12.

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Rose saß im Schneidersitz auf der fellenen Tagesdecke, die das Bett bedeckte, während James auf einem Ohrensessel neben dem selbigen Platz nahm. Die Anspannung die in der Luft lag, war regelrecht spürbar. Der Blick der jungen Frau war so verwogen. Für einen Sterblichen wäre es unmöglich gewesen in ihr Inneres zu blicken. Black hingegen tat sich schwer sein sonst so strenges Selbstbild aufrecht zu erhalten. Seine Selbstbeherrschung reichte in jeden seiner Muskeln und Fasern ... bis die seiner Hände. Diese krallte er mit roher Gewalt in die Lehnen des Sessels.
Es war die Ungewissheit, die ihn so leiden ließ. Was würde sie ihn fragen? Was soll er ihr erzählen?
Die Sitzende schloss kurz die Augen um dann stoßartig auszuatmen, sie dann wieder zu öffnen und direkt in James Augen zu blicken: „Am besten sie beginnen von vorne, James."
Er wusste was sie damit meinte. „Meine Familie stammte ursprünglich aus Britannien. Als ich 12 war wagten wir die Überfahrt in ^die neue Welt^. Meine Schwester starb bei der Überfahrt, meine Mutter starb drei Jahre später im Kindbett.", diesen Teil seines Lebens versuchte er so schnell wie möglich über die Lippen zu bringen. Er hasste sich für das Gefühl, dass die Erinnerung an diese Zeit in ihm hervorrief. Er fühlte sich schwach. Er fühlte sich wie ein mickriger Sterblicher. Rosalie sah ihn derweil erwartungsvoll an.
„ Schon nach dem Tod meiner Schwester, war das Herz meines Vaters aus Stein. Als dann noch meine Mutter starb, schien es so als hätte er überhaupt kein Herz mehr. Es dauerte ungefähr ein halbes Jahr, bis er sich eine neue Frau suchte, Patrizia. Ein Individuum ohne Herz kann nicht lieben. Und so war es auch. Mein Vater liebte sie nicht. Sie befriedigte seine Bedürfnisse und sie war vorzeigbar ... mehr aber nicht. Wenigstens beruhte es auf Gegenseitigkeit. Auch Patrizia liebte ihn nicht. Sie war eine Witwe mit zwei Töchtern. Mein Vater war ein Mittel zum Zweck um nicht in die Armut zu rutschen."
Ohne das er es merkte, hatte Rose angefangen ihren Kopf auf ihren Händen abzustützen und ihn interessiert zuzuhören.
„Sie mochten sie nicht?", fragte die Blonde zögerlich.
James quittierte dies nur mit einem zynischen Lachen: „Nein! Sie war dumm und minderwertig. Ein schwacher Geist, getrieben von Habgier."
„Sie haben sie getötet, nicht wahr?"
„Nicht nur sie.", ein Lächeln Schlich sich auf Blacks Gesicht und bevor Rose fragen konnte, was er damit meinte, fuhr er zielstrebig fort, „Sie vergiftete meinen Vater und wollte nicht dafür hinrichten lassen. Ich sehe das als Begründung genug. Wie es auch sei, eineinhalb Monate zuvor, lernte ich Aro kennen. Er war einmal wieder auf einer seiner vielen Reisen. Wir lernten uns in einer nahegelegenen Gaststätte kennen und er entschloss sich zu bleiben. Natürlich brachte sein Bleiben auch eine Reihe von mysteriösen Todesfällen mit sich." Er lachte, „Blutleere Körper, heraus gerissene Herzen und Kehlen. ... Und ein vergifteter alter Mann. Mein Vater. Vergiftet mit Eisenhut, das Gift der Stiefmütter, wie, schon Ovid wusste. Aber ich war der rechtmäßige Erbe und somit ein Dorn in ihrem Auge. Deswegen musst auch ich sterben. Was ist also besser als zwei Fliegen mit einer Klatsche zu schlagen? Also machte sie mich zum Mörder meines Vaters, indem sie das restliche Gift in meiner Kammer versteckte. Ich wurde verhaftet und vor Gericht gestellt. Wobei Gericht wohl zu viel gesagt ist. Anfangs dachte ich noch, dass ich alles aufklären könnte und man mir glauben schenken würde, aber so war es nicht. Ich konnte mich nicht verteidigen und wurde nicht angehört, nur verurteilt zum Tode durch den Strick."
„Aber scheinbar leben sie noch, Black."
„Scheinbar."
Rose hob lieg ihr Kinn an und sah den Mann ihr gegenüber wissend an: „Aro! Aro verwandelte sie. Warum?"
„Weil ich nicht sterben wollte und es nicht verdient hatte! Aro wollte mich retten ... er sah meinen Tod als eine Verschwendung von Potential und ich bin ihm dankbar das er mir all dies ermöglichte! In der Nacht, die meine letzte hätte sein sollen, erschien Aro plötzlich in meinem Verließ. Bis jetzt wollte er mir nicht erzählen, wie er das angestellt hatte. Aber da war er nun und er sagte mir was er ist. Anfangs dachte ich, dass er ein Diener des Teufels ist.", er lachte, „jetzt weiß ich, dass Aro niemals irgendjemand dienen würden. Er sagte mir, was all das mit sich bringen würde. Welche Wahl hatte ich denn? Alles war mir rechter als der Tod. Aro gab mir in dieser Nacht sein Blut und der Henker tat am folgendem Morgen den Reset. Es dauerte drei Tage, bis ich von den Toten erwachte und mein Freund erwartete mich schon. Bevor wir New England verließen, forderte ich Tribut bei meiner noch existierenden Familie. Man könnte sagen, dass ihr Ableben recht blutig wurde."
„Sie haben ein Blutband veranstaltet... hat es Ihnen gefallen?"
„Ich habe jede Sekunde davon genossen.", gab der Mann zu
„Wie kann man das töten nur genießen?"
„Es liegt in meiner Natur. Wird dem Wolf das reißen der Schafe verboten? -Nein! Es liegt in seinem Instinkt, es ist die Voraussetzung für sein Überleben!"
Damit war für ihn das Thema beendet. Er würde sich doch nicht von einer Sterblichen, einer Frau die er binnen Sekunden töten könnte, jemanden, der nur deswegen noch am Leben war, weil er so gütig und nachsichtig war, rechtfertigen! Pure Wut kochte in ihm auf und er konnte nur mit großer Mühe verhindern, dass sich sein wahres Gesicht, das eines Monsters, zeigte. Diese Frau machte alle Selbstbeherrschung, die er in all den Jahren aufgebaut hatte zunichte.

Rose konnte die Angespanntheit ihres Chefs regelrecht sehen, und es machte ihr Angst. Angst, die sie versucht hatte während des ganzen Gespräches zu verdrängen. Sie konnte nicht sagen, was in den nächsten Sekunden oder Minuten passieren würde. Aber ihr war bewusst, diese Sekunden oder Minuten, würden über ihr Leben entscheiden. Noch ein Wort von ihr und er würde sie töten. Ihr Blick huschte zu dem Vampier, ihr gegenüber. Er hatte bedächtig seine Augen geschlossen und atmete nun angestrengt ein und aus.
„Warum sollte ein toter Körper atmen müssen? Eine Leiche atmet ja auch nicht.", platzte es aus der Blonden heraus und schon als die Worte ihren wohlgeformten Mund verließen, bereute sie sie.
Augenblicklich öffnet James seine Augen. Das Blau, dass sie so fasziniert hatte, war einem leuchtenden Rubinrot gewichen: „Was?!"
Er stand auf und kam Rosalie beängstigend nahe. Er beugte sich Richtung Bett, stützte seine Hände darauf ab sodass sein Gesicht, dem der Frau nur noch wenige Zentimeter entfernt war.
„Eine Leiche kann ihnen ja auch nicht die Kehle rausreißen.", hauchte er bedrohlich in ihre Richtung, „Ich habe auch noch keine gesehen, die so lebendig wie ich auf der Welt wandelt. ... Zwei verschiedene Paar Schuhe, Miss Franklin, zwei verschiedene Paar Schuhe."
Rose schluckte. Er kam noch näher. Beinahe, hätte man denken können er würde sie küssen. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast.
„Noch einmal zur Verständnis: wenn ich sie hätte töten wollen, meine Liebe Rose, dann wären sie es schon lange! Verhalten sie sich nun also ihrem Alter entsprechend und nicht wie ein Kleinkind!" augenblicklich erhob er sich und stand keine Sekunde später an der Tür, als er sich nochmal langsam umdrehte: „um 18 Uhr gibt es Dinner. Ich erwarte sie unten im Salon."
Und damit war er verschwunden und Rose alleine in diesem, so beklemmenden Zimmer.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 01, 2019 ⏰

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