Ein erfolgreicher Fehlschlag

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Heute ist der 6. Mai 2018

Auf der Criminale ging ich mit meinem Roman »Todesernst« beim Pitching an den Start. Am Nachmittag des vierten Mai war es so weit. Im Rathaus von Halle an der Saale ging es zur Sache. Ich startete als Neunter.

Pro Autor waren neun Minuten vorgesehen. Leider hatte man nicht bedacht, dass auch die kurzen Besprechungen zwischen den Teilnehmern Zeit benötigten. Das führte dazu, dass das Event wesentlich länger als die geplanten 90 Minuten dauerte. Dies hatte zur Folge, dass aufgrund von Zeitknappheit die Vertreter zweier Verlage (Lübbe Digital und Haymon) noch vor meinen Pitch die Bühne verließen.

Nach gut zweieinhalb Stunden kam ich an die Reihe. Wie geplant und geprobt betete ich den Pitch herunter. Bereits in den ersten Sekunden danach war mir klar, dass ich kein wow entlockt habe.

Böse katholische Flanke
Die erste Frage zeigte, dass der Satz »Ich bin in einem katholischen Umfeld aufgewachsen« eine böse Flanke aufgemacht hatte. Prompt wollte man von mir wissen, ob meine Geschichte autobiographisch wäre und ich so meine Traumata aufarbeiten und die Leser damit nerven wolle. Schließlich sei die tausendste getippte Nabelschau über eine ach so schreckliche Kindheit nicht sonderlich interessant.

Diese Flanke konnte ich gut mit der Erklärung schließen, dass autobiographischer Mist in der Tat keinen hinter dem Ofen hervorlockt. Jedoch eigne er sich gut als Dünger für spannende Geschichten. Ferner argumentierte ich, dass jeder Roman dieser Welt das eine oder andere autobiographische Element enthält, das gut in eine Story verwoben wird. Auf einem gut gedüngtem Weizenfeld riecht man im Sommer auch nicht mehr den Kuhmist, den der Bauer im Frühjahr auf den Acker geworfen hat.

Eigenartige Forderungen als Test für die Flexibilität des Autors?
Danach kam die Frage, ob ich mir vorstellen könne, den Roman in einer anderen Stadt spielen zu lassen. Dies bezeichnete ich als schwierig, zumal der Plot vom »Todesernst« stark von der geographischen Struktur von Graz abhängt.

Dann wurde bezweifelt, dass ein Echtzeit-Thriller keine 450 Seiten umfassen könne, wenn die Handlung nur einen Tag dauert. Interessant ist dabei die Tatsache, dass der Echtzeit-Thriller von Kathrin Lange (40 Stunden) offenbar kein Problem mit den 450 Seiten in nur 40 Stunden hat. 

Am Ende kam noch die Frage, ob man als Antagonist den Ritterorden durch eine deutschnationale Burschenschaft ersetzen könne. Auch dies lehnte ich ab, zumal das derartig gewaltige Auswirkungen auf den Plot und den Täter hat, dass man den gesamten Roman komplett umschreiben müsste. Mein Amokläufer wäre in dieser Konstellation als Figur schlichtweg unglaubhaft.

Ernüchterndes Resultat
Plötzlich waren die neun Minuten zu Ende. Mir war bereits beim Überreichen des Exposés und der Leseprobe klar, dass ich hier kein Leibchen hatte.

Es bestätigte sich beim Feedback, von den vier Verlagen zeigte keiner Interesse. Man sagte mir, dass ich es durch mein »talibanmäßiges« Verhalten vermasselt hätte. Wenn ich meinte, dass der Schauplatz und der Antagonist nicht verhandelbar seien, brauche ich mich nicht darüber zu wundern, dass die Verlage kein Interesse an Verhandlungen mit mir haben.

Nun stellt sich da die Frage, ob die Verlage ein Buch wollen, das wieder in New York, Paris, London, Rom oder Berlin spielt und die x-te Geschichte nach Schema F ist. Ich habe kein Problem mit Flexibilität, aber bei einem fertigen Roman haben derartige Forderungen massivste Auswirkungen. Bei neuen Projekten können wir jederzeit darüber reden, wie man den Markt am besten bedient.

Ein erfolgreicher Fehlschlag
Das Feedback dieser Verlage hat einen durchaus ermutigenden Aspekt:

Einer Joanne K. Rowling (Harry Potter) hat man erzählt, dass sich heutzutage kein Kind für Zauberlehrlinge interessiere. Erwachsene sowieso nicht. Sebastian Fitzek (Die Therapie, Amokspiel) musste sich dauernd anhören, dass Psychothriller in Amerika spielen müssen. Einem Kramer (Im Westen nichts Neues) haben die Verlage 120 Mal verklickert, der autobiografische Mist aus dem Weltkrieg interessiere keine Sau. Mir erzählt man nun, niemand könne etwas mit christlichen Fundamentalisten anfangen.

Nun geht es darum, einen Agenten und einen Verleger zu finden, der sich über dieses Thema drüber traut. Ich bin nach wie vor von meiner Geschichte überzeugt! Ich kann, ich will und ich werde sie eines Tages durchbringen.

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