♕35 • Des Verräters Treue♛

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Taehyung

Langsam und nur mit größter Mühe öffne ich die Augen als ich spüre wie das Pferd, auf dem wir sitzen plötzlich stehen bleibt. Nach allem was heute passiert ist würde man denken, dass ich vollgepumpt bin mit Angst und der Neugier das betreffend, was ich angerichtet habe, aber dem ist nicht so. Ich hatte Angst, das kann ich nicht leugnen, aber nicht etwa vor dem, was mir als Konsequenz drohen könnte, sondern vor mir selber. Es hat sich angefühlt wie damals in Illiora als ich die Kontrolle verlor und beinahe das ganze Schloss in Eis verwandelt habe. Die Körper all dieser Menschen zu sehen, die sich eben noch bewegt, die eben noch geredet haben und dann plötzlich nur noch eine Masse aus Eis waren, hat etwas in mir ausgelöst, das ich am liebsten verdrängen würde, aber egal wie sehr ich versuche es zu vergessen, es lässt mich nicht los.

Ich wusste von Anfang an, dass die Menschen in Skravis ein noch schlechteres Bild von mir hatten als die in Illiora, ich wusste das mir hier nicht nur Abneigung, sondern viel mehr Hass begegnen würde und doch habe ich mich auf die Spielereien des Königs eingelassen. Auf der einen Seite war da das drängende Verlangen ihm beweisen zu wollen das ich viel mehr bin als nur ein Instrument, das er glaubt spielen zu können. Seit ich hier angekommen bin, gab es keinen einzigen Moment in dem ich ihn geschätzt oder gar verehrt habe und dennoch habe ich mich immer wieder bei dem Gedanken erwischt wie ich ihm am besten beweisen könnte wie viel mehr in mir steckt. Ich dachte, dass dieser Ausritt eine perfekte Gelegenheit dafür wäre, niemals hätte ich erwartet das es so sehr ausarten würde.

Beschimpfungen, Drohungen oder sogar eine kleine Prügelei, darauf war ich vorbereitet, aber ich hätte nicht damit gerechnet das ihr Hass mir gegenüber so Bodenlos sein und in diese Richtung gehen würde. Die Menschen in Illiora hassen mich für das was ich bin, nicht wer ich bin, hier tun sie es für beides. Alleine mein Name ist für sie Grund genug um mir die Schuld an allem schlechten zu geben, das ihnen in ihrem Leben passiert ist. Ich hätte es besser wissen müssen, nicht nur das ich das Spiel des Königs hätte durchschauen sollen, ich wurde auch oft genug gewarnt. Wie viele Male hat mir Sungjae erzählt, dass die Menschen da draußen mich zerfleischen würden, das mein Kopf eine Trophäe ist, nach der sie lechzen, aber ich hielt das wie alles, was aus seinem Mund kommt, für eine Drohung.

Sie zu sehen, die Schwerter gezogen und das Verlangen nach Blut in den Augen war nicht das schlimmste an der ganzen Sache. Das, was mich letztendlich dazu gebracht hat die Kontrolle zu verlieren war Baekhyun, der ebenfalls sein Schwert gezogen hatte, bereit für mich in einem Kampf zu sterben, den er eigentlich nicht führen sollte und es hat mir gezeigt, was der Krieg uns alle kostet: die Menschlichkeit.

Ich setze mich auf, die Arme nach wie vor um Baekhyuns Taille geschlungen und sehe mich um. Vom Schloss in die Stadt und zurück sind es auf dem Pferd einige wenige Stunden und soweit ich es erkennen kann, können wir auch nicht mehr weit entfernt sein, denn wir befinden uns bereits im Wald, der einige hundert Meter vor dem Schloss aufhört. Nachdem wir los geritten sind war ich vollkommen in Gedanken vertieft und keiner von uns beiden hat auch nur ein Wort verloren. Die Müdigkeit ergriff mich und ohne das ich es bemerkt habe, fiel ich in einen Traumlosen Schlaf. Ich weiß nicht wie lange wir bereits unterwegs sind, aber es kann nicht mehr weit sein. Warum also bleiben wir mitten auf dem Weg stehen?

"Was ist los?", frage ich und blinzle mehrmals um die Müdigkeit zu vertreiben. Die Sonne ist mittlerweile dabei unter zu gehen, also befinden wir uns tatsächlich bereits seit mehreren Stunden auf dem Weg und es wäre besser, wenn wir es vor dem Anbruch der Dunkelheit zurück schaffen. Die Bediensteten und ganz besonders die Wachen erzählen sich gegenseitig Geschichten, vor allem Nachts kann ich sie vor meinem Gemach hören. Es sind Grusel Geschichten, Märchen die man seinen Kindern erzählt damit sie gehorchen und doch glaube ich, dass in jeder Geschichte ein Funken Wahrheit steckt, vor allem in dieser.

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