Schwere Mängel oder Gefahr im Verzug?

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Der Text-TÜV verlief keinesfalls so, wie ich es mir erhofft hatte. Es wurde auch in den Seiten nach dem damaligen Prolog kaum besser. Je länger die Gruppe über meinen Roman diskutierte desto offensichtlicher traten die Mängel der vorgelegten Textprobe zu Tage.

Der erste Satz in einem Roman ist wichtig und muss den Leser an der Gurgel packen. 

Sowohl im Prolog als auch im ersten Kapitel stand der erste Satz recht verloren da. Dies hat zur Folge, dass sich der Leser vom Text abwendet und sich mit dem Buch nicht weiter beschäftigen will. Im Prolog wird der erste Satz durch die folgende Moralpredigt zerstört. Im ersten Kapitel lautete der Anfangssatz Irgendetwas war heute anders. Die fade Beschreibung einer Morgenandacht zerstörte den Effekt umgehend.

Täter und Ermittler denken sehr ähnlich. 

Bereits in den ersten Zeilen des damaligen ersten Kapitels zeigte es sich, dass der Täter und der ihn jagende Ermittler ähnlich denken. Wenn der Einsatzleiter geistig auf Seiten des Amokläufers steht, wirkt dies für den Leser im besten Fall verwirrend, im schlimmsten Fall verstörend.

Der Einsatzleiter wird unglaubwürdig alarmiert  und verhält sich danach unglaubhaft. Zudem zeigte sich die schlechte Recherche.

In der damaligen Fassung wird der Ermittler Kurt Hutnagl während der Morgenandacht durch das penetrante Klingeln seines Handys gestört. Der Landespolizeidirektor teilt Hutnagl mit, dass man für das Bischöfliche Gymnasium eine Sonderlage ausgerufen hätte und Hutnagl dort den Einsatz leiten müsse. Danach ruft er seine Sekretärin an und delegiert an sie die Aufgabe, seine Leute zu alarmieren.

Die Bestsellerautorin Katrin Lange wies mich darauf hin, dass der Alarm stets durch die Leitstelle an die Einsatzkräfte weitergegeben wird. 

Keine sympathischen Charaktere

Ein religiöser Fanatiker als Chefermittler wirkt nicht unbedingt sympathisch. Seine Partnerin kam in der damaligen Fassung als strohdumme Quotenfrau rüber. Und der bildwütig mordende Amokläufer ist per se unsympathisch. Damit hatte der Seminarteilnehmer die Wahl zwischen Pest, Cholera oder Ebola.

Konstruktionswiederholungen bereits zu Beginn.

In der damaligen Fassung reagiert Kurt Hutnagl schockiert über den möglichen Amoklauf im Bischöflichen Gymnasium. Danach haben wir ein paar Seiten später genau dieselbe Reaktion bei seiner Partnerin Sabrina Mahrer. Derartige inhaltliche Redundanzen langweilen.

Es ist unklar, wessen Geschichte erzählt wird und wer der Protagonist ist.

Der Prolog wird aus der Sicht des religiösen Kurt Hutnagl erzählt. Ebenso das erste Kapitel. Sabrina kommt als schlechte und naive Polizistin rüber. Dass genau diese Sabrina die Protagonistin sein soll, hat die Teilnehmer des Text-TÜV verwirrt.

Fazit: 

Eine Verlagssuche darf nicht in Angriff genommen werden. Stattdessen ist weiterhin intensiv am Manuskript zu arbeiten.

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