♕ 28 • Bettgeflüster♛

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Taehyung

Verwirrt folge ich dem Krach, der aus dem Flur in der Nähe von dem kommt, in dem sich mein Gemach befindet. Ich war wieder auf der Mauer und habe Richtung Norden geblickt, eine ganze Weile stand ich einfach nur so da, als würde irgendjemand, den ich kenne, kommen wenn ich nur lange genug hinsehen würde. Um ehrlich zu sein weiß ich nicht, warum ich mich immer wieder hin stelle und wie ein bescheuerter den ganzen Tag nur so da stehe ohne mich zu regen, sogar Baekhyun, der mich jedes Mal begleiten muss, muss mich mittlerweile für verrückt halten, ja sogar ich tue das.

Ich habe es selber gesagt, Illiora war nie meine Heimat, ich habe sie nie als solche angesehen. Wenn man all die Jahre in den eigenen Gemächern eingesperrt war, kommen einem die Mauern mit der Zeit immer kühler, immer hässlicher vor. Sie rücken näher aneinander heran, bis du das Gefühl hast sie erdrücken dich und dann ist der einzige Gedanke, der dir noch Freude bereitet der einer Flucht. Ich habe mir stets vorgestellt, wie die Welt außerhalb der Mauern aussehen würde und ich frage es mich nach wie vor, aber ich bin längst nicht mehr so Naiv, wie ich es damals war. Skravis hat mir gezeigt, dass Mauern manchmal nicht so schlimm sind und Gefangenschaft überleben bedeuten kann, auch wenn das leben da ausbleibt.

Zurück nach Illiora möchte ich nicht, aber ich möchte auch nicht hier bleiben. Alles was ich möchte ist einen Ort zu finden, den ich zu Hause nennen kann, mehr verlange ich nicht, aber das scheint den Göttern wohl am schwersten zu fallen, wen wundert es auch? Manche Menschen suchen ihr Leben lang nach einem zu Hause und finden nie eines. Vielleicht werde ich einer von ihnen, jemand der sein ganzes Leben nur der Suche widmet ohne jemals das Ziel vor sich zu sehen. 

Ich deute Baekhyun an sich neben die andere Wache zu stellen als ich in dem Flur ankomme, aus dem die lauten Geräusche kommen. Es ist das erste mal, dass ich in diesem Teil des Schlosses bin, ich habe mich bisher aber auch immer in den selben Bereichen aufgehalten und mir keine Mühe gegeben die anderen zu erkunden. Alles was ich wissen muss ist der Weg von meinem Gemach zu den Mauern, zum Innenhof und zum Speisezimmer, der Rest ist überflüssig. 

Es ist ein Mann, der den Krach zu verantworten hat und noch dazu ein Mann, den ich noch nie gesehen habe. Die Bediensteten hier unterscheiden sich nicht groß von denen, die ich bereits in Illiora kannte. Bis auf Baekhyun geht mir jeder auch hier aus dem Weg. Auf den Fluren begegnen sie mir mit gesenktem Kopf, meinen Namen sprechen sie nicht aus, als könnte alleine seine Erwähnung sie verfluchen. Sie alle sind in meinen Augen gleich, nicht etwa weil sie Bedienstete sind, sondern weil ihre Furcht mir gegenüber mir bereits viel zu bekannt ist um sie für mich noch irgendwie interessant zu machen. Dieser Bedienstete wäre mir allerdings aufgefallen, wenn ich ihn bereits gesehen hätte, das habe ich aber nicht. 

"Eure Hoheit, kommt sofort da raus!", ruft er ein weiteres mal und klopft wie wild gegen die Tür. Eure Hoheit? Das muss also entweder das Gemach des Königs oder des Prinzen sein, die Prinzessin kann ich ausschließen, ihres befindet sich im Westflügel und ich bezweifle, dass dieser Bedienstete so ungebildet wäre den König mit Hoheit anzusprechen. Das hier muss also das Gemach von Jungkook sein und es war die ganze Zeit ganz in der Nähe von meinem, nur zwei Flure weiter. 

Ich gehe auf den Bediensteten zu und stelle mich direkt hinter ihn während er weiter wie ein Wilder gegen die Holztür klopft und mich erst Sekunden später bemerkt. Mit gerunzelter Stirn sieht er mich missbilligend an, die rosa Haare kleben an dem Schweiß seiner Stirn, die Schuhe sind bereits abgetragen und die Hände zeigen deutliche Spuren von harter Arbeit. Erst als ich den Blick hebe und die Kapuze abstreife, weiten sich seine Augen als ihn die Erkenntnis mit einem Mal trifft. 

Kurz wandert sein Blick an mir hinunter bevor er sich sofort gerade hinstellt und verbeugt. "Entschuldigt meine Unhöflichkeit und mein unmögliches Verhalten, Eure Hoheit. Ich bin gerade erst zurück aus dem Ausland, ich hatte noch nicht die Ehre Euch zu begegnen."

"Lass das", sage ich sofort und schüttle den Kopf als er mich verwirrt ansieht. "Du brauchst dich mir gegenüber nicht gezwungen höflich auszudrücken, quäl lieber den Prinzen mit dem klopfen an seine Tür weiter."  

Joohyun hat mir bereits einiges über Jungkook erzählt, unter anderem das er ein Langschläfer ist und es nicht leiden kann am Morgen geweckt zu werden. Es ist zwar bereits Mittag, aber der Prinz scheint trotzdem nicht ans aufstehen zu denken, da lasse ich mir den Spaß dabei zuzusehen wie er grob aus dem Schlaf gerissen wird nicht nehmen. Ich verschränke die Arme vor der Brust und beobachte die Tür als der Bedienstete sich nach einer kurzen Verbeugung wieder umdreht. Er hebt bereits wieder die Hand um anzuklopfen, aber er kommt gar nicht erst dazu erneut mit der Faust dagegen zu hämmern, denn die Tür öffnet sich mit einem lauten Ruck. 

"Hier, ich bin sowieso fertig mit ihr", sagt ein verschlafener Jungkook, die Augen noch halb geschlossen als er jemanden hinter sich her, den er dann in den Flur schubst. Das lächeln, das ich mir eben noch vor lauter Schadenfreude nicht verkneifen konnte, verschwindet sofort und weicht einem schockierten Ausdruck während ich die Frau beobachte, die er aus seinem Gemach geschubst hat und die gerade halb nackt ihre Klamotten aufsammelt. Sie hat langes, weißblondes Haar, die Augen leuchten in einem hellen Grün, das erkenne ich, obwohl sie den Blick beschämt und mit hochrotem Gesicht gesenkt hat.

Mir wird heiß und Tränen bilden sich in meinen Augen, aber ich versuche sie weg zu zwinkern als ich den Blick hebe und Jungkook ansehe. Auch bei ihm ist es mehr als nur offensichtlich, was bis vor kurzem in seinem Gemach vorgefallen sein muss. Er trägt kein Hemd, keine Jacke, sondern steht vollkommen Oberkörperfrei vor uns, die Hose noch offen und die Haare unordentlich, als sei er gerade erst aus dem Bett gekommen, was ganz offensichtlich auch der Fall ist. 

Auch er hat sich den Schlaf mittlerweile aus den Augen gewischt und sieht mich nun direkt an. Von der Abfälligkeit, mit der er gerade über die Frau auf dem Boden geredet hat, ist nichts mehr übrig. Sein Mund ist geöffnet, bereit etwas zu sagen, aber er tut es nicht. Er ist vollkommen Still, überrumpelt von der Überraschung mich hier zu sehen und auch ich weiß nicht, was ich zu all dem sagen soll. 

Ich bin wütend, aus irgendeinem mir unbekannten Grund rase ich gerade vor Wut und der einzige Grund, warum ich ihm nicht sofort an die Gurgel gehe ist die, dass ich nicht das Recht dazu habe. Diese Wut hat einen Ursprung, der mir nicht bekannt ist, aber er zerfrisst mich, er macht mich fertig. Ich drehe das Gesicht zur Seite und zwinge mich noch einmal zu einem Lächeln dem Bediensteten mit den außergewöhnlich rosanen Haaren gegenüber bevor ich mich einfach umdrehe und mit Baekhyun hinter mir verschwinde. 








× × × × ×

Kapitel 5/5 und damit wieder das Ende einer Lesenacht, ich hoffe sie hat euch gefallen ♡

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