„Du hast doch den größten Schaden, den ein Mensch jemals hatte, oder?", Ian sieht mich fassungslos an. Seine Arme hatte er fest vor der Brust verschränkt. Ich hatte ihm alles erzählt. Die ganze Geschichte von vorne bis hinten und er hatte die letzten Minuten damit verbracht mich fassungslos anzustarren.
„Das ist Chase, Charlie. Der Chase, der dir ein Messer in die Schulter gerammt hat", er kreiste seinen Finger neben seinem Kopf und unterstrich somit seinen nächsten Satz:"Fällt es dir wieder ein oder hat er dir schon das Hirn rausgeballert". Ich wurde rot, das war zweideutig.
Ian seufzte erneut und ließ seine Hand sinken:"Ich werde euch nicht verpetzen oder so... immerhin bist du mein bester Freund... mit gewissen Vorzügen", er grinste automatisch etwas und auch auf meine Lippen schlich sich ein stummes Grinsen. „Danke, Ian. Das bedeutet mir sehr viel, du wirst sehen, Chase ist gar nicht so schlecht, wie man denkt"
„Ich werde sehen? Denkst du ernsthaft ich komme zu dir und esse mit meinem besten Freund und einem Knasti in Ruhe Pizza? Vergiss es", er zeigte mir einen Vogel und nahm einen Schluck von dem Tee, den die Kellnerin gebracht hatte.
„Na gut.... aber dann muss ich dich besuchen", ich strich mir Locken aus dem Gesicht und betrachtete den leeren Teller, von dem ich vorhin noch Käsekuchen gegessen hatte. „Naww. Vermisst du sonst den Sex oder was?", grinste er und stellte die Tasse wieder ab.
Ich verdrehte nur die Augen:"Ich habe auch Bedürfnisse, okay?", ich schenkte ihm ein weiteres Lächeln und überschlug meine Beine. „V...verzeiht die Verspätung, ich ha..ha..hatte noch Hausaufgaben", mein kleiner Bruder lächelte flüchtig, setzte sich schnell und legte seine Tasche ab.
„Hey Simon, schön dich wieder zu sehen", Ian klopfte ihm auf die Schulter und auch ich wuschelte ihm durch die Haare:"Ja, hab dich nicht mehr gesehen, seit ich aus dem Krankenhaus raus bin". Mein Bruder lächelte ein wenig:"E..es ist auch schön e..euch wieder z..z..zu sehen".
Dass er stottert, hat mich noch nie gestört. Ich bin so mit ihm groß geworden und so war ich es gewohnt. Das einzige was mich immer gestört hatte, waren die Kinder, die sich über ihn lustig gemacht haben, die ihn gemobbt haben oder es immer noch tuen. Aber auch daran gewöhnt man sich, man lernt sie zu ignorieren.
—
„Naja, jedenfalls, nenn ihn einfach Chase, er reagiert darauf. Sein echter Name passt nicht wirklich zu ihm und außerdem solltest du ihn nicht wissen, das könnte dich in Schwierigkeiten bringen." Ich hatte beschlossen Simon mit zu mir zu nehmen und einen Film mit ihm zu schauen. In letzter Zeit war er einfach zu kurz gekommen. Natürlich hatte ich ihm von Chase erzählt, er war zu schlau als dass ich ihn anlügen könnte.
Und mit schlau meine ich wirklich schlau. Simon war nicht nur hochbegabt, er ging mit seinen 18 Jahren bereits auf die Uni. Ich war stolz auf ihn, sehr stolz. Vor allem weil er seine Wissensstärke nicht raushängen ließ oder damit prahlte.
Als ich die Tür aufschloss hörte ich bereits leise Stimmen. Ich trat mit Simon ein und bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, mit wem sich Chase da in meiner Wohnung unterhielt stand Zero plötzlich vor mir, grinste mich breit an:"Na wenn das nicht mal Charlie ist. Wie gehts dir, Kumpel", er zog mich sofort in eine Umarmung.
Überfordert riss ich die Augen auf:"Zero... w.. was machst du denn hier? Du bist doch im Gefängnis?!". Mein Gegenüber grinste breit:"Offensichtlich ja nicht, weißt du, das ist eine lange Geschichte, die ich dir... Ouh, hallo", seine Begrüßung galt meinem kleinen Bruder, den er hinter mir erblickt hatte und sofort hielt er ihm seine Hand hin:"Ich bin Zero und du bist echt genauso hübsch wie dein Bruder", ich zog die Augenbrauen zusammen:"Woher weißt du, dass...", ich wurde unterbrochen:"Wir haben dich gecheckt, nachdem wir dich das erste mal gesehen haben. Und deine Familie gehört zu dir"
Chase kam aus der Küche, seine Hände steckten in seinen Hosentaschen und er lächelte mich ein wenig an:"Hey, Charles", er nickte mir leicht zu und ich nickte ebenfalls ein wenig. Simon sah überfordert aus, er lächelte schwach, sah hoch zu Zero:"Ouh, Ähm, d..Danke", er fuhr sich kurz durch die kurzen Haare.
„Wie wäre es, wenn wir in die Küche gehen und du zeigst mir welchen Alkohol dein Bruder so da hat. Die beiden haben etwas zu besprechen", Zero musterte Simon während er das sagte und sah mich dann an, woraufhin ich sofort eine Augenbraue hochzog und zu Chase sah:"Haben wir das?"
Chase nickte leicht:"Ja... haben wir. Komm mit, Kleiner", er ergriff meine Hand und zog mich quer durch den Flur in mein Schlafzimmer, nachdem Simon und Zero in der Küche verschwunden waren. Chase sah ein wenig besorgt aus, seine Haare fielen ihm ins Gesicht, seine Gesichtszüge waren hart und angespannt während er sich aufs Bett setzte und ich neben ihm Platz nahm:"Worum gehts?", ich legte den Kopf ein wenig schräg.
Chase seufzte, rieb seine Hände gegeneinander und sah mich dann an:"Hör zu... jetzt wo Zero aus dem Knast ausgebrochen ist kann er wieder auf mich aufpassen, wir können wieder zusammen untertauchen... ich werde dir nicht mehr auf den Nerv gehen, du kannst wieder ein ungestörtes Leben führen, aber....", er seufzte erneut und sah mir in die Augen:"Ich würde vorher gerne sagen, dass ich dir dankbar bin. Dass du es warst, der mich aus großer Gefahr gezogen hat, okay? Danke."
Ich blinzelte, das war schnell, sehr schnell. Hatte er mir gerade gesagt, dass er gehen wird? Dass er dankbar ist und gehen wird? Hat er sich gerade von mir verabschiedet? Ich atmete durch, fuhr mir durch die Locken und überschlug die Beine. War es nicht das, was ich mir gewünscht habe, seit er hier ist? Und wenn ja, warum fühlt es sich so ungut an?
Ich sah ihn an, begann langsam zu nicken:"Kein Problem, gern geschehen. Also, wirst du mit ihm gehen und... wir sehen uns nie wieder?", fragte ich vorsichtig und verkrampfte mich augenblicklich bei dem Gedanken daran ihm für immer Auf Wiedersehen zu sagen.
Chase begann sofort zu grinsen:"Was? Nein?! Wie kommst du denn darauf?", er lachte kurz:"Als ob ich mich jetzt einfach verpisse und nie wieder komme!", er legte eine Hand auf meine Schulter:"Hast du das jetzt echt gedacht?!". Ich spürte, dass meine Hände zitterten, ich hatte mir auf die Lippe gebissen und Tränen waren mir in die Augen gestiegen. Die Vorstellung hatte mich, warum auch immer, extrem traurig gemacht. Es war mittlerweile normal für mich, dass Chase hier lebte. Ich hatte mich daran gewöhnt und zwar in positiver Weise.
Chase bemerkte plötzlich, wie ernst mir das war und sein Gesichtsausdruck wurde sofort besorgt:"Hey, Charlie. Ich werde dich nicht einfach verlassen. Du hast so viel für mich getan. Kleiner, hör auf zu weinen, ich bin doch da", er zog mich sofort erschrocken an seine Brust. Tränen liefen mir über die Wangen. Das hatte mich unerwartet fest getroffen. Ich krallte mich in Chases Shirt, drückte mich an ihn und schloss die Augen, um mich zu beruhigen.
Seine Arme legten sich um mich, er zog mich näher zu sich und strich mir dann mit einer Hand durch die Haare:"Charlie ich komme so oft ich kann vorbei okay? Du wirst immer wissen wo ich gerade meinen festen Sitz habe, ja?"
Ich beruhigte mich irgendwann, nickte, löste mich aus Chases Griff:"Was für Zeitspannen werden das sein? In denen wir uns nicht sehen?", ich wischte mir die Tränen weg und verschränkte dann die Arme vor der Brust. Chase zuckte die Schultern:"Ich weiß nicht. Alle 4, 5 Monate..?".
Mir klappte der Mund auf.... das war lang.
————
Lucy. x

DU LIEST GERADE
beauty in the beast
RomanceDie Wege von Charlie, einem Polizisten mit etwas ungünstiger Berufswahl und Chase, dem meist gesuchtesten Mann Londons, kreuzen sich unerwartet und beide werden vor die wohl schwierigste Frage gestellt: Herz oder Kopf? BoyxBoy