Vier Tage hatte Rosalie ihr Zimmer nicht mehr verlasse. Sie ließ niemanden hinein, sie antwortete nicht mal, wenn man etwas fragte. Das einzige was James verriet, dass es ihr gut ging, war ihr konstanter Herzschlag und und der ruhige Atem.
Es war das erste mal seit Jahrhunderten, dass James ein Gefühl von Schuld in sich spürte.
Er wollte sie nicht verlieren. Hätte er diesen Typen nicht getötet, hätte er sie verloren. Aber jetzt wo er ihn getötet hatte und Rose über ihn Bescheid wusste, hatte er die große Sorge er würde sie auch verlieren.
Er konnte es an diesen einen Tag in ihren Augen sehen. Sie dachte er wäre ein Monster. Es war pure Abscheu und Furcht.
Und das breitete ihm Sorgen.
Der Mensch war von Natur aus ein Fluchttier, das hatte er nach all der Zeit die er unter ihnen lebte schnell gemerkt. Es ist dem Sterblichen angeboren und er war sich daher sicher, dass auch Rose so einer Reaktion nachkommen würde.
Sie hatte hundertprozentig schon über eine Flucht nachgedacht.
Aber das würde er nicht zulassen. Unter ihrem Fenster hatte er Leute postieren lassen, vor ihrer Tür auch. Aber unauffällig. Sie sollte sich nicht wie Eine Gefangene fühlen. Sie war frei.Rose wusste nicht was sie denken sollte. Eigentlich dachte sie gar nichts mehr. Es kam ihr vor als wäre ihr Kopf leer. Keine Gedanken, keine Gefühle. Nur noch eine leere Hülle.
Immer wieder hatte James versucht mit ihr zu sprechen. Er stand vor ihrer Tür und rede mit ihr. Er wiederholte immer wieder, dass sie keine Angst haben solle, dass alles gut wird.
Rose saß zitternd auf ihrem Bett und hatte die Beine angezogen. In ihrem Kopf ging sie immer wieder Fluchtpläne durch. Aber ihr war bewusst, dass sie niemals eine Möglichkeit haben würde von diesen Ort zu fliehen. Sie war eine Gefangene. Vielleicht behandelte man sie besser. Man gab ihr Essen und Trinken, man redet er mit ihr, aber dennoch konnte sie sich nicht frei bewegen. Sie war eingesperrt.
Anfangs war sich noch sicher gewesen, dass ihr Tod besiegelt ist. Jetzt kamen Zweifel in ihr auf.
Hätte James sie töten wollen, hätte er schon die Gelegenheit dazu gehabt. Sie fühlte sich wie ein Schaf umzingelt von einem Wolfsrudel und sie Begriff nicht, warum es nicht Angriff.Dumpfe Schritte entrissen sie aus ihrer Traumwelt. Jemand befand sich vor ihrer Tür. James?
„Rose! Ich bitte dich öffne die Tür.", ja, es war James und die junge Frau war sich sicher ein Fünkchen Verzweiflung in seiner Stimme zu hören, „Ich werde dir dein Essen vor die Tür stellen, ja?"James rechnete nicht mit einer Antwort. Er stellte das Tablett mit dem Sandwich auf dem Boden direkt vor die weiße Holztür. „Ich habe keinen Hunger...", ertönte die leise Stimme seiner Beraterin. Hätte er nicht über dieses übermenschliche Gehör verfügt, hätte er ihre Worte mit aller Wahrscheinlichkeit nicht wahrgenommen. Hatte sie mit ihm gesprochen oder war sie selbst der Adressant gewesen?
„Warum hast du keinen Hunger?", hörte er sich selbst laut und deutlich fragen. Sekunden der Stille vergingen. „Ich möchte Heim.", ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Trotzdem wusste er, dass es direkt an ihn gerichtet war. Er hob seine rechte Hand langsam an, um sie dann flach an die Tür zu legen: „Es geht nicht ... nicht weil ich es nicht möchte. Aber es wäre zu gefährlich. Sie haben dich gemeinsam mit mir gesehen." Er zögerte kurz und lehnte seinen Kopf an der Tür an. „Es ist unentschuldbar was ich dir angetan habe, als ich dich in diesen Kampf mit hineingezogen habe ... aber ich konnte nicht anders.", sagte er, wohl eher zu sich selbst aber dennoch so laut und klar, dass Rosalie es verstand. „Ja das ist es!", gab sie ihm prompt als Antwort, während sie sich den Geräuschen nach aus ihrem Bett erhob und Richtung Tür tapste.Es war als hätte jemand einen Schalter in Rose Kopf umgelegt. Binnen weniger Sekunden schwirrten unzählige Fragen durch ihren Kopf. Sie wollte Antworten. Darum verließ sie zögerlich das Bett, wurde dann immer zielstrebiger, und bewegte sich schließlich selbstbewusst Richtung Tür, vor der sie noch immer Black vermutete. Vor der Tür angekommen setzte sie sich auf den Boden.
„Wer sind sie wirklich Black?", ihre Stimme klang kalt und emotionslos. Ja, sie klang fasst schon verabscheuend. „Wer ich bin? ... Ich bin James Black.", ertönte die raue Stimme des Angesprochenen. „Sie wollen mir also sagen, sie seien schon immer der selbe gewesen?! Wie alt sind sie eigentlich?", sie lachte zynisch.
„404."
Rose schluckte.
„Sie wollen mir also weis machen, dass sie sich seit 404 Jahren als James Black ausgeben ... wenn das überhaupt ihr wahrer Name ist?!"
„Ja ist es. Und ich haben in 404 Jahren noch keine Notwendigkeit gesehen, den mir gegebenen Namen gegen einen anderen zu ersetzen. Über eines solltest du dir im Klaren sein Rose, ich vermeide es zu lügen. Lügen erschweren lediglich das Dasein. Alles was du bis jetzt über mich weißt, vielleicht ausgenommen meines Alters, obwohl du auch dieses jetzt kennst, ist wahr."
„Das Dasein, wie das klingt..."
„Es ist in meinen Augen das am besten umschreibende. Ein Leben folgert einen natürlichen Tod ... aber dieser existiert in meiner Welt nicht."
„Was ist ihre Welt? Die in die sie mich hineingezogen haben, die in der anderen die Kehle herausgerissen wird?"
James musste bei ihren kalten Worten schlucken und ließ sich langsam sie Tür hinunter gleiten, um es Fanklin gleich zu tun und sich auf den Boden zu setzen.
„Die meine ist anderes als die ihrige. Es gewinnt der Stärkere. Wir folgen keinen demokratischen Grundsätzen. In meiner Welt herrschen sogenannte Moguls. Sieben um genau zu sein. Jeder befehligt einen Kontinent..."
„Es gibt also Adel ...", entkam es Rose, obwohl sie es wohl mehr zu sich selbst sagte.
„Nein, nicht ganz. Adel würde bedeuten, dass es Familien gäbe, aber dem ist nicht so. Es gibt eine Art Führungsriege. Um aber Mogul zu werden, reicht es den amtierenden zu töten."
„Ihresgleichen trinkt Blut nicht wahr?"
Die blonde Frau wechselte abrupt das Thema.
„Ja, so ist es. Wir benötigen Blut um zu überleben."
„Menschenblut ... frisches Menschenblut."
„Ja, bevorzugt frisch."
„Auch meines?"
„Wenn du meinst, dass du dich nur hier befindest, damit ich oder irgendjemand anderes von dir trinken kann, dann muss ich dem widersprechen. Ich werde dir nichts tun und niemand wird es wagen dir irgendein Haar zu krümmen."
Es vergingen wieder Sekunden der Stille, die sich für James wie eine unausstehliche Ewigkeit anfühlten.
„Na gut..", murmelte Rose im inneren des Raumes und erhob sich dann vom Boden.
Gerade, als er dachte, dass sie sich wieder in Richtung Bett begeben würde, hörte er, wie ihre Finger dem Türgriff umschlossen und sie langsam dem Schlüssel im Schloss umdrehte.Rose öffnete bedächtig die Zimmertür und erblickte ihren Chef, der wie immer in Maßhose und Hemd gehüllt, vor ihr auf dem Boden saß und sie verwundert aber dennoch erleichtert ansah.
„Zu ihrer Verwunderung, habe ich mir nicht die Mühe gemacht ihren Wikipedia Artikel zu lesen. Defakto weiß ich gar nichts über sie, James. Ich habe gerade leider nichts besseres vor. Vielleicht schaffen sie es ja ihre 404 Jahre lange Lebensgeschichte ... ach nein, Daseinsgeschichte, in etwas weniger Zeit zu verpackten, um mich dann aufzuklären."
Die junge Frau drehte sich um und spazierte selbstbewusst zum Bett.James erhob sich derweil verwirrt und folgte ihr in den Raum.
Hätte er nicht das aufgeregte Schlagen ihres Herzens und ihren schnellen Atem gehört, hätte er womöglich gedacht, dass sie ihm vertraut. Aber ihm war bewusst, dass Vertrauen erarbeitet werden muss und er war sich nicht sicher, ob das Monster, der blutrünstige Killer in ihm, der nun mal seine Lebensgeschichte schrieb, Vertrauen vermittelte.
Denn James Black ergötzte sich am Leid und Blut anderer.

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Cupido
UpířiRosalie Franklin ist fest vergeben, frisch verlobt und weiß was sie im Leben will... zumindest bis sie auf James Black trifft, ihrem neuen, extrem attraktiven und selbstverliebten Boss, der mehr als eine Leiche im Keller liegen hat, sie in riesige S...