XIII

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Die beiden saßen mehrere Minuten lang auf dem Boden. Michael lag halb auf dem Boden und halb in Lucifers Arm, während er seinen Kopf an dessen Torso presste und sich mit den Händen in dessen T-shirt festkrallte und laut schluchzte. Derweil kniete Lucifer auf dem Boden und hielt den dunkelhaarigen im Arm, ihm dabei sanft über den Hinterkopf streichelnd. Er wusste zwar nicht, was Michael in diese Mentale Verfassung verfrachtet hatte, jedoch fragte er auch nicht danach. Entweder würde Michael ihm von sich aus erzählen was los war, oder eben nicht. Zwar war Lucifer schon immer unglaublich neugierig, jedoch wollte er seinen Mitbewohner auch nicht zu irgendetwas drängen. Es ging ihm ja bereits schlecht genug und er brauchte offensichtlich jemandem, bei dem er sich ausweinen musste, also würde er definitiv nicht danach fragen.
Irgendwann hatte Michael keine Tränen mehr, und lag nur noch zitternd in dessen Armen. Seine Augen brannten und seine Wangen ebenso. Letzteres lag aber eher an seinem Ego. Verdammt, Michael. Wieso zeigst du solche Schwäche? Fauchte er sich innerlich selbst an. Jetzt hängst du wie ein Loser hier herum! Er versuchte sich aufzurichten und sah dann in Lucifers Gesicht. Entgegen seiner Erwartungen wirkte Lucifer jedoch tatsächlich ruhig und ein Hauch von Besorgnis lag in dessen Hellblauen Augen. Mike hatte mit allem gerechnet, mit Hohn, mit Spott, mit angewiderten Blicken, falschem Mitleid ... Aber nicht damit, dass Lucifer scheinbar tatsächlich irgendwie besorgt wirkte, das kam überraschend. "Ich uhm ... Entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten ..." Murmelte Michael mit leicht erstickter Stimme. Lucifer sah ihn fassungslos an. "Du ... Entschuldigst dich für einen Nervenzusammenbruch? Michael, das ist etwas wofür man sich nie entschuldigen muss oder sollte!" Michael wurde plötzlich wieder unwohler, jedoch auf eine andere Art als zuvor. Irgendwie erinnerte ihn dies an Gespräche, welche er mit seinem Vater diesbezüglich geführt hatte. "Weinen ist Schwäche, Michael. So wirst du niemandem jemals irgendwie nützen. Sieh das endlich ein." Die Worte seines Dads waren ihm durch den Kopf geschossen und er schlang automatisch, wie um sich vor irgendetwas zu schützen, die Arme um seinen Oberkörper und sah zu Boden. "He Michael? Was ist los?" In Lucifers stimme lag weder Spott noch Genervtheit und trotzdem war Michael sich nicht sicher, ob Lucifer es wirktlich ernst meinte. "Ich ehm ... Erzähle es dir bei Zeiten mal, okay? ..." Der blonde Teenager musterte den Älteren. Offensichtlich belastete ihn die Sache sehr, aber er wirkte unsicher, was Lucifer dazu brachte zu nicken. Er sollte sich nicht noch bedrängt fühlen, schlecht genug ging es ihm ja eh bereits. Danach herrschte Stille, bis der schwarzhaarige sich leise räusperte: "Ehm ... Ich sollte zu den Waschräumen unten gehen. Ich sehe garantiert furchtbar aus. Du kannst dann vielleicht auch mal dein Shirt abtrocknen." Dabei schaute er auf die nassen Stellen auf dessen Oberteil, welche von seinen Tränen kamen. "Wieso gehst du denn dafür nicht einfach ins Zimmer?" "Am Wochenende sind zu viele Leute auf den Gängen bei den Zimmern. Ich will nicht, dass mich irgendjemand so sieht. Mit Ausnahme von dir, dafür ist es eh zu spät. Im Schulgebäude ist jedoch kaum einer und die Toiletten unten sind ebenfalls meistens vollkommen leer. Mit diesen Worten stand der Junge ganz auf und ging auf die Türen zu, jedoch blieb er abrupt stehen. Stimmen. Er hörte Stimmen. Zögernd ging er auf die Tür zu und legte sein Ohr an die Tür. Als er die Stimmen erkannte schluckte er. Ruby, Crowley, Bela und Lillith. "Na super ..." Murmelte dieser leise zu sich selbst und ging rückwärts wieder zurück zu Lucifer. "Ich ... denke, dass ich doch noch für eine Weile hierbleibe ..." "Wieso das denn?" "Da draußen sind Crowley, Ruby, Bela und Lillith. Die sollen mich so ja nicht sehen. Lucifer stand auf und ging zu Michael, griff nach dessen Handgelenk und zog diesen Richtung Tür. "Ey! Was soll das?! Ich will da nicht raus!" Protestierte Michael, relativ leise, da er von den anderen nicht gehört werden wollte. "Hör zu: Senk den Blick beim gehen und sag kein Wort, um alles andere kümmere ich mich. Mach dir darum mal keine Gedanken, ja? Vertrau mir einfach." Michael seufzte leise aber willigte doch recht schnell ein. Bisher hatte Lucifer ihn nicht irgendwie schlecht darstehen lassen, also hoffte er einfach, dass dieser es auch heute nicht tun würde. Er senkte somit den Kopf und wollte die Tür öffnen, jedoch hielt Lucifer ihn noch einmal zurück: "Stop. Eine Sache fehlt noch." Bevor Michael fragen konnte wovon Lucifer redete, fing dieser auch schon an ihm durch die Haare zu wuscheln, bis ihm einzelne Strähnen ins Gesicht fielen. "Und das hast du jetzt warum getan?" "So wird dein Gesicht etwas mehr verdeckt als zuvor, dadurch fallen deine geröteten Augen weniger auf." "Danke ..." Der dunkelhaarige senkte nun erneut den Kopf und ließ Lucifer die Tür öffnen und sich herausziehen während er hoffte, dass man sie nicht beachten würde. Dieser Gedanke war jedoch ziemlich naiv. "Wieso treibt ihr zwei euch denn in der Bibliothek herum? Noch dazu am Wochenende? Gehört ihr jetzt zu den Notgeilen Teenagern die hier ihre Ruhe suchen?" "Streich das Not weg, dann passt es," Erwiderte Lucifer daraufhin jedoch nur trocken auf Rubys kommentar ähnliche Frage. "Selbstverliebt bist du auch gar nicht, wie?" "Nö, tatsächlich nicht." Derweil schob er Michael sanft aber bestimmt an ihnen vorbei. "Warum hört der Streber eigentlich auf dich?" "Er hört doch gar nicht auf mich?" "Du schiebst ihn den Gang entlang und er beschwert sich nicht. Normalerweise hat der total den Stock im Arsch und hasst es auch nur ausversehen angesehen zu werden." "Tja, man muss nur wissen wie man mit ihm umzugehen hat." Daraufhin sah Crowley ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an. "Meintest du nicht eher 'Man muss wissen wie man den Stock zu benutzen hat'?" Dieser trockene Satz brachte Michael dazu sich beinahe an seiner eigenen Spucke zu verschlucken und er spürte wie sein Gesicht rot anlief. "... Oder das." Lucifer wusste nicht was genau er sonst darauf hätte antworten sollen, ohne das es nicht so klingt als wollte er sich verzweifelt rechtfertigen. Somit grinste er nur kurz und schob den dunkelhaarigen Jungen den Gang entlang, raus auf den Schulhof.


"Lucifer!" "Was denn?" "Musst du immer solche eindeutig zweideutigen Antworten geben?!" "Naja, den Kommentar hat Crowley gebracht. Ich hab nur dafür gesorgt, dass man nicht genauer nachfragt. Aber hey, niemand hat bemerkt, dass du geweint hast." Damit hatte er recgt, Niemand schien es bemerkt zu haben. "Na, immerhin etwas ..." Murmelte Michael und ging langsam über den Schulhof auf die Waschräume zu. Er hielt den Kopf noch immer gesenkt, da seine Wangen noch immer glühten, aufgrund dem Kommentar vor ein paar Minuten. Wie bereits gesagt war es sehr leicht Michael in Verlegenheit zu bringen. Vor allem mit solchen Dingen.  Als er die Tür zu den Toiletten öffnete wartete er einen kurzen Moment, damit er sich sicher sein konnte, dass niemand sonst hier war. Halleluia ich bin alleine! Michael ging zum Waschbecken und sah seinem Spiegelbild entgegen. Oh Gott, ich sehe grausam aus ...  Dank Lucifer waren seine schwarzen Haare durcheinander und vollkommen ungeordnet. Seine Augen waren gerötet und wirkten leicht angeschwollen, wie es nun einmal so war wenn man weinte. Außerdem brannten sie höllisch. Aus Reflex fuhr sich der 17-jährige mit den Händen über die Augen, ließ sie jedoch schnellstens wieder sinken. "Das macht es nur schlimmer ..." Er ließ die Hände auf den Rand des Waschbeckens sinken und musterte sich selbst weiterhin. Super. Mein Gesicht ist ja noch roter als ich dachte ... Er fuhr sich mit den Händen über die Wangen, nur um festzustellen das sie genau so hitzig waren wie sie sich anfühlten. Mein Schamgefühl kann auch mal etwas zurückschrauben. Ich gerate ja aundauernd in Verlegenheit. Vielen Dank an Lucifer und sein nicht vorhandenes Taktgefühl! Er drehte den Wasserhahn auf, formte mit den Händen eine Art Schale und ließ das kühle Wasser hineinlaufen, nur um sich danach mit den nassen Händen über das Gesicht zu fahren. Dies wiederholte er solange, bis sein Gesicht wieder normaler aussah und er sich nicht mehr fühlte als hätte man seine Wangen mit der Heizung verbunden.


If Heaven falls for hell [Michifer]Where stories live. Discover now