Kapitel 18

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Remus atmete tief durch, gemischt mit einem zufriedenen Seufzen. Seine Hände streichelten dabei in einem beständigen Rhythmus über Aurelias weiche Haut, als würde er sie beruhigen, wie er es schon nach ihrer ersten Nacht getan hatte.

Aurelias Atem ging schwer und sie lag angekuschelt in seinen Armen. Noch immer wusste sie nicht so genau, wo oben und unten war. Was Remus mit ihr angestellt hatte, hatte sie sich nicht einmal im Traum einfallen lassen. Ihr ganzer Körper war fertig, aber angenehm. Am liebsten hätte sie sich einfach voll und ganz dem Gefühl hingegeben und wäre geborgen in diesen starken Armen eingeschlafen, aber der kleine Teil ihres Gewissens, der sie an ihre Pflichten erinnerte, ließ sie nicht ruhen. Sie war sich nicht sicher, wie viel Zeit vergangen war und eigentlich müsste sie sich erheben und ihren Pflichten nachkommen, doch sie wollte noch nicht. Nur wusste sie, dass es nötig war. Also versuchte sie ihren Körper wieder ein wenig zu beruhigen und klar zu denken. Immerhin würde sie Remus heute Abend hoffentlich wiedersehen. Wenn es denn keine Zwischenfälle gab, die sie davon abhalten würden. Sie hatte noch so einiges zu erledigen und ihr Zeitplan würde sich wohl um einiges nach hinten verschieben, doch nichts, was sie nicht würde verschmerzen können.

Aurelia erhob sich nur widerwillig aus Remus Armen und streckte sich, ehe sie damit begann ihre Kleidung aufzusammeln. Sie musste noch einmal nach Hause und sich die Haare machen. Immerhin wollte sie nicht rumlaufen wie frisch aus dem Bett gestiegen. Zumindest nicht, wenn sie noch Termine hatte.

Gerade, als sie sich auf die Arme stemmen wollte, spürte sie plötzlich, wie sie wieder von Remus auf dessen Brust gezogen wurde.

„Was? Willst du mich jetzt sitzenlassen? Das ist in der Regel meine Aufgabe."

Aurelia wirkte irritiert. „Ich habe Termine", sagte sie und blinzelte Remus verwirrt an.

„Ach ja", machte er murmelnd, als wäre ihm eben erst wieder eingefallen, dass Aurelia keine gewöhnliche Adlige war, die sich den ganzen Tag lang erholen konnte. „Dann nehme ich an, du musst gehen."

Aurelia seufzte schwer. „Ja, leider. Aber ich hoffe, wir sehen uns heute Abend wieder. Ich bin zuversichtlich, dass ich die Termine überlebe", erklärte sie, wartete aber darauf, dass Remus sie losließ, damit sie aufstehen konnte.

Doch dieser wirkte eher verwirrt, als das er dazu ansetzte sich von ihr zu lösen. „Was ist denn heute Abend?", fragte er misstrauisch.

Aurelia verengte die Augen. „Hast du vergessen, weshalb ich eigentlich hier war?", fragte sie und klang neugierig, aber auch irgendwie so, als würde sie ihn prüfen wollen. Immerhin war sie nicht aus Langeweile zu ihm gekommen. Zumindest nicht ganz. Er sollte sie trainieren. Die Frage war nur, wo.

„Ähm...", setzte er nachdenklich an und rollte Aurelia neben sich, damit er sich aufsetzen konnte. „Natürlich nicht", wich er aus und erhob sich nun als erstes, um sich etwas zu trinken zu nehmen.

Aurelia bemerkte seine scheinbar ausweichende Geste und legte ein wenig den Kopf schief. „Dann bin ich ja beruhigt, ich habe schon gedacht, dass du vergessen hast, dass ich hier war, um dich zu bitten mich in Selbstverteidigung zu unterweisen", erklärte sie nüchtern.

Ein leises, entnervtes Stöhnen entfuhr Remus, als er den Kopf in den Nacken sinken ließ. „Ach, das... ja. Na gut, heute Abend. Und wo genau soll das stattfinden?", fragte er nun und nahm einen kräftigen Schluck Wasser.

Aurelia hielt kurz inne und überlegte, ehe sie damit fortfuhr ihre Kleidung aufzusammeln und sich anzukleiden. „Ich weiß noch nicht. Der Ort sollte geschützt und von niemandem so schnell gefunden werden. Ich möchte nicht beobachtet werden. Das wäre... nicht gut."

Remus musste lachen bei dieser Bemerkung und beobachte Aurelia gebannt dabei, wie sie sich ankleidete. „Ist die Prinzessin etwa schüchtern?"

Aurelia seufzte. „Nein, aber es könnte meinen Ruf zerstören, wenn man mich dabei beobachtet, wie ich Kampfübungen absolviere. So etwas gehört sich nämlich nicht, wenn man eine Prinzessin ist", erklärte sie und klang bei ihrem letzten Satz fast so hochgestochen und belehrend, wie die Gelehrten bei denen sie die letzten Jahre war. Gott, wie sie es hasste. Aber es war nun einmal die Norm, welcher sie sich zu fügen hatte.

Remus seufzte ergeben. „Nun gut. Dann denk dir was aus. Ich habe hier wenig Optionen."

Aurelia nickte nachdenklich. „Es gibt einen Ort, den ich als Kind gern besucht habe. Ich weiß aber nicht, ob dieser noch genauso sicher ist", erklärte sie und richtete sich ihr Kleid. „Am besten wir treffen uns heute Abend bei dem verfallenen Haus. Von dort sollten wir recht ungesehen hingelangen."

Remus hob vielsagend eine Augenbraue. „Zu Befehl, Prinzessin", war das letzte was er sagte, ehe Aurelia ihm ein letztes Augenrollen schenkte und verschwand. Sie würde sich ein wenig beeilen müssen, denn als sie das Kolosseum verließ, erkannte sie am Stand der Sonne, dass sie tatsächlich relativ spät war.

Der Tag würde hektisch genug werden und sie wollte ihn nicht noch hektischer gestalten.

Unruhig wippte Aurelia mit ihren Beinen auf und ab, während sie neugierig das Haus von ihrem Sitzplatz aus betrachtete. Als sie mit Remus hier drin gewesen war, hatte sie gar keine Chance gehabt sich dieses anzusehen, doch um ehrlich zu sein, war ihr das auch reichlich gleich.

Es war der Nervenkitzel, der sie wachsam bleiben ließ. Auch wenn es für sie kein Problem darstellte sich aus dem Palast zu schleichen und hierher zu gelangen, so war es doch immer aufregend, wenn sie sich unbeobachtet mit Remus traf und dann auch noch zum Trainieren.

Sie verstieß damit gegen so viele Dinge, dass es eigentlich kaum schlimmer ging. Ihr Vater würde an die Decke gehen, wenn er das erfuhr und wahrscheinlich würde er sie dafür sogar bestrafen. Er hatte es noch nie getan, aber das hier war nicht nur gefährlich. Wenn es wirklich schief lief, dann konnte ihr ganzer Ruf ruiniert sein. Das war auch der Grund, warum sich Aurelia noch einmal mit ihren Kontakten in Verbindung gesetzt hatte, um zu hören, ob es Gerüchte darüber gab, dass eine Frau im Kolosseum gesichtet worden war. Glücklicherweise gab es davon nicht nur ein Gerücht. Sie würde also eine von vielen sein, damit war sie geschützt.

Auch wenn es sie ein wenig nachdenklich stimmte. Immerhin hatte Remus doch angedeutet, es dürften keine Frauen in das Kolosseum oder zumindest in den Trainingsbereich. Doch vermutlich sollte es auch nur heißen, dass Remus dies nicht tat.

Womöglich war es gegen die Gesetze, aber ein Mann hatte nun auch seine Bedürfnisse und wahrscheinlich duldeten die Wächter es, weil sie wussten, dass die Gladiatoren so ruhiger wurden. Möglich war alles.

Ein lautes Knarzen an der Tür ertönte, was Aurelia mit einem erstickten Laut aufblicken ließ. Remus blickte sie überrascht an, darüber sie bereits hier anzutreffen. Vorsichtig trat er ein und schloss die gebrechliche Tür hinter sich. „Ich dachte, Ihr meint mit 'Abend' Sonnenuntergang... bin ich zu spät?", fragte er irritiert, doch nicht, als würde es ihm wirklich leidtun.

„Ich bin noch nicht lange hier. Aber es ist besser, wenn man uns nicht zusammen sieht", erklärte sie mit einem Lächeln und erhob sich.

Remus schnaubte verächtlich. „Welch Skandal. Eine Prinzessin mit einem Sklaven... das gab es bestimmt noch nie", höhnte er sarkastisch, musste jedoch selbst schmunzeln.

„Mit Sicherheit schon oft genug", wank Aurelia ab. „Aber ein Skandal würde es bleiben und das würde ich gern vermeiden. Komm jetzt." Damit stieß sie eine Tür auf, die sie hinter das Haus in den ehemaligen Garten führte.

Der Blonde rollte bei dem harschen Befehlston, den die Prinzessin, die sie trotz allem noch immer war, einschlug. Er vergaß es zu gern wieder.

„Zu Befehl", seufzte er und folgte Aurelia mit schleppenden Schritten.

Die Rothaarige biss sich auf die Lippen. Sie hatte heute einen so stressigen Tag gehabt, dass sie noch immer diesen Ton drauf hatte, obwohl sie es nicht wollte. Aber das konnte sie später ändern. Jetzt führte sie Remus durch Gestrüpp und schließlich zu einer Art Loch mit Leiter.

Aurelias Vermächtnis I - Ein Spiel um Lust & Liebe - BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt