|The 2nd|
Der Bus fuhr eine scharfe Rechtskurve auf einer Kreuzung und Aryas Sporttasche wäre beinahe in den Gang gefallen, hätte sie sie nicht im letzten Moment gegriffen und unelegant auf ihren Nachbarsitz zurück gezerrt.
Die Verkehr in Sankt Petersburg war selbst am Samstagmorgen rege und die Straßen vollgestopft mit PKW's, Lastwagen und Motorrädern. Natürlich nichts im Vergleich zur Rush-hour, wenn die Menschen zu Fuß schneller an ihr Ziel kam, als mit ihren Autos, die sich an jeder Straßenverengung stauten. Zum Glück gab es noch die Metro.
Sie dachte an Georgina zurück, ihrer Heimatstadt im Südosten Kanadas, die eine kaum nennenswerte Einwohnerzahl besaß, ganz im Gegensatz zu Sankt Petersburg, der zweitgrößten Stadt Russlands.
Aus Aryas Kopfhörern dröhnte die schrille Stimme einer Frau und sie wechselte schnell das Lied, bevor sich ihre Nackenhaare aufstellten.
Zufrieden identifizierte sie im Anschluss Kurt Cobain mit Lithium. Ein guter Song.
Gerade als sie entspannt die Augen schließen wollte, um der amerikanischen Band zu lauschen, ploppte auf dem oberen Rand ihres Smartphonebildschirms ein Chatsymbol auf.
,,Hey."
Arya runzelte überrascht die Stirn und pausierte die Musik. Das war Isaac. Isaac ihr Sandkastenfreund und ihr letzter stabiler Kontakt in ihre Heimat.
,,Whasup?"
Isaac konnte natürlich kein russisch und es schockierte Arya, wie schwer es ihr fiel, in ihrer Muttersprache die richtigen Worte und Abkürzungen zu finden.
,,Could we phn pls?"
Arya sah nach vorn. Auf der Anzeigetafel über der Fahrerkabine leuchtete der Name der nächsten Haltestelle in roten, kyrillischen Buchstaben auf. Der vorletzte Stopp, ehe sie beim Yubileiny-Sportkomplex Stadium aussteigen würde.
Sie zog sich die Kopfhörer aus den Ohren und stöpselte sie vom Smartphone ab. In ihrer Kontaktliste, die in den letzten Monaten deutlich geschrumpft war, da sie aus Frust alte Nummern gelöscht und keine neuen hinzugefügt hatte, suchte sie nach Isaac Pipes.
Telefonieren ins Ausland kostete extra, aber Dimitri war großzügig und er würde die zusätzlich anfallenden Rubel bei der nächsten Telefonabrechnung wahrscheinlich nicht einmal bemerken.
Nach drei Ruftönen nahm Isaac den Anruf an. Zuerst herrschte Stille am anderen Ende der Leitung und gerade als sie den ersten Schritt machen wollte, sagte er etwas.
,,Arya?"
Ein angenehmer Schauer lief ihr den Rücken herunter. Seine Stimme hatte sich verändert. Als sie weggezogen war, befand er sich noch im Stimmbruch und man konnte an einer Hand abzählen, wie oft sie mit einander telefoniert hatten.
,,Ya hear me?"
Sie grinste über den kanadischen Akzent, den sie seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hatte. Es klang vertraut und gleichzeitig fremd.
,,Ya voice changed.", antwortete sie im selben Akzent. Die ältere Frau, die auf dem Sitz vor ihr saß drehte den Kopf und sah Arya aus dem Augenwinkel an. Viele Russen mochten keine Ausländer und normalerweise ließ sie sich das in der Öffentlichkeit auch nicht anmerken.
,,What'ya mean?"
,,Got a lil' deeper."
,,Oh."
Arya lag ein breites Grinsen auf den Lippen und sie freute sich, endlich wieder mit einem alten Freund reden zu können.
,,Well, tell me 'bout the news that are worth calling me."
