♕ 2 • Das, was uns erwartet♛

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Taehyung

Ich höre meinen eigenen Schrei, so laut, dass es sich anfühlt als würden meine Ohren jeden Moment anfangen zu bluten. Panisch winde ich mich in meinem Bett, versuche heraus zu gelangen, als wären die Bettdecke und der Stoff unter mir noch immer die Köpfe der vielen Menschen in meinem Traum, aber das sind sie nicht. Das hier ist nicht mehr das furchtbare Bild, das sich mir vor wenigen Sekunden noch geboten hat, es ist nicht länger ein Traum, sondern die Realität.

Nur langsam realisiere ich, dass ich tatsächlich wieder in der Wirklichkeit angekommen bin, aber der Traum bleibt denoch erhalten. Ich sehe sie vor mir, die Köpfe und das Blut, ich spüre die Kälte des Winters auf meiner Haut, rieche den Geruch von Metall und Feuer, gemischt mit dem des Blutes all der Opfer und ich sehe mich selber. Es ist etwas, was ich nie werde vergessen können, das weiß ich jetzt schon, ich kann es ja nicht einmal für den Moment abschütteln.

Ich höre das klopfen an der schweren Holztür zu meinem Gemach, höre die bekannte Stimme meines Bediensteten, der wie wild dagegen klopft um sich zu erkundigen, ob es mir gut geht und doch bekomme ich keine Antwort zustande. Selbst wenn ich lügen wollen würde, selbst wenn ich ihm sagen würde das es mir gut geht, man würde mir diese Lüge ansehen.

Es ist nicht das erste mal, dass ich von etwas Träume, was mich selber zeigt, aber es ist das erste mal, dass es mir so Real vorkam, dass es so echt wirkte, das ich es mit der Angst zu tun bekam. Auch jetzt noch fällt es mir schwer mich an mein eigenes Gemach zu gewöhnen. Ich bin zwar wach, aber es fühlt sich denoch an als wäre ich noch dort.

In meinem Traum habe ich mich selber gesehen, kaum älter als ich es jetzt bin und doch verändert. Meine Haare waren viel länger, meine Augen heller und meine Arme zierten Male, die Aussahen wie Kunstwerke auf meiner Haut. Das war ich, den ich da gesehen habe und doch war es eine komplett andere Person.

Ich wirkte Stolz, so selbstsicher, als gäbe es nichts, was mir gefährlich werden könnte und alleine das reicht um mir zu zeigen, dass es weit weg von der Realität entfernt ist, aber das war nicht alles. Auf meinem Kopf trug ich eine Krone, aber nicht irgendeine. Es war die Krone des Königs, die meines Vaters, so voller Blut, dass man das Gold aus dem sie besteht kaum sehen konnte. Ich sah also nicht nur verändert aus und verhielt mich auch anders, ich trug sogar die Krone des Königs auf dem Kopf, aber das ist nicht der Grund für meine Angst, es ist was komplett anderes.

Denn ich befand mich nicht irgendwo, ich befand mich im Thronsaal dieses Schlosses, die Fenster weit geöffnet, sodass der eisige Wind des Winters den Schnee hinein tragen konnte, aber die Kälte machte mir nichts aus. Ich marschierte durch den Saal auf den Thron zu, aber dort wo eigentlich die Treppen hätten sein sollen die hinauf führen, lagen die Köpfe von Menschen. Es waren Menschen, die ich nicht kenne, vollkommen Fremde, aber unter ihnen sah ich auch die weit aufgerissenen Augen und die verformten Gesichter meiner eigenen Familie.

Ich bin auf ihren Köpfen auf den Thron zugelaufen ohne auch nur eine Miene zu verziehen.

Es war nur ein Traum, es sollte eigentlich nichts bedeuten, aber ich steigere mich denoch hinein, so sehr, dass ich nicht einmal bemerke wie die Tür von außen aufschwingt und der Bedienstete, der bereits seit Minuten gegen meine Tür hämmert, in den Raum gestolpert kommt. Der Schweiß bedeckt seine Stirn, seine Haare kleben dran und er wirkt so gehetzt, dass er sich nicht einmal dafür interessiert, dass das heiße Wasser im Krug daran hinunterläuft und seine Hand verbrüht. Alles wofür er gerade Augen hat bin ich.

Es ist das erste mal, dass er mich direkt ansieht, denn sonst ist sein Blick immer gesenkt, fast penibel darauf bedacht nicht meinen zu treffen, als könnte ich ihn bei dem geringsten Augenkontakt unabsichtlich verfluchen. Obwohl ich mir all die Jahre, die er bereits als mein Bediensteter tätig ist, gewünscht habe er möge mich doch einmal ansehen und nicht wie ein Biest behandeln, ist es mir plötzlich unangenehm so von ihm angesehen zu werden.

"Eure Hoheit, geht es Euch gut?", fragt er, stellt den Krug beiseite und tritt näher an mein Bett heran, bleibt allerdings sofort stehen als er wieder realisiert mit wem er hier spricht. Von einer Sekunde auf die andere verändert sich sein ganzes Verhalten, genauso seine Haltung mir gegenüber und es passiert, was immer passiert; er wendet den Blick ab. "Es tut mir leid einfach so herein geplatzt zu sein, es war nicht meine Absicht Euch in irgendeiner Art und Weise zu beschämen, aber ich habe Schreie gehört und dachte Euch sei irgendetwas passiert."

Es ist erneut fast so, als wäre ich aus einem Traum erwacht. Gerade noch hat er mich voller Respekt behandelt, hatte sogar Angst um mich und plötzlich wandelt sich diese Angst mir könnte was zugestoßen sein in eine Angst ich könnte ihm etwas antun. Manchmal fühlt es sich an, als würde bei den Menschen um mich herum ein Knopf umgelegt werden wenn sie mich sehen. Es reicht wenn ich anwesend bin, dafür muss ich nicht einmal was tun oder sagen. Sie fürchten mich ohne zu wissen wie ich wirklich bin, einfach nur für das was ich bin.

"Mir geht es gut", sage ich leise und betrachte die geröteten Stellen an seiner Hand. Er hat sich tatsächlich mit kochendem Wasser übergossen, nur weil er Angst hatte mir sei etwas zugestoßen. Er hat sich für mich verbrannt, etwas wofür ich ihm dankbar bin, aber was ich ihm nicht zeigen kann. Jeder Schritt auf ihn zu wird ihn nur weiter verschrecken, ich habe oft genug versucht mich ihm anzunähern und wurde jedes mal zurück gewiesen. Ich ertrage es nicht noch einmal wie ein Monster behandelt zu werden.

"Euer Vater verlangt Euch zu sehen, Hoheit. Wenn Ihr wünscht, bereite ich ein Bad für Euch vor." Er verbeugt sich, verharrt eine Weile in dieser Position und erhebt sich um meine Antwort abzuwarten. Trotz meiner Verwirrung über den ersten Teil nicke ich um ihm zu zeigen, dass ein Bad gerade tatsächlich nicht schlecht wäre. Am liebsten würde ich ihn natürlich fragen, ob er weiß weswegen mein Vater mich sehen möchte, aber das wäre sinnlos. Wenn er es wüsste, hätte er es mir bereits gesagt.

Was auch immer es also ist, das mein Vater persönlich mit mir besprechen möchte, es ist wohl viel zu wichtig um es mir über einen Bediensteten ausrichten zu lassen.

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