Es war nun ein sonniger Freitag und auf meiner Checkliste für heute stand, dass ich Herr Benette mit dem Buch konfrontieren sollte. Mich konnte der Schlaf in der letzten Nacht nicht völlig ergreifen, weil meine Gedanken um die Theorien gekreist hatten, welche ich aufgestellt hatte für mich selber.
Leider musste ich bis zur letzten Stunde warten bis ich Herr Benett zu sprechen bekam, was wie eine gefühlte Ewigkeit dauerte bis diese heranbrach. Auch mit Quinn konnte ich kaum Worte austauschen, da er ständig von anderen Schülern umgeben war. Jedoch war er nicht meine höchste Priorität gewesen, da ich meine Augen offen hielt für Herr Benett.
„Herr Benett! Ich muss mit Ihnen unbedingt sprechen!" Ich versuchte so viel Dringlichkeit in meiner Stimme einzubauen wie es ging.
„Würdest du dich erstmal bitte hinsetzen und mich begrüßen?" Bissig winkte er mich ab, was mich etwas sprachlos daließ, doch ich folgte seiner Anweisung.
Wir begrüßten uns als Klasse in einem langgezogenen Guten Morgen.
„Heute auf dem Plan steht etwas Eigenarbeit. Ich muss einige Arbeiten korrigieren, weshalb ich es sehr schätzen würde, wenn ihr den Geräuschpegel auf der ruhigeren Seite hält. Nimmt euch hier einige Arbeitsblätter. Ihr dürft auch in Partnerarbeit die Blätter bearbeiten, seid nur ruhig dabei" Freundlich wie immer erklärte er uns die Aufgaben. Auch wenn die Freundlichkeit eher den anderen Schülern als mir gewidmet war.
Mir passte es jedoch perfekt, da ich in Ruhe mit Herr Benett sprechen konnte und ich ihn nicht beim Unterricht störte.
Deshalb stand ich auf in all dem Getümmel, da die meisten sich nun umsetzten und ich so nicht viel Aufmerksamkeit auf mich zog. Diese würde ich schon genug bekommen, wenn ich mit Herr Benett sprach, insbesondere wenn wir dafür sogar extra rausgingen.
„Guten Tag Herr Benett, ich würde gerne die Lektüre besprechen, welche Sie mir gegeben haben" So freundlich wie möglich legte ich meinen Ton an den Tag, auch wenn es mir wirklich schwer fiel. Ich mochte Herr Benett nicht wirklich, aber wenn er die Kraft hatte die Welt in der Zukunft zu retten, musste ich ihm wohl oder übel so wenig Steine wie möglich auf dem Weg legen.
„Was für eine Lektüre?" Argwöhnisch betrachtete er mich.
„Na die, die sie mir vorgestern gegeben haben. Ich weiß sie haben gesagt, dass ich mit niemanden darüber reden soll. Aber ich glaube ich kenne da jemanden mit dem Sie in Kontakt treten sollten und der ihre Probleme lösen kann" Ich erwartete nun, dass er mich aus dem Klassenraum befahl, damit er das sehr vertrauliche Gespräch in Ruhe führen konnte. Es ging schließlich um Leben und Tod!
„Faye, wenn Sie mir sagen wollen, dass ich krank im Kopf bin, dann tut mir es Leid, dass ich Ihnen diesen Eindruck vermittle. Jedoch würde ich Sie gerne erinnern, dass ich vorgestern kein Wort mit Ihnen ausgetauscht habe" Diese Aussage ließ mich sprachlos.
„A-aber...Wir hatten sogar ein langes Gespräch vor der Stunde! Ich bin mir sicher andere Schüler können das bezeugen!" Wahrscheinlich wollte er nur sein Identität bewahren, doch ich wusste es besser.
„Wirklich? John, habe ich vorgestern etwa mit Faye vor der Stunde ein langes Gespräch geführt? Das Fräulein meint schließlich ich hätte mit meinen jungen Jahren Alzheimer"
Empörung machte sich in mir breit. Warum hatte der Erfinder von der Zeitreiserei so einen unverschämten Menschen ausgewählt?
„Entschuldigen Sie Herr Benett, darauf habe ich nicht wirklich geachtet. Ich weiß nur, dass Sie punktgenau die Stunde angefangen haben" Der Schüler gab eine kurze Antwort ehe er sich wieder mit seinem Freund unterhielt.
„So Faye, ich bezweifle eher, dass ich an ich Alzheimer leide. Normalerweise nehme ich mir viel Zeit für meine Schüler, auch für Sie. Halluzinieren Sie oft?" Mir verschlug das die Sprache.
„I-ich...nein! Natürlich nicht! Das Buch...es war eine Ansammlung von Märchen aus der Zukunft!", ich senkte meine Stimme ein wenig „Ist es möglich, dass Sie der sechste Zeitreisende sind?" Gespannt wartete ich darauf, dass er wenigstens geschockt die Augen weitete oder mich nun zu einem ernsthaften Gespräch nach draußen führte. Doch nichts davon geschah, sondern er brach in schallendes Gelächter aus.
„Das war ein guter Witz! Für einen Moment habe ich gedacht, dass Sie das wirklich ernst meinen, aber bei Zeitreisenden haben sie sich selbst entlarvt. Also, wer von euch hat das gefilmt?" Schmunzelnd wandte er sich den Schülern zu, wo tatsächlich ein Mädchen mehr oder weniger unauffällig ihr Handy gezückt hatte und das Spektakel filmte.
Leichenblass stand ich vorne, da mir anscheinend niemand Glauben schenkte und ich auch noch als Witzfigur des Jahrtausends auf dem Video aussah.
Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken, doch alles was mir blieb war mich wieder auf meinen Platz hinzusetzen und die Arbeitsblätter zu bearbeiten.
Unmöglich konnte ich weiter mit Herr Benett sprechen ohne mich zum Affen zu machen, doch ich wusste, dass ich mit Quinn am besten darüber sprechen sollte. Wahrscheinlich hätte ich es von Anfang tun sollen, anstatt Hals über Kopf die Sache alleine anzumaschieren.
Die restliche Stunde verlief also nicht sehr ereignisreich, da ich mich mit den Aufgabenblättern beschäftigte und auch sonst keine Anstalten machte ein Gespräch anzufangen. Ich war keine Außenseiterin, aber ich hatte auch nicht unbedingt eine Freundesgruppe zu der ich hingehörte. Manchmal war es schon etwas erdrückend, da ich gerne jemanden hätte, der mir einfach den Rücken stärkte und zuhörte. Zwar hatte ich nicht besonderes viele Probleme, aber einfach mit jemanden eine schöne Zeit zu verbringen und über belanglose Dinge zu reden, reichte mir aus. Ich vermisste wirklich solch einen Menschen in meinem Leben. Ich kam zwar mit Quinn ganz gut aus, aber ich hatte einfach das Gefühl, dass ich mit ihm nicht über bestimmte Themen reden konnte wie zum Beispiel süße Jungs in einer Boyband. Zwar war es etwas lächerlich, aber ich hätte gern etwas Leichtigkeit in meinem Leben. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass mein Leben zu ernst war. All das Gefasel über Leben und Tod, über den sechsten Zeitreisenden, wahrscheinlich auch noch den verdammten Weltuntergang, machte mich einfach nur müde. Ich hätte gerne mein altes, unkompliziertes Leben zurück, auch wenn es hieß, dass ich Quinn nicht kannte. Wir kannten uns gerade mal fünf Tage. Auch wenn er mir sehr ans Herz gewachsen war, wusste ich nicht ob es auch langzeitig anhielt. In dem Moment dachte ich zugegebenermaßen selbstsüchtig, denn Menschen starben wahrscheinlich in der Zukunft und das alles weil Quinn und die weiteren vier Zeitreisenden es nicht auf die Reihe bekamen den sechsten Zeitreisenden zu finden! Ich wollte ihnen helfen, aber nur wie? Was soll ein einfacher Mensch wie ich schon anstellen können? Wieso gaben sie die Suche nicht einfach auf und griffen die großen Sechs zu fünft mitsamt der Bevölkerung an? Die Bevölkerung wollte wahrscheinlich den Staat ebenfalls stürzen, denn all die Grausamkeiten, die vom Staat ausgingen, sprachen doch nur so dafür! An Quinns Stelle hätte ich bereits erste Maßnahmen geschmiedet und durchgeführt. An einem Menschen sollte es wohl nicht hadern! An einem Menschen sollte nicht die Zukunft hängen!
Als die Schulglocke ertönte und die Ankündigung des Schulschlusses preisgab, rannten die Schüler wie von einer Tarantel gestochen aus den Klassenräumen, was auch mich miteinbezog, da ich ein Mitläufer war.
Auf dem Weg nach draußen erblickte ich Quinn, der umgeben war von seinen Freunden. Ich fragte mich nun unwillkürlich ob sie wirkliche Freunde waren oder einfach nur Leute waren mit denen er abhing...Vermisste Quinn nicht auch so eine Art...besten Freund? Wir waren vielleicht nicht so verschieden wie ich immer dachte.
„Faye! Gehst du mir etwa aus dem Weg?" Schmollend kam er auf mich zu und ließ seine Freunde stehen.
„Nein! Ich hab sogar nach dir gesucht! Vielleicht habe ich Informationen, die für dich interessant wären!" Ich schlug einen ernsten Unterton an, was auch bei Quinn eine Glühbirne zum leuchten brachte.
„Ich seh euch dann heute Abend!", winkte Quinn seine Freunde ab, welche nur schulterzuckend das Gebäude verließen.
„Was ist denn los, liebste Faye. Du wirkst ja ganz aus der Bahn!" Er streichelte über meine Haare während er mich mit einem sanften Lächeln segnete.
Jedoch legte ich so viel Ernst in meinem Ausdruck, was Quinn andeuten sollte, dass er mir seinem Gesäusel aufhören soll.
Mit gesenkter Stimme sah ich ihm in die Augen: „Ich weiß wer der sechste Zeitreisende ist."
Quinns Augen weiteten sich und er musterte mich eingehend.
„Wer?" flüsterte dieser fast tonlos.
„Herr Benett" Nun erwartete ich, dass er in Lachen ausbrach, doch nichts dergleichen. Er senkte seinen Blick und blickte einfach nur den schlichten Linoleumboden der Schule an. So hatte ich einen guten Blick auf seine vollen, langen Wimpern, die seine schönen verschiedenfarbigen Augen umrahmten. Wie zwei Edelsteine glitzerten seine Augen den Boden an.
„Bist du dir da sicher?" Endlich blickte er mich an, jedoch mit so einer Entschlossenheit, welche ich vor ein paar Momenten nicht erwartet hätte.
„Hundert pro!" Erwartungsvoll wartete ich ab, dass er mir sagte, dass wir mit unseren Recherchen oder so beginnen sollten.
„Faye...Ich hab heute Abend nicht so viel Zeit. Aber mir wäre es lieb, wenn du mit mir zur Party gehen würdest" Bettelnd sah er mich, was mich zutiefst verwirrte. Ich erzählte ihm gerade meine Erleuchtung des Jahrtausends und er überging diese und fragte mich stattdessen ob ich mit ihm zu irgendeiner Party wollte.
„Quinn! Bleib doch bei der Sache!" Empört sah ich ihn an.
„Ich möchte dich einfach um mich haben falls ich zu viel Alkohol trinke. Außerdem können wir morgen noch ein paar Nachforschungen anstellen. Aber heute...will ich einfach nur etwas...mit dir machen" Säuselnd legte er seine langen Finger auf meiner Wange. Meiner Meinung nach brauchte er kein Alkohol mehr. Er war schon so verrückt im Kopf, doch dies hielt mich trotzdem nicht davon ab mich ihm willenlos auszuliefern.
„Okay, ich begleite dich zur Party"~~~~~~~~~
Huch? Warum braucht Quinn denn so unbedingt eine Begleitung für die Party? ...oder liegt es einfach nur daran, dass er Fayes Gesellschaft nicht missen möchte (͡° ͜ʖ ͡°)?
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Tempus Lacrimarum ~ Zeit Der Tränen
Science FictionFaye hatte immer gedacht, dass ihr eintöniges Leben sich niemals ändern würde. Während die Mädchen in ihrem Alter ausgingen und feierten, beobachtete Faye sie nur. Doch das sollte sich ändern, als auf einmal der Zeitreisende Quinn in ihr Leben tauch...