| Acht Sekunden

483 54 23
                                    

Fürchtest du dich nicht davor, alleine hier zu sein?"

Der warme Sommerwind, ließ einige ihrer roten Haarsträhnen sanft in der Luft wehen. Das Licht des Mondes, das schwach auf sie herabfiel, erhellte ihr Gesicht ein wenig, so, dass er die kleinen Sommersprossen auf ihren Wangen erkennen konnte.

Sie trug einen dunklen Lippenstift auf ihren geschwungenen Lippen und ihre kleine, spitze Nase, passte perfekt in ihr schmales Gesicht.

„Wovor sollte ich mich denn fürchten?"

Ihre leise Stimme drang an sein Ohr und er beobachtete, wie sie ihren Kopf ein wenig zur Seite drehte. Ein Schatten legte sich über ihre rechte Gesichtshälfte, sie legte den Kopf leicht in den Nacken und es wirkte so, als würde sie nach oben in den Himmel sehen.

Es kam ihm so vor, als würde sie seinen Blick meiden, doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, räusperte er sich.

„Es ist dunkel und-"

„Das ist es doch überall."

Das entfernte Bellen eines Hundes und ihre leise Stimme, durchbrachen seine Worte. Er verstummte, blieb für einen Augenblick lang still und sah sie dabei an. Er wartete darauf, dass sie ihre Worte wiederholte, denn er hatte sie durch die Geräusche nicht verstanden, aber sie blieb stumm.

„Was hast du gesagt?", fragte er dann und ließ seine Augen dabei über ihr Gesicht wandern.

Sie hatte ihre Lippen aufeinandergepresst und sah nach oben in den von den Sternen überzogenen Himmel. Er folgte ihrem Blick einen Moment lang, ließ die Augen über die leuchtenden Sterne wandern und als sein Blick zurück auf ihr Gesicht fiel, da öffnete sich ihr Mund, doch sie sagte nichts.

Sie blieb stumm, ein lautloses Seufzen kam über ihre Lippen und er wandte den Blick erneut ab, um auf den kleinen Teich zu sehen, der vor ihnen lag. Kreise zogen sich über die dunkle Wasseroberfläche, der Mond spiegelte sich im Teich und er verlor sich einen Moment lang im schimmernden Wasser.

„Dann hast du also keine Angst?"

Mit seinen Worten durchbrach er die Stille, die sich kurzzeitig über sie gelegt hatte. Sie nickte, doch er sah nicht zu ihr und so entging ihm das Nicken. Sie fuhr sich mit den Fingerspitzen durch das lockige Haar und als er nicht antwortete, da räusperte sie sich.

„Ich habe keine Angst, denn die Angst ist nur ein Gefühl."

Langsam drehte er seinen Kopf zurück und ließ die Augen erneut über ihr Gesicht wandern. Sie hatte den Mund geöffnet und als er den Blick zu ihren Augen wandern ließ, da erkannte er, dass sie gar nicht die Sterne am Himmel betrachtete. Stattdessen hielt sie die Augen geschlossen.

„Die Menschen reden sich nur ein, sich in bestimmten Situationen zu fürchten. Dabei ist die Angst doch genau der Auslöser dafür, dass irgendwas passiert."

Er stutzte.

„Wie kommst du darauf?", fragte er schließlich. Sie senkte ihren Kopf, dabei legte sich erneut ein dunkler Schatten über ihr Gesicht und es sah so aus, als würde sie zu den Bäumen sehen, die hinter dem Teich in die Höhe ragten.

„Wenn man Angst hat, wirkt man schwach. Man sieht einem Menschen an, wenn er sich fürchtete und in einer solchen Situation ist es für andere viel leichter, dem anderen etwas anzutun", erklärte sie und er hörte ihr stumm zu.

„Gibt es denn gar nichts, wovor du dich fürchtest?"

Sie presste ihre Lippen abermals zu einer schmalen Linie aufeinander und schwieg. Sein Blick wanderte zurück zu dem kleinen Teich und dabei wartete er auf ihre Worte.

Sie sagte nichts.

Eine Sekunde verging.

Drei Sekunden.

Fünf Sekunden.

Sieben Sekunden.

Ihr Mund öffnete sich.

Acht Sekunden.

„Manchmal fürchte ich mich vor der Dunkelheit."

• • •

[30. März 2018]

Save MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt