~ One more miracle ~

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Es ist ein kleiner Raum. Gleicht einer Abstellkammer oder etwas ähnlichem. An einer Wand hängen ganz viele Bilder. Zeitungsartikel und sonstige Zettel, die aussehen wie Notizen. Viele Fäden verbinden die einzelnen Punkte. Davor steht ein Schreibtisch. Er ist voller Ordner und Mappen. Im Raum stehen noch ein paar Stühle. Sechs oder so. Eng aneinander gereiht ergeben sie offenbar weitere Ablagemöglichkeiten. Zwei Stühle sind noch frei, auf den anderen liegen Handys, Papierstapel und anderer kram. Es beschleicht mich ein grausiger Gedanke. Auch wenn im Augenblick tausende Gedanken sich einen Weg durch meinen Kopf suchen.

„Setzen Sie sich bitte." Und obwohl sich alle in mir dagegen zu wehren versucht, sinke ich langsam auch einen der freien Stühle. „Ich bin Kriminalhauptkommisar Ralf Berger. Ich arbeite beim Bundeskriminalamt.", spricht mich der Typ an, der mich in den Raum gelassen hat. „Ich bin für Ihren Fall zuständig." Ich schlucke. Welcher Fall denn bitte? Was wird hier gespielt? Ich will es endlich wissen. Mein Herz schlägt bis zum Hals und vermutlich noch höher, doch irgendwie scheint es da plötzlich ganz taub zu werden. Kriminalhauptkommisar Berger nimmt eine Mappe vom Schreibtisch. „Herr Reinelt." Ich schlucke. „Wussten Sie, dass Ihr Bruder erpresst wurde?", werde ich dann gefragt. Ich zucke zusammen. Dass er was? In meinem Kopf beginnt sich langsam, aber sicher alles zu drehen. Kriminalhauptkommisar Berger zeigt mir ein Bild aus der Mappe. Eine Person. Scheinbar tot oder zumindest sieht es danach aus. Aber es ist nicht mein Bruder. Und ich spüre ein unangenehmes Kratzen in meinem Hals. Die Luft wird langsam knapp. „Erpresst?", bringe ich dann schwerfällig hervor. Kriminalhauptkommisar Berger nickt.

„Ihm war es wichtig, dass Ihnen und der Familie nichts passiert. Es wäre weitaus schlimmeres geschehen, hätte Ihr Bruder nicht um Hilfe gebeten." Ich atme tief ein. Weitaus mehr? Reicht denn das Ausmaß hier noch nicht? Ist das hier jetzt gerade bloß der unvermeidbare Kollateralschaden? Das kleine Opfer zugunsten von vielen anderen Menschen? Ich bin fassungslos! „Herr Reinelt. Es mag gerade alles ein bisschen herzlos von mir klingen. Das tut mir auch leid, aber jetzt können wir Ihnen endlich mitteilen, dass dieses Versteckspiel ein Ende hat. Das Spiel ist vorbei." Spiel? Bin ich im falschen Film? Was für ein Spiel? Zugern würde ich dem Typ jetzt eine verpassen. Dafür, wie er jetzt einfach so herzlos das hier sagen kann. Und er schämt sich dafür nicht mal. Ich möchte einfach nur nach Hause. Zu Lene und den Kindern. Zu seiner und meiner Familie. Zu Mama. Unsere Schwester haben wir noch nicht erreicht. Mama sagte, sie würde das gerne übernehmen. Kann ich verstehen.

Kriminalhauptkommisar Berger legt die Mappe wieder hin und geht langsam zur Tür. „Herr Reinelt, es gab einen Plan von dem wirklich nur sehr wenige Menschen wussten. Ich bin einer davon, dann noch ein Kollege und ein Arzt. Und selbstverständlich noch jemand. Wir waren zu viert. Mit einem geschickten Schachzug konnten wir den Erpresser überlisten und festnehmen. Sie können sicherlich rechnen. Und wenn ich sage wir waren zu viert, dann fehlt in meiner Aufzählung noch jemand. Es war alles Teil eines Plans und ich möchte, dass Sie wissen, es war nur zum Wohl Ihrer Familie.", sagt Kriminalhauptkommisar Berger. Ich räuspere mich. Versuche mich auf alles Mögliche einzustellen. Welcher Plan? Zum Wohl meiner Familie? Wann wird endlich gesagt, was Sache ist? „Wenn Sie dann soweit sind...", beginnt Kriminalhauptkommisar Berger. Ich nicke. Klar, das ist wie bei einer Achterbahnfahrt. Wenn du einmal drin sitzt, dann kannst du nicht wiederaussteigen. Und du musst dich allen Gefühlen und Ereignissen, die auf dich zukommen stellen.

So öffnet Kriminalhauptkommisar Berger nun die Tür. Ich versuche sofort einen Blick zu erhaschen, aber zuerst bleibt mir ein Blick verwehrt. Dann werden meine Augen größer und größer. Mein Puls rast, mein Herz schlägt so schnell. Der Boden unter meinen Füßen verschwindet, meine Knie werden weich. Ganz weich. Aber ich stehe noch. Noch? Bin ich aufgestanden? Doch das zählt alles schon nicht mehr. Viel mehr zählt das, was ich da vor meinen Augen sehe. Was ich noch erkennen kann, denn meine Augen füllen sich mit Tränen. Ich stocke und versuche ruhig zu atmen. Leider ist das nicht wirklich möglich. Meine Lunge füllt sich immer mehr mit Luft, aber es kommt doch kein Sauerstoff im Gehirn an. Ich brauche unheimlich lange, bis ich das erste Wort sagen kann.

„Du?"

Ein Wort, eine Silbe und viele Tränen. Es war mehr eine Frage, denn das kann einfach nicht wahr sein. Das geht nicht. Meine innere Logik meldet sich sofort und ich verstehe einfach nichts mehr. Auf keinen Fall! Mein Kopf dröhnt und droht zu explodieren. Ich reibe mir die Stirn und das Gesicht. Fassungslos schaue ich ihn an. Aber er steht immer noch da. Live und in Farbe. Seine Lippen bewegen sich, seine Arme bewegen sich. Er kann gehen und laufen. Er kann reden, aber ich nicht hören was er sagt. Als wäre nie etwas passiert, steht er da. Aber das kann nichts sein. Es kann nicht sein, denn...

„DU BIST TOT!", schreie ich.





To be continued...??

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