Der Spuk ist vorbei

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Nach einer Stunde mentaler Vorbereitung, schlich ich mich wieder zur Hintertür, um von dort aus zu starten. Der Himmel war immer noch Wolken verhangen, aber der regen hatte aufgehört. Eigentlich ein gutes Zeichen. Leise ließ ich die Tür wieder ins Schloss fallen. Zog mir die, immer noch nasse, Kapuze wieder über den Kopf und machte mich auf den Weg. Nur blieb ich bereits an der Straße schon wieder planlos stehen. Ich wusste zwar, wo der Containerhafen war, schon wieder Brooklyn, aber wie ich auf die Stelle dorthin kommen sollte, war mir ein Rätsel. Geld für ein Taxi hatte ich keines und zum Schwarzfahren mit dem Bus fehlte mir der Mut.

>>Ich werde sicher nicht wieder fünf Stunden durch die Gegend latschen!<<

Also blieb mir doch nichts anderes übrig als den Bus zu nehmen.

>>Um meine Unschuld zu beweisen, werde ich zum Schwerverbrecher... echt klasse.<<

Die nächste Bushaltestelle war schnell gefunden und als das Gefährt dann kam, war mein Puls wahrscheinlich schon bei 180.

Als die erste fahrt ohne Probleme überstanden war, musste ich noch in eine S-Bahn steigen, die um diese Uhrzeit nicht schlecht besucht war. Ich fand noch einen Platz neben einer alten Dame, da diese ja bekanntlich äußerst ruhig waren. Nur hatte ich wohl das falsche Exemplar erwischt. Die Bahn war nicht einmal zehn Sekunden unterwegs, da hielt sie mir auf einmal ein Foto unter die Nase.

„Schauen Sie mal, das ist mein Enkel. Er ist gerade erst fünf Jahre alt geworden.“

Meine Verwirrung stand mir wahrscheinlich ins Gesicht geschrieben.

„Aha...“

„Ich habe ihn so lange nicht mehr gesehen. Sie müssen wissen, er wohnt mit seinen Eltern in Kalifornien.“

„Aha...“

„Mein Sohn besitzt dort ein wunderschönes Haus mit Garten. Er ist Börsenmakler.“

„Schön...“

Ich hatte mich schon oft gefragt warum alte Leute immer so viel redeten, aber diese übertraf ja alles. Um nicht unhöflich zu erscheinen, nickte ich einfach nur, als sie auch noch mit ihren Krankheiten und was nicht alles anfing.

„... und er sagte dann das das Regal da gar nicht hin passen würde. Aber das tat es. Ha, ha.“

>>Hilfe...<<

Als sie einmal in ihrer Handtasche herum suchte, nutzte ich die Gelegenheit um die Augen zu verdrehen und zu seufzen. Mein Pokerface war schnell wieder aufgesetzt als sie sich wieder mir zu wandte.

„... Margret sagte doch tatsächlich das es am nächsten Tag regnen würde. Aber das tat es nicht. Unglaublich, oder?“

„Ja, sicher.“

>>Wer zur Hölle ist Margret?<<

Zu meiner großen Erleichterung kam die Station an der ich raus musste, endlich in Sicht. Schnell sprang ich auf und stellt mich vor die Tür, die keinen Meter entfernt war.

„Oh, Sie müssen schon raus? Schade. Dabei haben wir uns doch so gut unterhalten. Was haben Sie denn heute Abend noch vor?“

Okay, jetzt musste ich wirklich grinsen. Und konnte mir den nächsten Satz einfach nicht verkneifen.

„Ach, eigentlich nichts besonderes. Ich treffe wahrscheinlich nur ein paar Typen die mich töten wollen, weil ich angeblich einen ihrer Kollegen auf dem Gewissen habe. Vielleicht muss ich wieder ein paar Pfeilen ausweichen, mich vor herumwirbelnden Autos in Acht nehmen oder mich in einen riesigen Wolf verwandeln. Nichts besonderes also.“

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