Ernste Gespräche

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Paralysiert stand ich immer noch in meinem Zimmer, da ich immer noch nicht fassen konnte, was eben gerade passiert war. Seine Tränen waren genauso schnell verschwunden wie sie gekommen waren. Und dann war er eben gerade in Windeseile davongestürzt ohne mir nochmal in die Augen zu blicken.
Verwirrt ging ich die Treppen runter, da meine Mutter noch mit mir reden wollte.
Ich hörte die Gitarre spielen, welche sie immer dann zupfte wenn sie Entspannung und etwas zu tun brauchte. Ich mochte die sanften Töne der Gitarre, da sie mir immer etwas Sorglosigkeit schenkte und mich wieder in die jungen Kindertagen versetzte. Eigentlich wollte ich noch etwas vor der Bürotür verweilen und den schwingeden Saiten zuhören, jedoch wollte ich auch unbedingt wissen, was mir meine Mutter zu sagen hatte. Es muss wohl ziemlich nervenaufreibend sein, was sie mir zu erzählen hatte. Auch die Anwesenheit Quinns hatte sie nicht in Sicherheit gewogen, sondern nur noch mehr gestresst aus einem mir unbekannten Grund. Doch ich konnte an Quinns Miene sehen, dass er meine Mutter nicht kannte. Vielleicht hatte die Abweisung meiner Mutter Quinns Fass zum überlaufen gebracht und er konnte demnach seine Tränen nicht zurückhalten?
Aber das war nur die Spitze des Eisbergs gewesen, was belastete ihn also so sehr?
In all den Gedankengängen bemerkte ich nicht, dass meine Mutter schon die Bürotür aufmachte und mich fragwürdig musterte. Dachte sie etwas, dass Quinn mir etwas angetan hatte?
„Mama...mir geht es gut..." Sie sah mich skeptisch an.
„Warum sind dann deine Augen so gerötet und dieser Quinn wie ein Panther aus meinem Haus gestürzt?" Misstrauisch blickte sie in meine Seelenspiegel, meinen Augen.
„Quinn ging es nicht gut, ich habe ihn bloß getröstet...Über was wolltest du denn sprechen?"
„Mir wäre es lieber, wenn wir im Wohnzimmer darüber sprechen, damit du mir nicht umkippst" Ich wurde blass im Gesicht. Warum sollte ich denn umkippen? Ich war eigentlich ein sehr gesundes Mädchen, nie wurde ich bewusstlos und mein Kreislauf ging auch immer in Ordnung.
„W-wieso...sollte ich denn umkippen...?" Zögernd stellte ich ihr die Frage.
„Mir erscheint es nur so, dass du irgendwie blasser, fahler und kraftlos bist. Außerdem sind deine Augenringe ja unvorstellbar! Vielleicht Eisenmangel?" Nun war mein Verstand wie leergefegt und ich glaubte wirklich eine Sitzgelegenheit zu gebrauchen, damit ich nicht umkippte. Wusste meine Mutter vielleicht etwas von meiner Zeitreiserei?
„Lass uns dann zum Wohnzimmer" ,versuchte ich weitere Fragen und Anmerkungen auszuweichen.

Es tat wirklich gut mich hinzusetzen, da mir nicht mehr allzu schwindelig war.
„Faye...du weißt doch dass ich dich sehr liebe..." Sie nahm meine Hand in ihre und zeigte so ihre aufrichtige Besorgnis.
„Natürlich, Mama! Ich liebe dich doch auch!" ,versicherte ich ihr energisch, was ja auch stimmte. Meine Mutter war eine tolle Mutter und war immer da, wenn ich sie brauchte.
„Deshalb wäre es mir lieb, wenn du mit allen anderen etwas am Hut hast außer mit Quinn. Er ist einer der Bösen" Verdutzt starrte ich sie an. Ich hatte immer mehr das Gefühl, dass meine Mutter über das Zeitreisen Bescheid wusste. Und Quinn? Einer der Bösen? Er wollte doch den sechsten Zeitreisenden finden, um die Welt vor den großen Sechs in der Zukunft zu retten.
„Nein." Ich blickte ihr fest in den Augen
„Nein? Wie meinst du das?" Verwirrt musterte sie meine Miene.
„Nein. Quinn ist nicht böse...Außerdem...gibt es denn überhaupt gut und böse in unserer Zeit?" Ich betonte Zeit ganz bewusst.
Meine Mutter weitete ihre Augen kurz, doch dann überspielte sie ihre Überraschung mit einem Hüsteln.
„Okay...wenn du meinst, dass Quinn nicht böse ist, nur zu. Verbring deine Zeit mit ihm...Aber vergiss nicht, dass du deiner Familie am meisten vertrauen solltest. Und was auch immer Quinn dir verspricht, brenn mir nicht mit ihm durch!" Ich sah wie ihr eine kleine Träne aus den Augenwinkel entwich und ich erstarrte. Sie meinte das todernst. Meine Mutter weinte selten, sehr selten.
„Mama...Das würde ich euch nie antun!" Traurig schloss ich meine Mutter in die Arme.
„Ich wünschte...ich wünschte wir hätten die letzten Jahre mehr Zeit für dich gehabt...du weißt schon...bevor du ausziehst..." Dabei hatte ich jedoch das Gefühl, dass sie etwas anderes sagen wollte.
„Nur weil ich ausziehe, heißt es ja nicht, dass wir uns nie wieder sehen! Ich werde mich oft melden, keine Sorge!" Dabei drückte ich sie fester.
„Wer weiß..." murmelte sie traurig in meine Schulter.

Tempus Lacrimarum ~ Zeit Der TränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt