Kapitel 20

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Kapitel 20

Aurelias Herz klopfte nervös, als sie sich durch die Gänge des Kolosseums hoch in die Loge begab. Heute war es einmal wieder soweit. Ein weiterer Kampf stand bevor. Fast zwei Monate nachdem sie Remus in diesen Plan eingeweiht hatte. Ob er auch so nervös war wie sie? Die anderen Kämpfe hatte er immer recht locker aufgenommen, allerdings wurde Aurelia mit jedem Kampf unruhiger. In den vergangenen Monaten war Remus zu einem Freund geworden und sie ärgerte sich, dass sie es zugelassen hatte. Er konnte jederzeit in einem Kampf sterben.

Die Wände um Aurelia herum schienen immer erdrückender zu werden, auch wenn sie nicht verstehen wollte wieso. Er war nur ein Mann und sie hatte selbst gesagt, er würde sie alle in den Boden stampfen können. Doch wieso konnten ihre Hände dann nicht aufhören zu zittern?

Nervös nahm Aurelia neben ihrem Vater Platz und spielte mit einem losen Stoffstreifen ihres Kleides herum, welches aus der ägyptischen Mode stammte. Ihr Vater hatte es ihr aus Übersee mitgebracht, doch es war nur ein schwacher Trost für ihre strapazierten Nerven.

„Du wirkst nervös", bemerkte er und Aurelia zuckte. Natürlich bemerkte er es.

„Das bin ich", sagte sie ehrlich. „Du weißt ich war gegen die Regel, dass es überhaupt Tode geben darf. Es ist nicht fair", versuchte sie sich rauszureden und irgendwie stimmte es auch. Nur war das nicht der eigentliche Punkt.

„Das mag in deinen Augen stimmen, doch dafür dass einige nicht dieselbe Ausbildung hatten wie der Favorit ist es nun mal angebracht. Außerdem ist er nur ein Gladiator."

„Und dennoch ist er ein Mensch unseres Landes", murmelte sie und für sie war das Thema damit abgeschlossen. Sie verstand nicht, warum man über Gladiatoren anders richten sollte, als über alle anderen Bewohner. Vor allem, wenn die Gladiatoren Kinder waren, als sie herkamen. Aurelia verstand, dass Kriegsgefangene, die schon als Kämpfer ausgebildet waren, eine Gefahr für das Reich darstellten und somit als Gladiatoren die Zuschauer unterhielten. Auf Leben und Tod. Doch Kinder, die ihr Leben noch vor sich hatten zu solchen auszubilden und für die Belustigung des Volkes herhalten zu lassen war ihr in den letzten Wochen zuwider geworden. Durch Remus hatte sie viele Dinge erfahren, die ihr so gar nicht klar gewesen waren. Und umso unsicherer war sie sich, was sie von ihrem Vater halten sollte, der diese Perspektive nicht zu sehen schien. Stattdessen sagte er dasselbe, was er immer sagte, wenn er keine Worte mehr hatte: „Du bist noch zu jung, um das zu verstehen."

Doch Aurelia hütete sich etwas zu erwidern, als ihr Vater sich erhob und die allbekannte Eröffnungsrede hielt. In abgewandelter Form zu ihren Ehren.

Aurelia hatte diese Kämpfe früher geliebt, doch heute hatte sie einfach nur den Wunsch, dass er schnell vorbei war und niemand zu Schaden kam. Sie wollte nicht, dass Remus verletzt wurde. Oder sogar starb. Kein Wunder, dass es verboten war engere Beziehungen zu den Gladiatoren aufzubauen. Niemand würde diesen Schmerz ertragen wollen. Doch nun war es auch zu spät ihre Meinung zu ändern. Sie hatte es selbst gewollt und als Remus eingelassen wurde, begann Aurelia ihre eigenen Entscheidungen zu verabscheuen. Ihre Finger spielten nervös mit dem Saum ihres Kleides, doch ihr Blick war stur auf die Arena gerichtet.

Heute war Remus sehr konzentriert und er stachelte das Publikum nicht mit Gesten oder ähnlichem auf. Das musste er auch nicht. Diese waren schon ohne ihn völlig begeistert, denn sowas gab es noch nie.

Aufgeregt versuchte Aurelia ihren Atem unter Kontrolle zu halten und versuchte irgendwie Remus Blick zu suchen, doch er schien nur fokussiert auf den Eingang zu starren. Lauernd auf seinen ersten Gegner. Aurelia wusste, wer sein erster Gegner sein würde und sie hoffte, dass sie mit ihrer Einschätzung richtig lag. Er war kein Gegner für Remus. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass dieser Kampf unfairer werden würde, als sie geplant hatte. Im Gegensatz zu Remus trug sein Gegner keine Gewandung, die ihn nicht schützte, sondern sogar eine leichte Lederrüstung.

Aurelias Vermächtnis I - Ein Spiel um Lust & Liebe - BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt