Kapitel 1 - Wie alles begann

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Ich stand in der Schlange vom Supermarkt in der Bahnhofstraße und wippte ungeduldig auf und ab. Vor mir standen immer noch eine Menge Leute und es wollte einfach nicht vorangehen. Vielleicht lag es auch an der unfähigen Kassiererin, die anscheinend nicht besonders gut während ihrer Ausbildung aufgepasst hatte, denn ansonsten wäre ich bereits auf dem Rückweg nach Hause. 

Hinter mir stand eine Mutter mit ihrem Sohn, der die ganze Zeit nach seinem Vater schrie, der anscheinend nicht mit zum Einkaufen gekommen war. Auch wenn mir die Mutter sehr leid tat, ging mir das Gekreische ziemlich auf die Nerven. Ich selber konnte mir nicht vorstellen, jemals Kinder zu bekommen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich würde eine schreckliche Mutter werden und das wollte ich meinem Kind auf keinen Fall antun. Jeder verdiente eine Mutter, die ihn über alles liebte. Zudem kam noch die traurige Tatsache hinzu, dass ich auch niemanden hatte, mit  dem ich Kinder haben könnte. Die Männer standen bei mir nicht gerade Schlange. 

Erleichtert sah ich, wie eine weitere Kasse eröffnet wurde, sodass ich mich schnell mit meinem Einkauf rüber schieben konnte und jetzt nur noch einen Mann vor mir hatte.  Nach nur wenigen Minuten war ich fertig mit Bezahlen und verließ den Supermarkt so schnell ich konnte. 

Draußen war es noch recht mild. Kein Wunder, den ganzen Tag über war es richtig warm gewesen, was total ungewöhnlich für Deutschland war. Normalerweise gab es hier nicht solche angenehm warmen Temperaturen. Entweder war das Wetter schlecht oder es war viel zu heiß. 

Ich musste nicht lange laufen, bis ich nach rechts abbog in eine kleine Seitenstraße einbog, wo ein Van vor einigen Mülltonnen geparkt stand. In diesem Van wohnte ich.

Ich kramte ich in meiner Hosentasche nach meinem Schlüssel und nachdem ich ihn gefunden hatte, betätigte ich ihn und öffnete die Beifahrertür. Von dort aus kletterte ich nach in den freien Raum des Wagens, den ich zu meinem Lebensbereich umfunktioniert hatte. Ich hatte mir sogar einen kleinen Kühlschrank eingebaut, auf dem Boden lag eine Matratze, auf der ich immer schlief, daneben lag mein Computer, der mein ganzes Leben bestimmte und einige Klamotten, die ich nicht zusammengelegt hatte. Ich kletterte über diese hinüber und packte meine Einkäufe in den Kühlschrank oder stapelte sie daneben auf. Not machte erfinderisch und hier in dem Van hatte ich mir mein ganz eigenes Leben aufgebaut. Und mir gefiel das. Ich mochte den Gedanken, das ich mir das alles selber aufgebaut hatte und ich mochte den Gedanken, dass ich hier ganz unabhängig von alles und jedem war.

In dem Moment klopfte es vorne an der Tür. Vor Schreck hätte ich fast das Paket Eier fallen gelassen, dass ich gerade aus der Einkaufstasche geholt hatte. Zum Glück fing ich mich blitzschnell wieder. Kopschüttelnd stellte ich die Eier in den Kühlschrank, bevor ich nach vorne kroch und die Tür öffnete.

Wie ich es vermutet hatte, stand Luis lässig an den Van gelehnt vor mir. Luis und ich, das war wirklich kompliziert. Er hatte viel Geld, war erfolgreich, gut aussehend, gefragt - das alles war ich nicht. Trotzdem schien er einen Narren an mir gefressen zu haben, denn er tauchte dauernd bei mir auf und wollte irgendetwas. Mal einfach nur quatschen, mal war es auch mehr. Ich musste zugeben, er sah verdammt gut in seinem Anzug, den er eigentlich immer trug, mit seinen braunen Haaren, den grünen Augen und der sonnengebräunten Haut. Aber ich war mir bei ihm nicht sicher, ob er ehrlich an mir interessiert war oder ob er mich einfach nur faszinierend fand, weil mein Lebensstil den kompletten Gegensatz zu seinem eigenen zeigte. 

"Maria", begrüßte er mich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

"Was machst du hier, Luis?", fragte ich ihn.

"Ich wollte dich sehen."

Ich musste auch lächeln. Ich mochte es, wenn er mich einfach so besuchen kam. Dann gingen wir oft essen oder spazieren. 

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