. „Mönckebergstraße.", sagte dieser, drehte sich um und ging einen Gang entlang. Dann eine Rolltreppe hoch und weiter gerade aus. Es war ziemlich voll und wir hatten es schwer, ihn nicht zu verlieren. Als wir dann an einem Brunnen ankamen, sahen wir eine Menschenmenge. Musik kam von dem Platz und wir drängelten uns etwas vorbei, um sehen zu können was dort los war. Eine Gruppe von Jungs hatten Musikboxen aufgestellt und tanzten dazu. Es war schon cool, sowas zu sehen. Allerdings gab es sowas in Essen auch. Nach einer kurzen Zeit des zusehen, drehten wir wieder um und gingen weiter. Wir gingen durch ein Einkaufscentrum und kamen schließlich an der Alster an. Hier setzten wir uns hin und machten eine Pause. Angespannt waren wir irgendwie alle. Ich wünschte jetzt doch irgendwie mit Palle alleine zu sein. Ich schaute zu Claus, der gerade seine Augen geschlossen hatte und den Wind um sich wehen ließ. Dann schaute ich zu Palle, der auf das Wasser starrte. Eher gesagt auf die Fontäne die dahinten aus dem Wasser sprudelte. „Ziemlich kalt, dieser Wind.", sagte ich. Ich hatte die Hoffnung, dass er was sagte. Das er auftaute und so wurde wie gestern. Das er wieder nett wurde. „Mh.", brummte Palle aber nur. Ich senkte meinen Blick auf meine Hände, die ich zusammengefaltet hatte. „Der Wind ist klasse.", murmelte Claus neben mir. Ich schmunzelte. Ich fand ihn eher störend. Mein Haar war bestimmt schon ganz verknotet und es klatschte mir dauernd ins Gesicht.

Ich sah jetzt wieder zu Palle, der immer noch auf die Fontäne schaute. Wenn wir alleine sein, spreche ich ihn auf sein Verhalten an. Das ist aber klar. Ich wollte nicht, dass es so zwischen uns zwar. Zumal er mich ja auch noch besuchen musste.

„Viel gezeigt hast du uns aber nicht.", knurrte Claus, als wir zurück im Klassenraum gingen. „Heul nicht rum.", patzte Palle ihn nur an. „Ich habe keine Lust, wegen dir eine scheiß Note zu schreiben. Nur weil du zu faul warst irgendwas zu machen.", keifte Claus jetzt zurück. Ich schob besorgt meine Augenbrauen zusammen. „Ach, lass mich doch in Ruhe." Mit den Worten schulterte Patrick wieder seine Tasche, sah mich kurz an und ging dann mit schnellen Schritten aus dem Raum. Mit einem verzweifelten Stöhnen ließ ich meinen Kopf auf die Tischplatte knallen. Dumme Idee. Direkte Kopfschmerzen. „Was ist denn mit diesem Idioten?", murrte Claus neben mir. Ich sagte nichts. Ich war innerlich gerade vollkommen leer.

Der Austauschschüler /eine Kürbistumor fanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt