Tag 14

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Gastón weiß nicht so recht wie er sich Ramiro gegenüber verhalten soll. Bisher hatten sich auch noch kein Wort miteinander gewechselt, geschweige denn einen Blick.

Er selbst hat keine Ahnung mehr wie er in die gestrige Situation gekommen ist. Er ist nur froh, dass Simón da war und mit ihm einen Film gesehen hat.

Und er ist auch froh darüber dass Simón ihn nicht mit Fragen belastet hat. Das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen.

In der Schule sitzt er wieder neben Ámbar die von der gestrigen Aktion zum Glück nichts mitbekommen hat. Scheinbar.

Gastón fühlt sich einfach nur unwohl.

Und dennoch hegt er diese Gefühle für Ramiro, weil dieser nunmal ebenfalls welche für ihn hat.

Noch nie war jemand so Aufmerksam zu ihm. Bis auf seine Freunde und seine Mutter.

Doch das hier ist etwas völlig neues für ihn. Lange vergessen ist die Neugier nach Bars für Schwule. Er hat etwas viel besseres gefunden.

Liebe. Die wahre Liebe.

Keine Ausflüge mehr bis vor die Türen verruchter Clubs.

"Geht es dir gut? Simón hat mir erzählt was gestern bei euch los war. Hat er dich berührt, obwohl du nein gesagt hast?"

Nicht Simón belastet ihn wohl mit Fragen. Jetzt ist es anscheinend Ámbar die sich nicht zurückhalten kann.

"Ich habe nicht nein gesagt"sagt Gastón, holt einen Buntstift aus seinem Federmäppchen.

"Wolltest du es?"Ámbar kann ihre Neugier nicht bändigen und freut sich auch für ihren Freund.

Dass er endlich jemanden gefunden hat, der ihren lieben Gastón so akzeptiert wie er nun einmal ist.

"Weiß nicht" ein kraftloses Achselzucken, kann Ámbar nicht überzeugen.

"Wie du weiß nicht? Du musst doch wissen ob du das wolltest"

Gastón drückt mit dem Stift kräftig auf das Blatt und die blaue Mine bricht ab.

Er presst die Zähne aufeinander und fährt sich gestresst durch die Haare. Gastóns Blick geht hinüber zu Ramiro, welcher auf sein Blatt sieht.

Kann das wirklich die wahre Liebe sein?

Ruckartig steht Gastón auf und verlässt den Klassenraum ohne ein weiteres Wort.

Immer noch fühlt er die grobe Hand von Ramiro und in ihm breitet sich ein unwohles Gefühl aus.

Nein, er wollte das nicht. Niemand sollte ihn berühren.

Auf dem Jungenklo sperrt er sich in eine Kabine ein und setzt sich auf den geschlossenen Deckel.

Gastón bleibt ruhig, liest sich die Sprüche an den Wänden durch.

Ich ficke deine Mutter

Ruft mich an.

Luna ist eine Schlampe.

Er wird jetzt sicher Ärger bekommen. Das weiß Gastón. Doch er musste daraus. Er konnte nicht länger mit Ramiro in diesem Raum sitzen.

Doch Gastón macht sich auch selbst Vorwürfe. Ramiro konnte nicht wissen dass er das nicht wollte. Er hatte nicht Nein gesagt und er war hart.

Außerdem war Gastón nicht immer nett zu Ramiro. Hat ihn immer wieder zappeln lassen. Ihn nicht küssen wollen.

"Gastón? Bist du hier?"es ist Matteos Stimme die Gastón die Ohren spitzen lässt. "Wenn ja, dann...Señora Vargas hat mich geschickt. Ich soll fragen ob alles in Ordnung mit dir ist"

Keine Antwort.

Matteo fängt an, an allen Türen zu rütteln und bei der letzten bleibt er stehen.

"Ich weiß das du dort drinne bist. Sag mir was los ist."es klingt wohl strenger als Beabsichtigt.

Wieder keine Antwort.

"Gastón...Was ist mit dir? Ich dachte wir wären Freunde..."

"Dachte ich auch"

"Endlich"seufzt Matteo als er ein Lebenszeichen erhält und lässt sich vor der Toilettentür auf den Boden sinken. "Sind wir denn keine Freunde mehr?"

"Warum hast du mir die Karte geschrieben?"

"Weil ich es so gemeint habe."

"Wie hast du es gemeint?"

"Wie ich es geschrieben habe. Ich wollte dein Lächeln wiedersehen."

Eine Stille entsteht, die für beide angenehm ist. Sie denken übereinander nach. Finden aber keine Lösung und lassen die Stille still sein.

"Danke für die Rose"flüstert Gastón und steht auf.

"Ich habe gehofft sie würde dir gefallen" Matteo klingt fast melancholisch und rappelt sich ebenfalls unbewusst auf.

Die Tür öffnet sich und die zwei stehen sich Gegenüber.

"Ramiro, er hat mich angefasst"gibt Gastón nun endlich den Grund seines fluchtartigen Verschwindens zu und heftet seines Blick auf den Boden.

Angespannt atmet Matteo heftig ein und aus und ballt seine Hände zu Fäusten.

"Wo?"

Peinlich berührt deutet Gastón zwischen seine Beine.

"Oh Gott...hat er dich gezwungen?"

"W-was? Nein...ich..."

"Ach...Du wolltest es?

"Nein, das war nicht so, dass war anders also..." Gastón ist ganz aufgeregt und findet die Worte gar nicht um seine Gefühle zu beschreiben.

"Ganz ruhig...Was genau ist passiert?"will Matteo wissen und verschränkt die Arme vor der Brust.

Für Gastón ist das sehr viel und er weiß nicht ob er so viel intimes mit Matteo teilen will.

Simón und Ámbar kann er vertrauen. Er muss sich bei ihnen für nichts schämen.

Aber Matteo....

"Ich will dir vertrauen"gesteht Gastón und sieht zu dem Größeren auf.

"Dann vertrau mir"

Die Augen der Jungen treffen aufeinander und beide verlieren sich ineinder auf unterschiedliche Art und Weise.

"Ich weiß, dass ich da viel von dir verlange. Aber kennen wir uns inzwischen nicht so gut, dass wir einander vertrauen können?"Matteo versucht nicht arg enttäuscht zu klingen, denn er ist wahnsinnig enttäuscht.

Er wünscht sich sehr, dass Gastón sich ihm endlich öffnet. Doch vielleicht sollte er selbst den ersten Schritt wagen.

"Das Referat muss bald fertig sein. Sollen wir uns heute treffen? Dann kannst du mir alles ganz in Ruhe erzählen, wenn du magst"schlägt Matteo schließlich vor und Gastón ist einverstanden.

Gastón weiß, dass er die Sache von Gestern eigentlich mit Ramiro klären sollte. Aber wie soll er das anstellen, wenn er sich nicht einmal traut ihm in die Augen zu sehen?"

"Wollen wir wieder in den Unterricht?"fragend sieht Matteo auf den Kleinere hinab, doch dieser schüttelt den Kopf."Willst du etwa schwänzen? Du böser Junge"

Es war eigentlich ein harmloser Witz den Matteo sich dort erlaubt. Doch in Gastón legt es einen Schalter um.

Ja er ist ein böser Junge und jemand sollte ihn dringend dafür bestrafen.

rose boy | gastteo Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt