| Ein Satz

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Ich finde, jetzt bist du mir etwas schuldig."

Ein Schmunzeln legte sich auf Wills Gesicht, als Elaines Worte an seine Ohren drangen.

„Und woran denkst du? Meinen Namen kennst du schließlich schon", sagte er und währenddessen schlich sich ein kleines Grinsen auf Elaines Lippen. Sie blieb einen Moment lang stumm und dachte über ihre nächsten Worte nach. Will sah sie von der Seite an und in diesem Augenblick war es ihm unmöglich, den Blick von Elaine abzuwenden.

„Erzähl mir, wie du aussiehst."

Will runzelte die Stirn, er hatte noch nie jemandem sein Aussehen beschrieben und er war sich nicht sicher, was er sagen sollte, damit Elaine sich vorstellen konnte, wie er aussah. Schließlich räusperte er sich allerdings und Elaine wartete gespannt.

„Also", murmelte er und fuhr sich mit der freien Hand etwas ratlos durch das Haar, doch ehe er ein weiteres Wort sagen konnte, begann Elaine zu Lachen. Er löste den Blick vom gegenüberliegenden Wald, um zu Elaine zu sehen und als das Geräusch, das sie beim Lachen machte, an seine Ohren drang, da zuckten augenblicklich auch seine Mundwinkel in die Höhe.

„Was ist?", fragte er.

Elaines Lachen verstummte, sie atmete tief durch und während sie zu einer Antwort ansetzte, da lag auf ihren Lippen noch immer ein Lächeln.

„Du hast immer so selbstbewusst und sicher gewirkt, aber gerade hat es sich so angehört, als wärst du unsicher, wenn du etwas über dich erzählen sollst."

Wills Mund blieb für einen Augenblick lang offen stehen. Wie war es möglich, dass Elaine ihn so gut durchschauen konnte, obwohl sie den unsicheren Ausdruck in seinem Gesicht überhaupt nicht gesehen hatte? Als er den Mund öffnete, um sie danach zu fragen, da kam sie ihm erneut zuvor und beinahe schien es so, als könnte sie seine Gedanken lesen.

„Ich erkenne es an deiner Tonlage."

„An meiner Tonlage?", hakte er nach. „Bedeutet das, dass die Sinne von Blinden tatsächlich besser ausgeprägt sind als die von Sehenden?"

Elaine schüttelte ihren Kopf. „Das ist eine Lüge. Sehende Menschen wollen nur glauben, dass wir alle anderen Sinne besser beherrschen, weil wir nicht sehen können. Die Wahrheit ist, dass meine Sinne genau gleich wie deine ausgeprägt sind. Ich konzentriere mich nur viel mehr auf Geräusche, weil ich eben nichts sehen kann."

Will nickte langsam. „Und wie ist es mit dem Sehen? Kannst du noch etwas erkennen?"

„Ich kann nur erkennen, ob es hell oder dunkel ist."

Elaine bewegte ihren Kopf ein wenig, drehte ihn von einer Seite zur anderen und Will beobachtete sie dabei gespannt. „Wenn die Sonne scheint, erkenne ich ein helles Licht, es ist fast so als würde jemand mit einer Taschenlampe auf meine geschlossenen Augen leuchten", erklärte sie. „Und wenn es dunkel ist, dann sehe ich nur die Dunkelheit."

Will wandte den Blick von Elaine ab. Seine Hand wanderte zu seinem Rucksack, er zog sein Smartphone aus der Tasche heraus, stellte die Taschenlampe an und dann schloss er die Augen. Er hielt die Hand mit dem Smartphone vor sein Gesicht und bewegte die Hand so lange, bis er durch die geschlossenen Augen das schwache und zur gleichen Zeit helle Licht erkennen konnte.

Er ließ die Hand sinken und als das Licht vor seinen Augen verschwand und er von der Dunkelheit umgeben war, da schluckte er.

„Will, was machst du da?"

Elaines Finger lösten sich aus seiner Hand, sie tasteten den grünen Boden ab, wanderten durch die Dunkelheit und schließlich fand sie Wills Hand, in der er das Handy hielt. Sie zog an seinem Arm, bis sie das helle Licht vor ihren Augen bemerkte und dann schluckte sie. Und mit Wills nächsten Worten, da begriff sie, dass jemand ganz besonderes neben ihr saß.

„Ich versuche das zu sehen, was du siehst."

Will war völlig anders als die Menschen, die sie kennengelernt hatte. Er hatte sich nicht von ihr entfernt, als sie ihm erzählt hatte, dass sie blind war. Er war bei ihr geblieben, er schien sich wirklich für sie zu interessieren und Elaine musste sich eingestehen, dass sie Will sehr gerne hatte.

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[01. Mai 2018]

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