♕44 • Seok♛

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Jungkook

Er hat den Kopf gesenkt als er endlich den Raum verlässt. Seine wenigen Haare, die er sich immer sorgfältig zurechtlegt um die kahlen Stellen zu bedecken, sind komplett zerzaust, sein Gesicht, vor allem seine Wangen, deutlich gerötet.

Er zuckt zusammen als er mich sieht und hat die Hand bereits am Hänkel seiner Tür, aber er ist nicht schnell genug. Mit nur zwei Schritten habe ich die Distanz zwischen uns überwunden, packe ihn am oberarm und reiße ihn an mich. Ohne auf seine Schmerzlaute und seine Bitten ihn los zu lassen zu hören, zerre ich ihn hinter mir her durch den langen Gang.

Er ist nicht dumm genug um sich gegen mich zu wehren, er weiß wo er steht, auch wenn er sich anderen gegenüber wie ein hohes Tier benimmt, weil er den Schutz meines Vaters genießt, so weiß er das er keine Chance hat wenn es heißt er oder ich.

„Eure Majestät, wenn Ihr mich...-„

Ich presse ihn an die Wand als ich der Meinung bin wir sind weit genug entfernt um den neugieren Augen der Bediensteten aus dem Weg zu gehen und umschließe seinen Hals mit meiner Hand. Er reißt die Augen vor Schreck auf und was auch immer er gerade sagen wollte, er schluckt es herunter, denn mein Blick macht ihm unmissverständlich klar, dass ich nicht hier bin um wieder zu gehen.

„Ich habe meine Geduld dir gegenüber langsam verloren, also gebe ich dir eine Chance und wenn du sie nicht nutzt, wird der König sich nach einem neuen Berater umsehen müssen, also frage ich dich nur ein Mal: Was sollte das da drin?"

Ich kenne diesen Mann seit ich ein Kind bin, er steht schon sei Ewigkeiten in den Diensten meiner Familie. Damals begang er als einfacher Berater meines Großvaters und nach dessen Tod wurde er der meines Vaters. Ich weiß, dass er hofft er würde auch nach dessen Tod weiter hier arbeiten, aber ich habe keinen Platz für Männer wie ihn.

Als ich klein war, respektierte ich Seok. Er hat mir Angst gemacht, er sprach nie ein Wort der freundlichkeit mit Joohyun oder mir, alles was er immer für uns übrig hatte war eine respektvolle Verbeugung, aber dennoch verstand ich seine Wichtigkeit. Ich dachte, dass der König zwar die Verantwortung über so viele Menschen mit sich herum trägt, aber dass ein Berater den König stützt, dass er der Grund dafür ist, warum ein Land überhaupt geführt werden kann ohne in vollkommenem Chaos zu versinken.

Mir war klar, dass aus Seok und mir niemals Freunde werden würden, dafür war er viel zu Alt und er sieht die Dinge von einem anderen Standpunkt als ich, aber vorhin wurde mir deutlich, dass das nicht das einzige Problem zwischen uns wäre. Er würde niemals verstehen, was ich bereit bin zu opfern und vor allem würde er niemals verstehen warum ich das ausgerechnet für Taehyung tue.

Er hebt die Hand und legt sie auf meinen Arm als würde er mich besänftigen wollen, aber seine Berührung macht mich nur noch wütender als ich ohnehin schon bin. Ich schließe die Hand und verstärke damit meinen Griff um seinen Hals. Er versteht den Wink und lässt seinen Arm sofort wieder neben seinen Körper sinken.

„Wir waren auf der selben Seite", sagt er und sieht mich mit einem Blick an, der mir nur allzu deutlich bekannt ist. So sieht er meinen Vater an wenn er versucht ihn von etwas zu überzeugen, aber er vergisst das diese Taktik vielleicht bei meinem Vater, ja sogar bei meinem Großvater funktioniert, aber nicht bei mir.

Ich schüttle den Kopf. „Nein. Ich wollte lediglich das der Prinz das Land verlässt, du wolltest ihn einsperren."

Jetzt ist er es den Kopf schüttelt und mich flehend ansieht. „Ich tat es für Euch."

Ich antworte nicht sofort auf diese Aussage, ich sehe ihn einige Sekunden an, mustere den alten Mann, der über die Jahre aus ihm geworden ist. Es ist lange nichts mehr von dem Seok übrig geblieben, den man für mächtiger und klüger als den König gehalten hat, das hier ist einfach nur ein Mann, der mit allen Mitteln überleben möchte.

„Ich sagte ich habe nur eine Chance dabei, also überlege dir gut was deine nächste Antwort auf meine Frage ist. Seine Lippen beben als ich ihm noch näher komme ohne den Griff um seinen Hals zu lockern. Was hat der Prinz dir getan?"

Es war nicht zu übersehen, wie erfreut Seok über die Nachricht meiner Bereitschaft bezüglich einer Heirat war und ich wusste, dass er darauf anspringen würde. Das mein Vater misstrauisch sein würde war mir ebenfalls von Anfang an klar, deswegen habe ich meine Hoffnung in ihn gesetzt, er sollte ihn bekehren, aber er hat es ruiniert und dabei etwas vorgeschlagen, was ich niemals zulassen würde.

Er weiß, dass ich nicht bluffe, er hat vorhin erlebt was ich bereit bin zu tun und jetzt wo mein Vater nicht da ist um ihn zu retten, bin ich bereit noch viel weiter zu gehen wenn es Taehyung aus der Schusslinie bringt.

Obwohl ich vorhin nach meinem Schlag gesehen habe, wie viel Angst ihm ins Gesicht stand, schüttelt er den Kopf und sieht mich an, als müsste ich derjenige sein, der sich fürchten sollte. „Es geht nicht darum, was er mir oder sonst irgendwem getan hat. Es geht darum, was er noch tun wird."

Verständnislos schüttle ich den Kopf und frage mich nicht zum ersten Mal heute ob dieser Mann seinen Verstand verloren hat. Er spricht vor dem König von Zauberei, wohlwissend dass er alleine für sein Gespräch mit der Hexe getötet werden kann und jetzt spricht er von Taehyung als wüsste er etwas, was sonst niemand weiß.

„Wieso versuchst du mit allen Mitteln den Frieden zu verhindern?", frage ich und versuche mich ein wenig zu entspannen, aber die Wut hat von mir Besitz ergriffen. So sehr ich es auch versuche, wenn ich ihn ansehe, erinnere ich mich auch automatisch an den verletzten Blick Taehyungs vorhin.

„Es ist nicht die Zeit für Frieden, Eure Majestät und er ist Gewiss nicht die Person, die diesen bringen wird."

Verwirrt sehe ich ihn an und versuche zu begreifen warum er das sagt. Das er nie ein Freund des Nordens war weiß ich, er ist im Süden aufgewachsen, er hat seine Eltern an den Krieg verloren und er gibt Taehyungs Familie die Schuld, denn er sucht wie jeder Mensch, der jemanden verloren hat, einen schuldigen. Aber warum sträubt er sich so sehr gegen den Prinzen?

Ich lockere meinen Griff an Seoks Hals ein wenig und lasse ihn kurz Luft holen, aber ich lasse ihn nicht los. „Prinz Taehyung hat nichts mit diesem Krieg zu tun", sage ich, aber Seok sieht mich nur an wie er es immer tut, wenn er glaubt er wüsste es besser, nur dass sein Blick es tatsächlich schafft mir Sorgen zu bereiten.

Er schüttelt den Kopf. „Nein, aber er wird einen noch schlimmeren auslösen." Erneut hebt er die Hand und legt sie auf meinen Arm, aber dieses Mal lasse ich ihn gewehren, stoße ihn nicht weg. „Ihr glaubt, dass das, was Ihr in ihm seht das einzige ist was richtig ist, Ihr denkt nicht einmal daran, das etwas nicht stimmen könnte, dass etwas in ihm schlecht sein könnte."

„Und was ist mit dir? Du hast ihm nicht einmal eine Chance gegeben, seit dem ersten Tag ist er nichts weiter als der verfluchte Prinz für dich, der Feind aus dem Norden", erwidere ich verächtlich. Ich merke, dass ich im Ton etwas laut geworden bin und es würde mich normalerweise nicht kümmern, wenn wir diese Disskusion nicht gerade mitten in den Gängen führen würden wo jeder uns hören kann.

Ich merke, wie mir immer mehr die Kontrolle über die Situation entgleitet. Ich bin her gekommen, um Seok zu drohen und ihm klar zu machen, dass er das, was er vorhin abgezogen hat nie wieder tun wird, aber ich merke wie seine Worte ungewollt zu mir durchdringen.

Keine Sekunde lang glaube ich, dass etwas schlechtes in Taehyung stecken könnte, dafür kenne ich ihn viel zu gut, aber dennoch hat Seok in einer Sache recht: Ich sehe nur das, was ich sehen will. Ich fange an auffällig zu werden, nachlässig und dumm und wenn ich nicht aufpasse, wird irgendjemand entdecken was ich zu verstecken versuche. Gefühle, die den Untergang für jeden von uns bedeuten könnten.

„Was würdet Ihr tun? Würdet Ihr einem Raubtier die Chance geben Euch zu fressen?", fragt Seok und sieht mich nicht länger mit Angst an, ganz im Gegenteil, ich glaube sogar eine Spur von Verständnis darin zu erkennen bevor er weiter spricht. „Er hat das Leben in Gefangenschaft nie hinterfragt, er kannte nichts anderes, denn man kann nichts vermissen was man nicht kennt. Glaubt Ihr, er hätte Illiora jemals verlassen, wenn Euer Vater ihn nicht dazu gebracht hätte? Er wurde innerhalb dieser Mauern geboren und er wäre auch dort gestorben, aber Euer Vater hat einen großen Fehler begangen und mit dem Prinzen hat er das gefährlichste Wesen der Welt in das Land gelassen."



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Ich habe ausversehen das nächste chapter bereits veröffentlich währenden ich noch daran geschrieben habe 😅
Zuerst kommt das und das andere schicke ich später hinterher ☺️

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