♕ 27 • Was wir geben mussten♛

1.5K 235 25
                                    


Jungkook

"Jungkook!", höre ich eine hohe Stimme fröhlich meinen Namen rufen, aber ich bekomme nicht mehr die Chance mich umzudrehen, da haben sich bereits ihre Arme um meinen Hals und die Beine um meine Hüfte geschlungen. Ich muss lachen als ich ihr langes Haare spüre, das mich am Hals kitzeln und spätestens jetzt wüsste ich um wen es sich handelt. Ich bin nach wie vor immer wieder überrascht von ihrer guten Laune, viel zu lange hat sie mit Trauern verbracht, sodass es mir jetzt so unwirklich vor kommt sie lächeln statt weinen zu sehen, aber es macht mich auch glücklich.

Ich kneife in ihren Arm und drehe mich zu ihr um als sie von mir los lässt und sich auf die Beine fallen lässt. Sie hat ihre Unterlippe über die obere geschoben, die Augenbrauen so zusammengezogen, dass die Falte dazwischen sichtbar wird, wie ein beleidigtes kleines Kind eben und das bringt mich nur noch mehr zum lachen.

Wie sehr habe ich diese Zeiten vermisst, viel zu viel Trauer und Verlust hing über dieser Familie. Wir mussten zuerst den Tod unserer Mutter verkraften, vor allem Joohyun und sogar Vater traf das ziemlich hart, auch wenn dieser recht schnell darüber hinweg gekommen zu sein schien. Wir rappelten uns irgendwie auf, wir schöpften Kraft aus allem möglichen und standen das gemeinsam durch, aber als dann auch noch ihr Ehemann starb, war das zu viel für eine so empfindliche Seele wie Joohyuns. Ich dachte sie wäre daran zerbrochen, aber in den letzten Monaten erkenne ich in ihr immer mehr von der Schwester wieder, die sie vor dem Tod ihres Mannes war.

"Bist du hier um mich zu nerven?", frage ich gespielt genervt, kann das Lächeln bei ihrem beleidigten Gesichtsausdruck allerdings nicht zurück halten.

Sie schüttelt den Kopf und stützt ihre Hände an den Hüften ab. "Eigentlich bin ich hier um mit meinem Bruder zu sprechen, aber es scheint als befände sich gerade ein Narr in seinem Körper. Dann gehe ich eben dem Prinzen von den guten Nachrichten erzählen."

Sie dreht sich langsam um, wissend das es meine Neugier nicht zulassen wird sie gehen zu lassen, oder zumindest denkt sie das. Neugier ist längst nicht mehr alles, was ich bei der Erwähnung des Prinzen verspüre ist viel komplizierter als das. Joohyun und er scheinen sich immer näher zu kommen und das mit rasanter Geschwindigkeit. Wenn ich ihr jetzt nicht zuhöre, dann wird sie tatsächlich zu ihm gehen und so egoistisch das auch klingen mag, ich möchte nicht das sie mehr Zeit als nötig mit ihm alleine verbringt. Nicht wenn ich das verhindern kann.

Ich strecke die Hand aus und lege sie auf ihre Schulter um sie daran wieder herum zu reißen. "Jetzt sei keine Drama-Queen. Erzähl schon, welcher Nagel ist dieses mal wie viele Zentimeter gewachsen?" Gespielt interessiert nehme ich ihre Hand in meine und tue so als würde ich ihre Nägel tatsächlich interessiert betrachten, aber sie holt lediglich mit der anderen Hand nach mir aus und schubst mich an der Schulter nach hinten.

"Trottel", sagt sie, muss sich das Lachen aber deutlich verkneifen.

"Jetzt erzähl schon."

Ich tue so, als wäre ich eigentlich gar nicht wirklich interessiert und als würde ich ihr nur zu hören, weil sie es mir unbedingt erzählen möchte, aber die Wahrheit ist, dass ich beinahe vor Neugier platze. Jooyhun kam in letzter Zeit öfter auf der Suche nach Rat zu mir. Nur weil der Prinz und sie sich näher kommen, heißt es nicht, dass nicht auch sie mit Sorgen zu kämpfen hat. Sie möchte alles richtig machen, möchte ihm gefallen und nicht zu anhänglich wirken, was ihr bisher eigentlich nie wirklich schwer gefallen ist.

Vor ihrer Ehe war Joohyun stets mehr als beliebt bei den Männern, sie wusste, wie sie ihnen den Kopf verdrehen musste. Sie spielte mit ihnen, ließ sie sich in sie verlieben und brach ihnen anschließend das Herz. Sie liebte es zu wissen, wie beliebt sie bei den Männern war und das war sie ohne Zweifel auch, darüber war sie sich im klaren, aber das hier ist das erste mal, dass sie sich der Zuneigung von einem Mann nicht sicher sein kann.

Ich weiß nicht, woher ihre Unsicherheit herrührt, es könnte mehrere Ursachen haben. Zum einen ist Taehyung der Prinz eines uns verfeindeten Landes und sie hat auch sehr klar mitbekommen, wie Vater über ihn spricht. Er hasst dieses Land, er hasst seinen König und sie hat Angst, dass er auch sie hassen könnte, aber das ist nicht alles. Taehyung ist nicht nur ein Prinz aus dem Süden, er ist auch noch verflucht, der letzte seiner Art und das macht ihn in ihren Augen zu etwas besonderem. Früher mussten die Männer sich um sie bemühen, jetzt ist es genau anders herum der Fall. Bei Taehyung ist alles anders als vorher, aber vielleicht sieht sie gerade darin das schöne, das neue.

"Vater trommelt gerade seine Berater zusammen. Sie planen nach deinem Geburtstag eine weitere große Feier." Ihr lächeln wird breiter während meines immer mehr verblasst, als mir eine Vermutung kommt, was das für eine Feier sein könnte.

"Die Hochzeit", sage ich leise und mehr zu mir selber als zu ihr, aber sie nickt begeistert und greift nach meinen Händen.

"Sie suchen ein festes Datum, Jungkook!" Erneut fällt sie mir in die Arme und schlingt ihre um meinen Hals. Normalerweise würde ich diese Umarmung sofort erwidern, so sehr hat mir die Nähe meiner Schwester in den letzten Jahren gefehlt, aber ich kann nicht. Ich bin vollkommen erstarrt, denn mit dieser Information hätte ich gerade nicht gerechnet.

Es sollte mich eigentlich nicht überraschen, diese Hochzeit ist überhaupt erst der Grund für Taehyungs Anwesenheit hier, aber in den letzten Monaten wurde sie nicht erwähnt und das hat dazu geführt, dass ich sie vollkommen verdrängt habe. Diese Hochzeit war mir von Anfang an ein Dorn im Auge, aber die Gründe dafür haben sich geändert. Anfangs wollte ich meine Schwester nicht an den schwachen Prinzen aus dem Norden hergeben, das Monster von dem jeder sprach, aber mittlerweile ist das genaue Gegenteil der Fall. Ich ertrage den Gedanken nicht Taehyung jemand anderem zu überlassen, aber mit diesem Gedanken ist es sowie mit den meisten meiner Gedanken: Sie sind überflüssig.

Am Ende des Tages zählt nur das, was für das Land am besten ist und das ist dieses Bündnis. Taehyung war von Anfang an für Joohyun bestimmt, ich hätte mich nicht einmal so sehr in seine Nähe begeben sollen, es ist meine eigene Schuld. Es ging nie um mich und Taehyung, es ging immer nur um unsere Länder und das wird sich auch nie ändern.














× × × × ×

Kapitel 4/5

Begin |Vkook|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt