Ein neues Problem taucht auf

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Heute ist der 27. März 2017

Inzwischen sind einige Monate ins Land gezogen und im Hintergrund wurde intensiv gearbeitet, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Einerseits wollte ich so viel Text wie möglich retten, andererseits funktionierte der alte Plot nicht. Das neue Exposé erforderte  jedoch das Umsetzen einer Menge neuer Wendungen, die nicht so leicht in den bisherigen Text passten. De facto musste ich das Eckige (neuer Plot) mit dem Runden (alte Geschichte) verbinden.

Um den bestehenden Roman auf die neuen Anforderungen anzupassen, musste ich Szene für Szene überarbeiten und ein Stufendiagramm für den gesamten Roman erstellen.  Zudem erarbeitete ich ein Exposé, welches das neue Projekt skizzierte. Ich legte den Projektplan einem jungen Schreibcoach vor, der mir für die Geschichte grünes Licht gab, womit ich frohgemut zur Umsetzung in den Nanowrimo ging. Der National Novel Writing Month ist eine webbasierte Veranstaltung auf www.nanowrimo.org, wobei es darum geht, eine Rohfassung eines Roman im Umfang von 50.000 Wörtern zu schreiben.

Erstes niederschmetterndes Feedback 
Zugleich bat ich Frau Scholonek, das frische Exposé auf Verlagstauglichkeit zu überprüfen. Ich befand mich bereits am Ende des Nanowrimo als das niederschmetternde Ergebnis bei mir eintraf:

Ich habe nun Ihr Exposé durchgesehen. Dabei bin ich so vorgegangen, dass ich meine Anmerkungen als Kommentare neben das Exposé geschrieben habe. Mir lag darin zu versuchen, die Probleme möglichst im Detail zu benennen. Meinem Gefühl nach habe ich trotz der vielen Anmerkungen aber noch nicht alles gesagt, was es zu sagen gibt. Doch um es auf den Punkt zu bringen: Mit dem jetzigen Exposé sollten Sie den Plot besser nicht umsetzen. Das Exposé kann einfach nicht überzeugen (selbst wenn einiges im Roman selbst nicht so auffallen mag). Ich hätte Ihnen gerne eine bessere Nachricht überbracht, aber bei dem Exposé habe ich kein gutes Gefühl. Wobei man teilweise unterscheiden muss zwischen der Handlung im Roman selbst und der Präsentation derselben im Exposé. Denn "einfach nur als Buch gelesen" ist Ihr Werk besser, als wenn man den Plot nackt skizziert. Wie auch immer. In Ihrem Fall sehe ich es wirklich so, dass dieses "Filme schauen" etc. sich nachteilig auswirkt. Der Punkt ist nicht so sehr, dass es da einmal steht, sondern dass dies irgendwie weit im Zentrum zu stehen scheint. Ein Aspekt ist wohl auch, dass ich in Ihrem Fall mit einem zu optimistischen Vorgefühl an das Exposé heranging und eigentlich keine so großen Schwächen zu finden erwartet hatte ...

Kein tolles Gefühl, das zu lesen. Damit hatte sie Waldscheidts Einschätzung zu 100% bestätigt. Somit war klar geworden, dass auch der neue Plot ebenfalls nicht funktionierte. Jedoch ist die Wahrheit immer besser als positiv denkendes Schleimen à la "Du schaffst es!" und "Alles super." In diesem Moment wurde mir klar, dass ich vor allem ein Ding überhaupt nicht beherrschte. Die Kunst ein gutes Exposé zu verfassen, das dem Lektor die Geschichte klar und prägnant rüber bringt und keine Fragen hinterlässt.

Auf zum Exposé-Ping-Pong im neuen Jahr
Nach dem ersten Schock über das Ergebnis und dem Ärger über ein verlorenes Monat, vereinbarte ich ab Jänner ein Exposé-Ping-Pong. Die Anmerkungen von Frau Scholonek wurden jeweils eingearbeitet, sodass daraus ein verbessertes Exposé entstand. Dadurch konnte ich Zug um Zug die Schwächen in meinem Plot ausmerzen:

1.) Die Kriminalbeamtin Sabrina Mahrer wird deutlich aktiver und als
      Heldin akzeptabler.
2.) Bremsende Elemente wie das "Filme schauen" und "Blogbeiträge
      lesen" werden aus dem Exposé verbannt.
3.) Gefährliche Flanken, die aus den Nebensträngen her entstehen,
      wurden ebenfalls heraus operiert.
4.) Sabrina Mahrer bekommt nicht einfach so die Spuren serviert,
      sondern muss sich durch den Fall kämpfen und dabei ein
      interessantes Rätsel lösen.
5.) Markus Donhart ändert sich von einem Irren, der Amok läuft zu
      einem Mann, der rational und geschickt vorgehend seinen Plan
      verfolgt.

Nach drei Durchgängen hatte sich das Exposé so weit verbessert, dass das Feedback deutlich besser ausfiel:

Anbei mein Feedback zum neuen Exposé. Das hat sich spürbar verbessert und es sind einige gute Lösungen dabei, sodass die Handlung nun stringenter ist. Andererseits hat man als Lektor nun, wo bestimmte Grundprobleme wegfallen, den Kopf frei für andere Schwachpunkte. Da ist noch vieles nicht ideal.

Der Fitzek'sche Trick
Langsam tauchte ein Licht am Ende des Tunnels auf. Trotzdem wartete noch viel Arbeit auf mich, um die strukturellen Probleme des Romans in den Griff zu bekommen. Schließlich gelang mir zwei Durchgänge später der Durchbruch, doch ein wesentliches Problem verblieb:

Ich würde sagen, mittlerweile sieht das Exposé schon sehr gut aus. Sie werden merken, dass meine Anmerkungen deutlich weniger sind (einige anfangs in Kleinbuchstaben, da ich da nur eine Hand freihatte). Bezüglich Logik und Verständlichkeit ist mittlerweile das allermeiste im Reinen und die Langform des Exposé liest sich auch recht angenehm. Letztlich haben Sie aus der Story herausgeholt, was Sie herausholen wollten, ohne nun einige Dinge zu drastisch zu ändern. So vom Gefühl her (ohne dass man dies so genau an Textstellen als Schwächen ausmachen kann) fehlt für einen Verlagslektor angesichts von Konkurrenzprojekten aber vielleicht das Gefühl, so einen richtig brillanten Entwurf mit diesem Exposé vor sich zu haben. Ein großer Knackpunkt bleibt aus meiner Sicht auch der obilgatorische zweite Teil. Wiederum, lässt man sich darauf ein, prüft die Handlung auf genügend Schlüssigkeit und auch gerade als Regionalkrimi betrachtet kann ein Verlag aber auch zu dem Schluss kommen, dass dieses Projekt näher betrachtet werden sollte. Vom Grundstoff her fühlt es sich ja durchaus so an (das war von Anfang an so), dass es sich vermarkten ließe.

Obwohl das Problem noch nicht zur Gänze gelöst war, beschloß ich, mich erneut an die Outline des Romans zu machen. Da kam mir die zündende Idee. Mit einem fitzek'schen Trick könnte ich den letzten Schwachpunkt des Exposés beseitigen. Laut Exposé wird nun der wahre Antagonist, der fanatische Ritterorden Milites Domini Jesu Christi, am Ende aufgedeckt und behördlich aufgelöst. Da dies nicht vollständig passiert (das ist er fitzek'sche Trick!), eröffnet sich nun die Option auf eine Fortsetzung, die ich auch ursprünglich offen halten wollte. Gespannt wartete ich auf das Feedback der Lektorin, das am 21. 3. 2017 bei mir eintraf:

Anbei mein Feedback zu dieser Version. Mittlerweile ist die Story ja schon in Ordnung. Ich habe aber viele Vorschläge gemacht, wo man das Exposé noch kürzen könnte, denn die lange Handlungsversion ist dann doch recht lang in der jetzigen Form. Ich setze mir bei längeren Handlungsversionen die obere Grenze von 800 Wörtern, maximal 1000, wenn es für ein Buch unbedingt sein muss. Aber in diesem Rahmen sollte man eigentlich jede Handlung adäquat darstellen können.

Das große Problem konnte erfolgreich gelöst werden. Nun geht es an die Umsetzung.  Möge es Todesernst doch noch zur Veröffentlichung schaffen. Ich werde alles daran geben, es zu schaffen und bitte Euch, liebe Leser dieser Berichte, mir die Daumen zu halten. 

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