Als Isaac schwieg verwandelte sich ihre gute Laune in Sorge. Früher war er jemand, der ununterbrochen redete, wie ein Wasserfall und in jeder Situation einen flachen Witz riss, über den niemand lachte, außer er selbst. Und dann lachten alle mit, einfach weil es ansteckend war.
,,Everything alright?", fragte sie sanft, weil sie merkte, das Isaac nicht in Stimmung für Scherze war.
,,Nah."
Arya seufzte resigniert. ,,C'mon. It can't be that bad."
Erneut schwieg ihr Kindheitsfreund und Arya deutete seine nichtvorhandene Antwort als "Doch". In diesem Moment kam der Bus ruckartig bei einer Haltestelle zum stehen, sodass sie erneut nach ihrer Sporttasche greifen musste. Diesmal zog sie sie auf ihren Schoß. Sie würde sowieso bald aussteigen müssen.
Die Russin vor ihr stand auf, warf ihr einen schrägen Blick zu und verließ den Bus. Als sich die Türen schlossen drückte Arya einen der Halteknöpfe an den Griffstangen.
,,Isaac Pipes. You better should talk. Now.", verlangte sie streng und schaute ungeduldig aus dem schmutzigen Fenster. Unzählige Geschäfte und Leute zogen an ihr vorbei.
,,Ehh...", machte Isaac. Er ließ sich Zeit und Arya drängte ihn nicht weiter. Heute war relativ angenehmes Wetter. Ende Januar waren die Fußwege und Straßen zwar überzogen mit einer braunen, nassen Schneedecke, und das Streusalz hatte auf Aryas Schuhen hässliche weiße Ränder hinterlassen, aber Dimitri würde ihr ohnehin bald neue kaufen. Außerdem gab es heute zum Glück noch keinen Schneeregen und die Temperaturen waren seit Tagen nicht mehr unter 0° gefallen.
,,I kinda... fell in love.", sagte er dann und sie riss erstaunt ihren Blick von der Außenwelt los.
,,What?!"
,,Yeah...", brummte Isaac am anderen Ende der Leitung. Auf ihr Gesicht kehrte das spitzbübische Lächeln zurück.
,,Why are you making such a big deal out of it, womanizer? Who's the lucky one? Do I know her?"
Er stieß ein langes, wirklich langes Seufzen aus und ihr Grinsen wurde breiter. ,,It's not like you think it is...", murmelte er.
Inzwischen bog der Bus auf die Tuchkow Brücke und Arya betrachtete die kleine Neva, die schon seit Dezember zugefroren war. Sie sah eine Gruppe von Kindern neben dem Fluss herumhüpfen und dachte daran, wie sie Isaac vorletzten Sommer in den Simcoe-See geschubst hatte. Der Gedanke amüsierte sie.
,,And what am I thinking?"
Arya legte den Riemen ihrer Sporttasche auf ihre Schulter und stand auf. Wankend lief sie durch den Gang und erkannte das riesige Eisstadium schon von weiten. Das runde Gebäude thronte wie ein Palast zwischen den anderen Häusern.
Isaac sagte irgendwas, aber Arya verstand es nicht. ,,What?"
,,It's Robin."
Sie war verwirrt. Soweit sie sich entsinnen konnte, gab es auf ihrer alten Highschool drei Mädchen, die 'Robin' hießen. Der Bus hielt, Arya taumelte und musste sich an einer Stange festhalten.
,,Robin Portman?"
Die Türen öffneten sich.
,,Robin Maynard."
Beinahe wäre sie gestolpert.
,,You're gay?!"
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ICE!!! ICE BABY
FanficYuri Plizetsky war immer entschlossen, der Beste zu werden und damit unschlagbar auf dem Eis. Ganz im Gegensatz zu seiner äußerlichen Schönheit, war er vorlaut, unhöflich und abweisend zu anderen, sobald er die Eisfläche verließ. Seine Verachtung ga...