Alte Zeit, neue Seiten

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Ich musste mein Kleid hochziehen, da es überall matschig war. Anscheinend hatte es bis vor kurzem geregnet und die Straßen sehr rutschig gemacht. Ich musste aufpassen, dass ich nicht hinfiel und dieses kostbare Kleid verdreckte.
Freundlich hielt mir Quinn seinen Arm hin, welchen ich verdutzt anstarrte. Vorher hatte er mich als unwichtig bezeichnet und jetzt tat er wieder auf freundlich?
„Um den Schein zu wahren" ,bekräftigte Quinn es sogar noch einmal. Suspekt betrachtete ich ihn, während er freundlich lächelte. Grummelnd fasste ich seinen Arm. Wir hatten einen Deal, dass ich einfach nur mitspielen sollte. Das tat ich vorsichtshalber mal auch, denn die Tatsache, dass er in der Lage war durch die Zeit zu reisen, machte ihn ein wenig schauerlich. Ich wusste schließlich nicht welche Kräfte er eventuell hatte, die er gegen mich einsetzen könnte. Deshalb fügte ich mich seinem Deal, wenn auch ein wenig widerwillig. Fröhlich lief Quinn durch die Straßen als ob der hellste Sonnenschein auf uns beziehungsweise ihn hinabfiel. Dabei spritzte er überall Matsch durch die Gegend, was mehr oder weniger auf mein Kleid kam.
„Hey! Du machst das Kleid total dreckig!" Maulend sah ich ihn an.
„Tja, dann lebe halt damit" ,sprach Quinn freundlich heraus.
„Lady Clara hat bestimmt sehr viel Arbeit in das Kleid reingesteckt, das wäre nicht besonders nett, wenn ich ihr das Kleid völlig verdreckt zurückgebe..." Ich begutachtete den Schaden, den Quinn dem Kleid zugesetzt hatte.
„Clara wird das nicht allzu Ernst nehmen" erwiderte er munter und wir spazierten weiter durch die Straßen. Clara musste entweder sehr gelassen sein oder Quinn spielte es nur runter. Fest stand jedoch, dass ich mich ein wenig mehr distanzierte, damit er das Kleid nicht noch dreckiger machte.
Ich sollte nichts fragen, obwohl es mir sehr auf der Zunge brannte, ihn zu fragen wo wir waren, aber beließ es dabei. Wir würden uns später eh nicht mehr wiedersehen und es einfach vergessen.
Auf einmal machte Quinn halt vor einem prachtvollen Gebäude. Er hielt mir seinen Arm hin, damit ich mich darin einhaken konnte, was ich mehr oder weniger freillig machte.
„Jetzt zeig mir mal deine formalste Umgangsform, Kleinchen" ,flüsterte er mir zu, doch sein Blick war auf die Tür gerichtet.
„Ich bitte dich! Erst wenn du dich formal gegenüber mir benimmst, sonst spiele ich in deiner Maskerade nicht mit!" erwiderte ich aufgebracht.
„Das ist keine Maskerade und jetzt sei still, ich will die Welt retten" Hatte ich mich verhört? Er wollte die Welt retten?! Wahrscheinlich wäre ich in schallendes Gelächter ausgebrochen, wenn ich nicht so eine gute Selbstbeherrschung hatte. Wobei ich trotzdem ein kleines Kichern ausstieß. Was für eine banale Aussage, er hörte sich wie ein fünfjähriger an, der Superman darstellen wollte. Doch der Unterschied war, dass ein Kind viel süßer war.
„Was machst du für eine Grimasse, guck möglichst neutral, sonst erhängt er uns vielleicht, Dümmchen!" Er drückte seinen Finger gegen meine Stirn. Gemeinheit. Was für eine Gemeinheit in Person er doch war!
Beleidigt wandte ich mein Gesicht von ihn ab. Kleiner Bastard!
„Neutral, Kleinchen..." ,murmelte er. Grummelnd erwiderte ich noch etwas, was aber hauptsächlich Beleidigungen waren und setzte eine möglichst neutrale Miene auf.
Anscheinend hatte er sich genug vorbereitet und ging in das prächtige Gebäude herein.
Wir wurden von einem schönen Flur begrüßt. Die Wände waren weiß und an der Seite gab es kleine Tische, wo jeweils eine Vase voll mit Blumen standen. Es schallte sehr bei jeden Schritt, den wir gingen.
Die Wände zierten Bilder von verschiedenen königlichem Herrschaften. Der Flur sah zwar schön aus, hatte aber nichts persönliches. Keine persönliche Note.
Er steuerte auf eine Tür, die sich auf der linken Seite befand, mit mir am Schlepptau.
Ich löste mich von seinen Arm und faltete meine Hände vor meinen Körper, während Quinn an der Tür klopfte und dann seine Hände hinter seinem Rücken verschränkte.
Die Tür wurde aufgemacht von einem Butler, der uns formal hereinbat.
Nickend und höflich gingen wir rein, während zwischen Quinn und mir eine Gewisse Distanz herrschte.
Ein stämmiger Mann saß hinter einem Schreibtisch und blickte uns an, als habe er uns schon erwartet. Streng musterte er uns und sah Quinn eindringlich in die Augen an. Ich hörte Quinn schlucken.
In seinen Augen spiegelte sich die Angst wieder, die auf einmal ihn verletzlich aussehen ließ. Was hatte der Mann gemacht, dass er so ängstlich wirkte in seiner Gegenwart?
„Quinn..." ,sprach der Mann langgezogen aus.
Quinn machte eine tiefe Verbeugung, was ich ihm nach machte. Nur mit dem feinen Unterschied, dass ich ein Knicks vollzog.
„Quinn...Wer ist dieses Mädchen?" Er fixierte mich mit einem unergründlichen Blick, der mich unwohl fühlen ließ.
„Das...Da-Das ist Faye, e-ebenfalls aus der Zukunft. N-nur nicht in so weiter Zukunft wie ich" Quinns Stimme bebte und zitterte.
„Ich spüre eine gewisse Kraft in ihr...aus welchem Jahr stammt sie?" ,erkundigte sich der Mann monoton.
„Aus dem Jahre 2023" Stocksteif stand er da, sein Brustkorb hob und senkte sich, kalter Schweiß erkannte ich auf seiner Stirn. Quinn schien echte Probleme zu bekommen.
„Interessant..." murmelte der Mann.
„Sie haben mich hierher bestellt?" ,fragte Quinn neugierig, jedoch mit ein wenig Vorsicht.
„In der Tat...Gibt es neue Zeitreisende?"
„So weit ich weiß nicht, Sir!" Wie ein Soldat stand Quinn da und in seinen Augen spiegelte sich die Angst wieder.
„Warum konnte dieses Mädchen durch die Zeit reisen?" Skeptisch betrachtete er mich.
„Sie hat sich an meinem Ärmel drangehangen und ist anscheinend mit in die Zeit gereist..." ,murmelte Quinn kleinlaut.
„Aber wenn sie sich nur an dein Ärmel drangehangen hat und nicht deine Haut berührt hat, heißt es sie muss durch etwas anderes in die Zeit gereist sein..." ,schlussfolgerte der stämmige, mir unbekannte Mann.
„Ihr dürft gehen" Ruhig und ohne jegliche Emotion schickte er uns mit einer Handbewegung heraus.
Draußen aus dem Gebäude atmete Quinn erleichtert aus.
„Das war intensiv! Sonst dauern unsere Gespräche nur ein paar Sekunden, aber dieses Mal waren es bestimmt drei Minuten!" Panisch drückte er meine Hand.
„Quinn...ruhig! Geht es dir gut?" Fürsorglich tastete ich seine Stirn ab. Der kalte Schweiß war nun ein wenig getrocknet, doch er zitterte.
Er schloss seine Augen, nahm meine Hand und legte sie wieder von der Stirn runter.
Als er wieder die Augen aufschlug, lachte er. Verwirrt sah ich ihn an.
„Mir geht es super! Hast du Hunger? Oder Durst?" Lachend sah er mich an. Es hatte jedoch einen verkrampften Unterton, den wahrscheinlich die meisten Leute überhörten. Ich runzelte meine Stirn und war ein wenig verwirrt.
„Du benimmst dich komisch...Ist wirklich alles in Ordnung?" Besorgt musterte ich ihn. Sein Lachen wirkte fröhlich, doch sein Blick war unglaublich leer.
„Haha! Ich sollte dich das fragen, denn du bist es, die von Sir Henry eingehend gemustert wurde!" Lachend Griff er nach meiner Hand.
Er ließ wieder seine melodische Stimme klingeln und durchzog mich dadurch mit einem Schauer.
„Nun...Dann komm, du hast sicher Hunger!" Wie aufs Stichwort knurrte mein Magen. Ich hatte wirklich Hunger, es war als wäre ein Loch in meinem Magen. Peinlich berührt nickte ich Quinn zu.
„Gut! Ich zeig dir die besten Ofenkartoffeln, die du je gegessen hast!" Freudig nahm er meine Hand und rannte in irgendeine Richtung.

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Guten Tag :) Wie gefällt euch das Kapitel? Und vor allem...was hat dieser Sir Henry getan, dass Quinn so ängstlich wirkt ;) Ich freue mich auf eure Theorien ^^

Tempus Lacrimarum ~ Zeit Der TränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt