Die feurige Leidenschaft des Lebens

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„Polarfuchs?" Damians Stimme klang aufgeregt und wie unter Strom gesetzt. Er ergriff vorsichtig meine Hand und mir schoss der unsinnige Vergleich eines Hundewelpens in den Kopf.

„Ja?" Meine Stimme klang immer noch kratzig, doch ich spürte, dass sich mit einem mal ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete.

Mr. Norrington ließ jedoch kein Anflug von Spannung in der Luft zu und mischte sich sofort ein: „Können Sie mir bitte erklären, aus welchem Grund genau mein Wachpersonal regungslos auf dem Boden liegt?"

„Sie wollten mich nicht passieren lassen", zischte Damian wütend. Es passte ihm anscheinend gar nicht dem Arzt Rede und Antwort zu stehen.

„Das hatte auch seinen Grund. Sie sind emotional zu sehr in diesem Fall verwickelt, als dass ich Sie hier während einer so kritischen Phase gebrauchen kann. Sie wissen, dass es mir zusteht hinsichtlich medizinischer Notfälle Ihnen Befehle zu erteilen, doch das scheint Sie ja nicht besonders zu stören." Ich wusste nicht, ob der Arzt wirklich bitter ernst war oder ob er sich eben die Genugtuung erlaubte Damian aufzuziehen. „Ich hoffe Sie haben wenigstens darauf geachtet, dem Wachpersonal keine bleibenden Schäden zuzufügen. Sie wissen gar nicht, wie schwer es sein kann, unbeteiligtes Personal zu bekommen, wenn doch jeder Vampir gierig die Finger nach Spionen und Attentätern in diesem Gebäude ausstreckt."

„Ich weiß genau, wie schwer das ist! Sie haben die Bewerbungen schließlich nicht ausgefiltert! Was glauben Sie, hatte ich für einen Arbeitsaufwand bei dieser Suche gehabt?! Polarfuchs? Ist alles in Ordnung? Wie geht es dir?"

Er wollte den Arzt ignorieren, doch dieser redete unbeirrt weiter: „Ich muss Sie bitten, noch eine Weile im Wartezimmer auszuhalten. Ich bin noch nicht fertig mit meiner Untersuchung." Mittlerweile war es selbst mir in meinen Zustand klar, dass dieser Arzt Damian mit purer Absicht aufzog, daran bestand keinerlei Zweifel.

„Wer zahlt noch einmal Ihr Gehalt?", knurrte Damian wütend zurück und wollte sich gleich wieder mir zuwenden, doch es schien dem Arzt immer mehr zu gefallen, das lang unerschrockene und emotionslose Vampiroberhaupt triezen zu können. Ob der Doktor wohl eine sadistische Ader hatte?

„Nun Sir, Sie bezahlen mein Gehalt, allerdings hat dies nichts mit der Tatsache zu tun, dass Sie wie jeder andere auch draußen warten müssen."

„Wie bitte?", brauste Damian auf. „Wenn Sie nicht sofort mit ihrer Arbeit fortfahren, dann hebe ich diese Patientin sofort von Ihrer Liege und bringe sie unverzüglich zu einem anderen Arzt!"

„Zu wem wollen Sie sie denn bringen?", fragte Dr. Norrington vollkommen unschuldig nach.

Das war anscheinend der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ehe ich mich versah, spürte ich, wie ich hochgehoben wurde. Damian wollte bereits losstürmen, als er von den Elektroden und Kabeln, die an mir hafteten, gestoppt wurde ehe er zwei Schritte weit gekommen war. Er war sich wohl nicht sicher, was er nun anstellen sollte, denn Augenscheinlich wollte er mich nicht in Gefahr bringen, aber auch ganz sicher nicht länger hierlassen.

Bei dem Anblick seiner gerunzelten Stirn wegen einer solch trivialen Angelegenheit, musste ich lachen. Wo war das zu nichts zu erschütternde Vampiroberhaupt geblieben? Mein Lachen war ein kehliges Geräusch und erinnerte eher an ein trockenes Husten, doch es tat gut, endlich wieder ein so ehrlich frohes Gefühl empfinden zu können, besonders da ich nur knapp den knochigen Händen des Todes mit seinem kopflosen Begleiter entkommen war.

Bei diesen Gedanken wurde es mir leicht ums Herz. Ich hatte so ein Glück, noch am Leben sein zu dürfen. Diesen kleinen Augenblick in Damians Armen mit all meinen Sinnen genießen zu können. Es war ein kleines Wunder. Mein persönliches Wunder, dass ich mit jedem neuen Zug auskosten musste und wertschätzen würde. Ich beugte mich hoch.

Gemahlin der Nacht - 2. Band der Tagwandler ReiheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt