Jess war binnen Sekunden wieder in ihren Tiefschlaf verfallen. Becker schmunzelte als er ihr die Strickjacke unter dem Kopf zu einer Art Kissen zusammen schob. Er nahm an, dass sie sich später an die letzten paar Minuten nicht richtig würde erinnern können. Würde sie als verrückten Traum abtun. Sie vielleicht vergessen haben wenn sie das nächste mal aufwachte.
Ein Tropfen benetzte ihre Stirn als er sich über sie beugte. In der Bewegung erstarrte er, dann lehnte er sich zurück. Jess hatte natürlich recht gehabt: Er war nass bis auf die Knochen, wie nur einige Stunden zuvor auch. //Und ich war so froh darüber, dass ich wieder trocken war.//
Er schüttelte den Kopf. Wasserpartikel spritzten umher. Er fuhr mit seinen Fingern über seine Weste. Sie triefte vor Nässe.
Er legte sie ab und platzierte sie auf dem Felsbrocken, so dass die Sonne direkt darauf schien. Er hielt einen kurzen Moment inne, dann entledigte er sich auch seines T-Shirts und gesellte es zu seiner trocknenden Weste.
Becker konnte einfach nicht damit aufhören sie anzusehen. Er hatte es nun wirklich lange genug vor sich her geschoben. Langsam ließ er sich neben Jess nieder und begann damit, sie sachte zu untersuchen.
Zischend zog er die Luft ein als er ihr Shirt ein paar Zentimeter hoch schob.
Ihre komplette rechte Seite war ein Einziges Hämatom.
//Fuck!//, dachte er als er mit der Hand sachter darüber fuhr und ein paar gebrochene Rippen zu spüren bekam.
Er fragte sich wie Jess diese Klippen hinaufgekommen war mit einer derartigen Verletzung. Er schob es dem Adrenalin zu. Es konnte nicht anders sein. Nachtmahl ein extrem abgehärteter Soldat wie er einer war würde diesen verfluchten Stein bei Nacht und einer solchen Verletzung erklimmen. Jess war echt hart. Wahrscheinlich würde sie sich total erschrecken, wenn sie aufwachte und ihre Seite sah. Möglicherweise würde sie sogar überrascht sein, da sie die Verletzung dank ihres Adrenalinschubs wohl nicht einmal bemerkt hatte.
Seine Untersuchung führte ihn schließlich zu ihrem Kopf, wo er sich abermals in ihren Zügen verlor. //Konzentration!// mahnte er sich als er ihren Schädel etwas anhob um darunter zu fassen. Wieder strichen seine Finger über ihre Haut. Und auf einmal kribbelte alles. Becker biss die Zähne zusammen und zwang sich den alten Becker herbei. Den, den er im ARC zurückgelassen hatte. Und scheiterte. Weiterer Versuch. Langsam begann es ihm peinlich zu werden. Er versuchte ein letztes Mal seinen gleichgültigen Nur-die-Arbeit-ist-momentan-wichtig-Blick aufzusetzen.
Vergeblich. //Verdammt, ich bin vielleicht verknallt!//, verfluchte er sich //Wie ein albernes kleines Mädchen!//
Der Sicherheitschef fand eine Wunde an der Schläfe, nicht tief, hatte aber offensichtlich eine Kleien Ader verletzt, dann ihr Haar schimmerte dort rot. Auch auf der Kopfhaut war eine Kruste aus getrocknetem Blut.
Ein wenig Sand hatte sich in die Wunde verirrt und die winzigen Sternchen reflektierten glitzernd das Sonnenlicht.
Becker brach die Untersuchung ab, nachdem er den Sand aus der Wunde entfernt hatte und dann nach etwas gesucht hatte um die Wunde zu reinigen,damit sie sich nicht entzündete. Das war das letzte, dass sie beide jetzt noch gebrauchen konnten. Sie, auf Grund des Leides, das eine Entzündung nunmal mir sich führte und er, weil es ihm nur noch mehr Grund geben würde sich schuldig zu fühlen und einen Grund, noch mehr auf sie zu achten und sie zu beschützen als vorher. Was seines Erachtens nun schon echt an seine Grenzen ging. Noch nie hatte er versucht ein Team Mitglied so zu schützen wie Jess. Und dass er bei ihr, nach Sarah, auch noch versagt hatte, ließ ihn vor sich selbst noch unfähiger erscheinen als sonst. Letzten Endes hatte er sich sein T-Shirt schnappt und den letzten Rest des Salzwassers, aus dem Stoff heraus auf die Wunde gewrungen und in die Sonne geblickt. Und sich gefragt, wie sie hier je wieder raus kommen sollten.
Jess schlief immer noch tief und fest. Hatte sie auch nötig.
Er selbst hatte sich in der Zwischenzeit den Weg zur Stelle der ehemaligen Anomalie gemacht. Es war nicht gerade einfach die Stelle wieder zu finden. Es sah überall gleich aus, in dieser Einöde aus Sand und Stein.
//Die Klippe hatte eine kleine Ausbuchtung gehabt, die aussah wie ein etwas krüppelig geratenes Dreieck// fiel es ihm wieder ein.
Er hätte ja seine Fußspuren verfolgt, das wäre deutlich schneller und effektiver gewesen, aber der Sand hatte diese bereits endgültig verschlungen. Glücklicherweise gab es ja nur zwei Wege. Einmal links, und dann noch rechts. Es kam ihm merkwürdig vor, dass er nicht mehr wusste aus welcher Richtung er gekommen war. //Mein Gott!Mit mir geht's wirklich abwärts/
Er hatte sich dann letztendlich für die rechte Seite entschieden. Das schein in letzter Zeit seine Glücksseite zu sein. Naja... obwohl.
Er war schon etwa 2 Minuten unterwegs. Im Sprint hatte er diese Zeit geraucht, es konnte also nicht mehr weit sein.
Nach endlosem Suchen hatte er dann endlich die besagte Stelle gefunden. //Schön, hier begann das ganze Theater. Und nun??//
Er selbst hatte keine Antwort darauf. Er überlegte. Wie konnten sie ca. einen Kilometer weiter feststellen, dass sich eine Anomalie öffnete?
Magnetismus. Einfache Antwort.
Hatten sie magnetische Dinge hier in der Zeit? -Eher unwahrscheinlich.
Eiserne Gegenstände? -Negativ.
Es war aussichtslos...
In Gedanken an Jess flog sein Blick über die Landschaft um ihm herum. Ein kleiner Busch fiel ihm ins Auge. Er ging näher ran und begutachtete ihn. er brach einen kleinen Zweig ab und führte ihn zu seinen Lippen.
Er war ungiftig. Da war er sich sicher. Er nahm eins der Blätter und steckte es sich in den Mund. Es schmeckte so gut wie nichts. Aber von irgendwas mussten sie ja nun überleben.
Der Soldat fällte das Bäumchen mit einem gezielten Fußtritt und machte sich dann schweren Herzens wieder auf, zurück, in dem Wissen das sein Versuch wieder nachhause zu kommen rein garnichts gebracht hatte außer einen Zweig mit Blättern, die sie wohl genau 5 Tage am Leben halten würden. Und danach würde nichtmal das große Hungern losgehen. Nein, es wäre bereits vorbei.
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Make It Rain (Primeval FF)
RandomPrimeval - Jess fällt durch eine Satellitenanomalie und Becker unternimmt einen Verzweifelten und ungeplanten Rettungsversuch. Dabei umgeht er eine Menge seiner selbst aufgestellten und angebeteten regeln und Grenzen für das Leben der Team Koordinat...